Multikrise setzt industrielle Wertschöpfung unter DruckMünchen -- Die große Mehrheit der Unternehmen rechnet mit dauerhaft sinkenden Margen.- Denn die Absicherung globaler Lieferketten wird zunehmend schwieriger und aufwendiger.- Mehr als 40 Prozent planen, höherwertige Bereiche der Produktion zu verlagern.Die deutschen Industrie-Unternehmen blicken pessimistisch in die Zukunft: Mehrals 80 Prozent der Firmen rechnen mit rückläufigen Gewinnen, wie die aktuelleAusgabe des Supply Chain Pulse Check von Deloitte und Bundesverband derdeutschen Industrie (BDI) zeigt.
18.06.2024 - 09:13:20Deloitte / Multikrise setzt industrielle Wertschöpfung unter Druck
Multikrise setzt industrielle Wertschöpfung unter DruckMünchen (ots) -
- Die große Mehrheit der Unternehmen rechnet mit dauerhaft sinkenden Margen.- Denn die Absicherung globaler Lieferketten wird zunehmend schwieriger und aufwendiger.- Mehr als 40 Prozent planen, höherwertige Bereiche der Produktion zu verlagern.
Die deutschen Industrie-Unternehmen blicken pessimistisch in die Zukunft: Mehrals 80 Prozent der Firmen rechnen mit rückläufigen Gewinnen, wie die aktuelleAusgabe des Supply Chain Pulse Check von Deloitte und Bundesverband derdeutschen Industrie (BDI) zeigt. Denn die bei Rohstoffen und Vorprodukten starkimportabhängige Industrie kann ihre globalen Lieferketten immer weniger oder nurmit hohem Aufwand absichern.
Insbesondere mit Blick auf die langfristige Entwicklung hat sich die Stimmungder Supply Chain-Verantwortlichen verschlechtert. 34 Prozent der befragtenUnternehmen rechnen in den kommenden zwei bis drei Jahren mit einer zunehmendenBelastung ihrer Lieferketten (2023: 23%). Kurz- und mittelfristig hat sich derAusblick dagegen entspannt: Die Zahl der Befragten, die innerhalb der nächstendrei bis zwölf Monate eine Verbesserung erwarten, ist im Vergleich zum Vorjahrgestiegen (um fünf bzw. 13 Prozentpunkte).
"Die Unternehmen müssen mehr denn je alternative Szenarien für ihre Produktionund Rohstoffversorgung entwickeln", sagt Dr. Jürgen Sandau, Partner undLieferketten-Experte bei Deloitte. "Neben China gilt es, Länder wie Indien,Vietnam oder Indonesien stärker in Betracht zu ziehen." Denn geopolitischeRisiken wie ein eskalierender China-Taiwan-Konflikt und zunehmendeHandelskonflikte bergen aus Sicht von 64 und 58 Prozent der Befragten das größteRisiko für ihre Lieferkettenstrategie.
Starker Trend zu weiteren Verlagerungen
Hinzu kommen die Herausforderungen am Standort Deutschland: Vor allem dieregulatorischen Anforderungen hierzulande machen den Unternehmen zu schaffen.Für 75 Prozent der Befragten sind sie das größte Risiko für ihreLieferkettenstrategie (2023: 59%). "Wir müssen sowohl im Land als auch in denUnternehmen entbürokratisieren", sagt Lieferketten-Experte Sandau.
Die Energiepolitik (72%; 2023: 67%) und der Fachkräftemangel (71%; 2023: 65%) inDeutschland sowie die Rohstoffpreise (68%; 2023: 73%) werden ähnlich kritischgesehen. Die Sorge um Cyberangriffe ist nun ganz oben auf der Agenda derLieferketten-Verantwortlichen angekommen. Bei der jüngsten Befragung im Herbst2023 war das Thema lediglich für 31 Prozent der Unternehmen kritisch. Heutestellt es für 67 Prozent ein Risiko für die Lieferketten-Strategie dar.
Der Trend zu weiteren Verlagerungen ist entsprechend groß. Knapp jedes zweiteUnternehmen (49%) hat Teile seiner Wertschöpfung bereits verlagert undbeabsichtigt, dies weiterhin zu tun. 42 Prozent planen, künftig höherwertigeBereiche der Produktion zu verlagern. "Häufig sehen wir hierzulande nur nochErhaltungsinvestitionen, aber keine Erweiterungsinvestitionen mehr. Wenn sichdiese Entwicklung fortsetzt, entsteht der Wohlstand der Zukunft nicht mehr inDeutschland", so Sandau.
In der Frage der Deindustrialisierung erwarten die Firmen wenig Unterstützung.Nur knapp ein Drittel (31%) von ihnen ist der Ansicht, dass die Politik dieGefahr der Deindustrialisierung erkannt hat oder gar die Wende ermöglichen wird.Ein Großteil der Unternehmen (86%) wünscht sich mehr Investitionen undInnovationen hierzulande, damit der Standort im globalen Wettbewerb mithaltenkann.
Neue Technologien und nachhaltiges Wirtschaften als Hoffnungsträger
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Der aktuelle Supply Chain Pulse Check zeigtein Bemühen der Unternehmen um den Standort. 72 Prozent geben an, dass sie ihreProduktion digitalisieren, um in Deutschland weiterhin erfolgreich zu sein. NeueTechnologien, insbesondere Künstliche Intelligenz, haben nach Ansicht von 63Prozent das Potenzial, die Produktivität zu steigern und Mehrkosten hierzulandeauszugleichen.
Zirkuläres Wirtschaften wird von 69 Prozent der Befragten als vielversprechendesMittel gesehen, um ihre Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen zu mindern. ZweiDrittel (66%) geben an, dass damit die Kosten entlang der Lieferkette reduziertwerden können. "In vielen Industrie-Unternehmen gibt es nach wie vorEinsparungspotenzial", sagt Oliver Bendig, Partner und Leiter desIndustriegeschäfts bei Deloitte. "Hier lohnt sich eine umfassende Analyse oftmehr als eine vorschnelle Verlagerung."
Für die dritte Ausgabe des Supply Chain Pulse Check (https://image.marketing.deloitte.de/lib/fe31117075640474771d75/m/1/5b9048db-f2cd-4c1f-a349-f3c9958b5813.pdf) haben Deloitte und BDI zusammen mit dem Service-Verband ISLA mehr als 120Lieferketten-Verantwortliche befragt. Sie sind überwiegend in Großunternehmen inden Branchen Maschinenbau/Industriegüter, Automobil, Chemie, Bauwesen sowieTransport und Logistik tätig. Die Befragung fand im April und Mai 2024 statt.
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