Frankfurt-News, Advisory

Börse Frankfurt-News: pfp Advisory: Zum Wohle aller mehr Marktwirtschaft wagen

04.03.2025 - 09:25:26

Börse Frankfurt-News: pfp Advisory: Zum Wohle aller mehr Marktwirtschaft wagen. Fondsmanager Roger Peeters appelliert an die kommende Regierung, sich auf die Kraft funktionierender und wachsender Märkte zurückzubesinnen.4. März 2025.

Fondsmanager Roger Peeters appelliert an die kommende Regierung, sich auf die Kraft funktionierender und wachsender Märkte zurückzubesinnen.

4. März 2025. Die Koalitionsverhandlungen von "Schwarz-Rot" nehmen scheinbar schnell an Tempo auf, und obwohl die Beteiligten großen Wert auf vertrauliche Gespräche legen, lassen erste Indiskretionen schon erahnen, wohin die Richtung geht. Insbesondere die am Wochenende kolportierten beiden "Sondervermögen", mit denen die wohl künftig für unser Land verantwortliche Koalition massiv in die beiden Bereiche Rüstung und Infrastruktur investieren möchte, zeigen den Ernst der Lage und auch eine gewisse Entschlossenheit. Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten geopolitischen Zuspitzungen wird die Politik etwa in Hinsicht Rüstung wohl nichts unversucht lassen.

Das ebenfalls angedachte große schuldenfinanzierte Paket für Infrastrukturmaßnahmen lässt sich als Indiz nehmen, dass die Politik im Komplex "Wirtschaft" zumindest langsam ähnlich alarmiert ist wie bei Rüstung. Schauen wir mal, wie es ausgeht, zumal diese "Sondervermögen", wie die gigantischen Schuldenpakete abseits der regulären Haushalte etwas euphemistisch umschrieben werden, wohl kaum die alleinige Lösung sein können. Mindestens ebenso wichtig erscheint mir, deshalb möchte ich es an dieser Stelle noch mal offensiv unterstreichen, eine Rückbesinnung auf das, was am Ende die wohl relevanteste Stellschraube ist, um nachhaltig die Wirtschaft zu stärken: die Kraft des Marktes.

Um es etwas auszuführen, möchte ich kurz darauf eingehen, was "die Wirtschaft" meiner Ansicht nach ist. In der öffentlichen Diskussion wird diese nämlich leider oft als etwas Abstraktes behandelt, verkörpert durch ein paar Vertreter industrieller Konzerne. Dabei beschwören Politiker gewisse Narrative und Feindbilder, stellen die Lage dar, als ob die Bevölkerung sich einschränken muss, um "der Wirtschaft" etwas Gutes zu tun. Derartige Sichtweisen und Darstellungen gehen aus meiner Sicht vollkommen an der Realität vorbei. "Die Wirtschaft" sind wir alle. Und je weniger der einzelne von uns "gefesselt" wird, umso mehr kann er beitragen, dass wir über Arbeit und Innovation wachsen.

Und Fesseln werden in Berlin und auch in Brüssel leider unverändert viele gelegt. Wirklich jeder von uns kennt diese Probleme im Kleinen des persönlichen Umfelds und kann sie auch aggregiert in der Volkswirtschaft beobachten: Viel zu hohe Steuern und Abgaben, massiv verteuerte Energiepreise und vollkommen eskalierte bürokratische Maßnahmen halten Unternehmen davon ab, in diesem Land zu investieren, und bringen einzelne ambitionierte Personen davon ab, Firmen zu gründen und "hoch zu skalieren". Auch auf der Ebene der Arbeitnehmer wird die Erbringung von Mehrwert nicht gefördert, sondern durch eine scharfe Progression der Abgaben sogar behindert. In der Konsequenz finden sich viel zu oft für Mitbürger eben keine Gründe, mehr beizutragen, sondern eher Anreize, auf Teilzeit zu wechseln oder überhaupt nicht mehr zu arbeiten.

Ich bin immer wieder verwundert, wie sehr nicht nur Populisten, sondern auch Parteien der Mitte den Nutzen der Marktwirtschaft in Frage stellen. Dies mag auch an den persönlichen Biografien vieler Top-Politiker liegen (leider zu selten mit Karrieren in der freien Wirtschaft und zu häufig mit Karrieren im Staatsapparat), doch kommen auch diese Damen und Herren nicht an der Realität vorbei, was erfolgreiche aufstrebende Nationen von anderen unterscheidet: Wie zahllose Beispiele quer durch alle Kulturkreise zeigen, ist die Freisetzung von Marktkräften der Hebel, der den Unterschied macht.

Man muss noch nicht mal auf so offensichtliche Vergleiche wie Südkorea vs. Nordkorea oder früher BRD vs. DDR gehen, um zu erkennen, wie stark eine Marktwirtschaft im Vergleich zur Planwirtschaft wirkt. Das gilt übrigens auch für Nationen, in denen der Staat in anderen Bereichen keineswegs liberal ist, siehe den wirklich sehr steilen Aufstieg von China oder des vor einigen Dekaden noch bettelarmen Vietnam. Praktisch alle Staaten brauchen zum Wachstum die Grundlage einer möglichen unternehmerischen Entfaltung, sofern sie nicht etwa durch immensen Rohstoffbestand außergewöhnlich ausgestattet sind. Aber selbst Letzteres kann nicht genug sein, wie das traurige Beispiel des durch Sozialisten massiv abgewirtschafteten Venezuelas gut illustriert.

Natürlich ist die Welt nicht nur schwarz und weiß und Regierungen nicht nur in den europäischen Nationen haben auch andere Ziele als Wohlstandsmehrung, beispielsweise die Bewahrung der Umwelt. Doch sollte allen Lenkern klar sein: Ohne wirtschaftliche Grundlage, die eben auf Unternehmertum basiert und nicht auf Planungskomitees, erodiert perspektivisch das Fundament.

Sollte sich sowohl bei der künftigen Regierung in Berlin als auch auf europäischer Ebene in den kommenden Jahren neben der (denke ich mittlerweile durchaus gewonnenen) Erkenntnis, wirtschaftlich deutlich stärker werden zu müssen, auch eine Rückbesinnung auf das, was wirklich Wachstum und Fortschritt begünstigt, einstellen, dann könnte viel erreicht werden. Es müssten allerdings noch einige Schalter hin zu "mehr Markt" umgelegt werden. Der beste Tag dafür war gestern, aber der zweitbeste ist heute, wie es einer Redensart nach zutreffend heißt.

Von Roger Peeters, 4. März 2025, © pfp Advisory

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

@ dpa.de