Unheimlicher Anstieg: 24 Prozent mehr Zombie-Unternehmen inDeutschland - Warum die Kapitalmärkte nicht reagierenDüsseldorf - Eine aktuelle Kearney-Studie (https: / / www.kearney.com / service / mergers-acquisitions / article / zombie-buyers-beware) zeigt: Das Wachstum derZombie-Unternehmen schreitet ungebrochen voran, seit 2010 jährlich um rund neunProzent.
17.07.2024 - 12:56:12Kearney / Unheimlicher Anstieg: 24 Prozent mehr Zombie-Unternehmen in ...
Beinahe sechs Prozent der weltweit börsennotierten Unternehmen zählendazu. Die Kapitalmärkte scheinen allerdings weiterhin unbeeindruckt undInvestoren zahlen immense Preise für die Übernahme untoter Unternehmen, derMehrwert ist allerdings meist von kurzer Dauer.
Die Zombie-Invasion geht weiter. Durch die anhaltende Inflation, dieKreditkosten auf das höchste Niveau seit einem Jahrzehnt getrieben hat, ist dieAnzahl der Unternehmenszombies auch im Jahr 2023 weltweit erneut angestiegen.Gemeint sind Unternehmen, die nicht genügend Gewinne aus dem operativen Geschäfterzielen, um ihre finanziellen Schuldenverpflichtungen zu erfüllen - sie machennun 5,8 Prozent aller börsennotierten Unternehmen weltweit aus. "Allein imletzten Jahr kamen 827 solcher Unternehmen dazu, was die 534, die durchverbesserte finanzielle Situationen "wiederbelebt" wurden, und die 127Unternehmen, die von der Börse genommen wurden, übertrifft", erklärt NilsKuhlwein, Partner bei Kearney. Die Auswirkungen der schwierigen Finanzierungs-und Handelsbedingungen begründen den Anstieg bei diesen Firmen. "Laut unserenStresstests zu den Zinssätzen wird der Anstieg der Zombie-Unternehmen ziemlichsicher so weitergehen - besonders, da sich viele Unternehmen vor Corona zuniedrigen Zinsen finanziert haben und nun eine Refinanzierung ansteht." EinBeispiel: Wenn ein Unternehmen derzeit jährliche Zinszahlungen von einer MillionDollar hat, würde eine 1,5-fache Zinserhöhung die jährliche Zahlung auf 1,5Millionen Dollar erhöhen - und vorausgesetzt, es gibt keine weiterenVeränderungen in der Ertragslage - würde dies 6,6 Prozent der weltweitbörsennotierten Unternehmen in Zombies verwandeln. Eine Verdoppelung derZinssätze könnte diese Zahl auf 7,7 Prozent ansteigen lassen - unwahrscheinlichsei das laut dem Experten nicht. Denn wenn die Zinsen vor Corona noch bei 1,5Prozent standen, müssen Unternehmen aktuell häufig Zinssätze von sechs Prozenttragen, was sogar einer Vervierfachung entspricht. Zombies nehmen bei Firmenaller Größen zu, wobei der bedeutendste Anstieg im letzten Jahr bei mittelgroßenUnternehmen zu verzeichnen war. Nach wie vor sind allerdings solche mit einemJahresumsatz von 500 Millionen Dollar oder weniger am meisten betroffen.
Spekulation auf die Untoten: Warum sich so viele Investoren verschätzen
Falls das nicht schon beängstigend genug ist, kommt für Kuhlwein noch hinzu:"Die Kapitalmärkte zeigen sich zurzeit noch blind gegenüber dieser Entwicklung.Eine solche Entkoppelung der Wirtschaft von den Börsen hat auch in derFinanzkrise 2008 stattgefunden. Investoren sollten diese Dynamik daher genaubeobachten." Doch das Gegenteil sei der Fall. Das gestiegene Interesse anZombies als Investitionen ist nicht nur ungebrochen, es werden auch immensePreise für sie bezahlt. "Zombies werden im Schnitt mit einem Transaktionswertvon viermal dem Umsatz gekauft, während gesunde Unternehmen mit 2,5mal demUmsatz bewertet werden. Strategische Investoren scheinen hier also ein enormesWertsteigerungspotenzial zu sehen", so Kuhlwein. Für die Studie wurden insgesamt7.710 Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse untersucht. Laut Kuhlwein gibt esallerdings klare Hinweise darauf, dass viele Käufer nicht in der Lage sind, diemaroden Unternehmen zu integrieren oder erfolgreich zu sanieren: "Rund einFünftel der akquirierten Zombies landen schnell wieder auf dem Markt, so dasssie ein weiteres Mal übernommen werden, vier Prozent sogar mehr als zweimal."Trotz des oft geringeren Unternehmenswertes im Vergleich zur Schuldenhöhe sindZombie-Unternehmen laut der Studie für strategische Investoren, die sichgeistiges Eigentum und Marktanteile erkaufen oder Größenvorteile sichern wollen,äußerst attraktiv. Diese machen 81 Prozent der Zombie-bezogenen Fusionen undÜbernahmen aus. "Ein klassisches Beispiel sind Pharmaunternehmen, dieBiotech-Startups kaufen, die in einer Frühphase aufgrund von erheblichenForschungskosten noch rote Zahlen schreiben, und so zu guten Übernahmekandidatenwerden", weiß Kuhlwein. Obwohl die Käufer anfangs eine attraktive Rendite aufihre Investition erhalten, bestätigen die Daten, dass die Übernahmen nurkurzfristigen Wert bieten. Während Zombie-Unternehmen ein Jahr nach derÜbernahme den Total Shareholder Return (TSR) um 15 Prozent steigern, liegtdieser bei "normalen" Unternehmen bei lediglich sechs Prozent. Nach den erstenzwölf Monaten schwinde der Vorteil laut Kuhlwein und die Werte für den TSRgleichen sich mit der Zeit an. Die Akquisition von Zombies zahlt sich also aus -für alle die es schaffen, die positiven Entwicklungen der Phase direkt nach demKauf optimal zu nutzen.
Asien und Australien: Zombie-Unternehmen im Vergleich zu Europa zehnmal höhererAnstieg
Globale Wirtschaftstrends verliefen im letzten Jahr weltweit sehrunterschiedlich, und so auch die Entwicklung der Zombies. In einigen Regionenund Ländern war ein starker Anstieg untoter Unternehmen zu verzeichnen, währendin anderen die Zombie-Population zurückging. Während Asien mit zehn Prozent undAustralien mit 14 Prozent viele neue solcher Unternehmen registrierte, gab es inNormamerika sechs Prozent und in Europa nur ein Prozent Zuwachs. Zwei Kontinenteregistrierten Rückgänge: Südamerika mit fünf Prozent und Afrika (drei Prozent).Und auch in Europa gab es positive Entwicklungen, weiß Christian Feldmann,ebenfalls Partner bei Kearney: "Die Schweiz verzeichnete mit 30 Prozent dengrößten proportionalen Rückgang an Zombies aller Länder, die wir untersuchthaben. Der Anteil sank dort von 5,1 Prozent im Jahr 2022 auf 3,6 Prozent." Derhohe Prozentsatz insolvenzgefährdeter Unternehmen in Asien könne eine Folge derschwierigen Zeiten in der Immobilienbranche einiger Länder der Region sein.China war von einem Abschwung im Immobiliensektor besonders stark betroffen, waszu einer Vermehrung der Zombies um 27 Prozent führte. Dies brachte den gesamtenAnteil der schwächelnden Unternehmen auf 3,4 Prozent, was allerdings immer nochdeutlich unter dem globalen Durchschnitt von 5,8 Prozent liegt. Deutschlandverzeichnete mit 24 Prozent ein ähnlich signifikantes Wachstum anZombie-Unternehmen, wodurch deren Quote unter allen börsennotierten Unternehmenauf 6,7 Prozent anstieg. "Zurückzuführen ist diese Entwicklung vermutlich aufdas langsame Wirtschaftswachstum hierzulande, die Inflation und die rückläufigenExporte im letzten Jahr", erklärt Feldmann. Diese regionalen Unterschiedeverdeutlichen, wie unterschiedliche Geldpolitik und verschiedeneFinanzierungslösungen Unternehmen in bestimmten Regionen anfälliger fürfinanzielle Schwierigkeiten machen.
Zombies gefährden die gesamte Wertschöpfungskette
Blickt man auf die am stärksten betroffenen Sektoren, stieg die Zahl derZombie-Unternehmen im Immobiliensektor von 8,9 Prozent im Jahr 2022 auf 11,0Prozent im Jahr 2023 stark an. Sollten die Zinsen weiter steigen, steigt auchdie Zahl der Zombies, wie Kearneys Stresstests zeigen. Bei einer Erhöhung um das1,5-fache könnte der Anteil auf 13,3 Prozent steigen, und bei einer Verdopplungsogar auf 16,2 Prozent, was eine der höchsten Raten unter allen untersuchtenBranchen wäre. Feldmann warnt: "Ein hoher Anteil an Zombies beiImmobilienunternehmen hat das Potenzial einer hohen Folgewirkung auf etwaBauunternehmen, Handwerker und die Baustoffindustrie." Das zeige zum einen dieVerkettung der Sektoren, aber auch die Gefahr, die von Zombies ausgeht. Denn,wenn diese doch einmal unkontrolliert umkippen, gefährden sie schnell diegesamte Wertschöpfungskette.
Zur Studie: https://www.kearney.com/service/mergers-acquisitions/article/zombie-buyers-beware
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