Der deutsche Aktienmarkt dürfte sich in der neuen Woche im Spannungsfeld zwischen einem zunehmenden Zinsoptimismus und Befürchtungen einer enttäuschenden Berichtssaison der Unternehmen bewegen.
15.07.2024 - 05:50:19WOCHENAUSBLICK: Dax zwischen Zinsoptimismus und Berichtsaison
Zugleich könnte es wegen der beginnenden Urlaubssaison ruhiger zugehen. Inwieweit das Attentat auf den republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump am Wochenende die Börse bewegen kann, ist offen. Während einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Pennsylvania wurde der 78-Jährige am bei einem Schusswaffenangriff auf der Bühne verletzt. Das Attentat löste weltweit Entsetzen aus.
Nach den unerwartet niedrig ausgefallenen US-Inflationsdaten am vergangenen Donnerstag ist nahezu allen Fachleuten zufolge eine erste Zinssenkung in den Vereinigten Staaten noch im September wahrscheinlicher geworden. "Auf ihrer Sitzung am 31. Juli dürfte die Federal Reserve zwar noch nicht an der Zinsschraube drehen. Der Weg für eine Leitzinswende auf der September-Sitzung scheint nun jedoch frei", konstatierte Uwe Streich, Aktienstratege der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).
Einige Indikatoren ließen jedoch befürchten, dass die lange Zeit robuste US-Konjunktur inzwischen schwächele. Die Anleger fürchteten deshalb, dass die jetzt begonnene Quartalsberichtssaison der Unternehmen enttäuschen könnte. Dies könnte insbesondere für die Megacaps aus dem Tech-Sektor gelten, welche den breit gefächerten Index S&P 500 US78378X1072 zuletzt auf Rekordjagd trieben, glaubt Streich.
Die Marktteilnehmer dürften vor allem bewerten, ob die Kursgewinne der vergangenen Wochen und Monate im Tech-Sektor durch die Ergebnisse und Geschäftsausblicke gerechtfertigt werden können, bemerkten die Experten der DZ Bank. Enttäuschungen bei den von den Hoffnungen rund um Künstliche Intelligenz verwöhnten Tech-Giganten könnten entsprechend ihrer hohen Gewichtung für den Gesamtindex ein Schwankungstreiber sein.
"Diesseits wie jenseits des Atlantiks gilt, dass die saisonal typische Sommerflaute nun unmittelbar bevorstehen dürfte", sagte Streich. "Deren Dauer wie Ausmaß hängen nicht zuletzt auch von der jeweils vorherrschenden Stimmung an den Märkten ab: Ist sie angeknackst, nehmen die Anleger sinkende Kurse vielfach zum Anlass, ihrerseits jetzt ebenfalls schwindende Gewinne zu sichern, bevor die Kurse möglicherweise noch stärker sinken. Ist sie hingegen gut, empfinden sie Dips stattdessen oftmals als Kaufgelegenheiten und steigen zügig wieder ein".
Nach Aussage von Thorsten Weinelt, Investmentchef bei der Commerzbank, erwarten die Investoren von den im S&P 500 vertretenen Unternehmen im zweiten Quartal ein Gewinnwachstum von durchschnittlich 7 Prozent, was einer recht hohen Messlatte entspreche. Bei den großen US-Technologiekonzernen werde gar mit einem Gewinnwachstum von mehr als 20 Prozent gerechnet.
In der neuen Woche startet Sartorius DE0007165631 am Freitag die Berichtssaison unter den Dax-Unternehmen DE0008469008. In Europa stehen unter anderem die Zahlen von Richemont CH0210483332, ASML NL0010273215, Burberry GB0031743007, Rio Tinto GB0007188757, BHP Group AU000000BHP4 und Anglo American GB00B1XZS820 auf der Agenda.
In den USA werden unter anderem Goldman Sachs US38141G104, Bank of America , Morgan Stanley US6174464486, Johnson & Johnson US4781601046, Netflix US64110L1061 und American Express US0258161092 über ihre jüngste Geschäftsentwicklung berichten.
Aus Konjunktursicht richten sich die Blicke in der neuen Woche vor allem auf China, wo unter anderem das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal, die Industrieproduktion sowie Einzelhandelszahlen anstehen. Zudem rücken deutsche und US-amerikanische Einzelhandelsumsätze sowie Daten zum dortigen Immobiliensektor und zur Industrieproduktion der Vereinigten Staaten in den Fokus.
Am Mittwochabend veröffentlicht die US-Notenbank ihren als "Beige Book" bezeichneten Konjunkturbericht, gefolgt von der Sitzung der Europäischen Zentralbank am Donnerstag. "Nach der ersten Zinssenkung bei der vorausgegangenen Sitzung dürften Lagarde & Co. die Leitzinsen dieses Mal unverändert lassen", erwarten die Experten von LBBW./edh/la/he/nas
--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---