Produktion/Absatz, Arbeit

Im Streit über die Zukunft der Thyssenkrupp DE0007500001-Stahlsparte hat die Krupp-Stiftung die Kritik hochrangiger IG Metall-Funktionäre mit scharfen Worten zurückgewiesen und von "Falschbehauptungen" gesprochen.

21.06.2024 - 06:09:36

Stahl-Streit: Krupp-Stiftung findet IG Metall-Äußerungen 'beschämend'

In einem der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegenden Brief der Stiftung an den IG Metall-Vize Jürgen Kerner und den früheren IG Metall-Chef Detlef Wetzel bezeichnete die Stiftung deren Äußerungen in Interviews der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ) vom Dienstag als "beschämend". Die Stiftung bezog sich mit dieser Bewertung auf ein Zitat Wetzels, der der WAZ gesagt hatte: "Ich finde, es wird der Verantwortung der Stiftung nicht gerecht, die kulturellen Interessen über das Schicksal der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien zu stellen."

Krupp-Stiftung: Kerner und Wetzel schaden der Firma

"Sie beschädigen damit nicht nur uns als gemeinnützige Einrichtung und als Aktionärin, sondern auch das Unternehmen insgesamt", heißt es in dem Brief, der auf den 20. Juni datiert ist. Unterzeichnet wurde er von der Kuratoriumsvorsitzenden Ursula Gather sowie den Stiftungsvorständen Volker Troche und Michaela Muylkens.

Die Stiftung sei nach ihrer Satzung zur Förderung von Wissenschaft, Bildung, Kunst und Kultur, Gesundheit und Sport verpflichtet, schreiben sie. Seit 1968 habe sie dies vor allem aber im Ruhrgebiet mit Mitteln von bislang fast 700 Millionen Euro getan. "Diesen Stiftungsauftrag jetzt mit mangelnder Sorge um die Thyssenkrupp Mitarbeitenden gleichzusetzen, ist eine Verdrehung der Tatsachen und Vermischung von Sachverhalten." Wetzel hatte der WAZ gesagt: "Wir reden hier von einer Stiftung, die sich gemeinwohlorientiert nennt. Ich sehe aber vor allem, dass sie kulturelle Aktivitäten fördert und dafür das Geld aus Thyssenkrupp-Dividenden einsetzen will."

Die Stiftung wies auch Äußerungen des Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats der Stahlsparte, Tekin Nasikkol, und von Kerner, der auch stellvertretender Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef ist, "entschieden zurück". Nasikkol hatte der Zeitung gesagt: "Die Anteilseigner im Aufsichtsrat haben die Mitbestimmung in einer wegweisenden Entscheidung komplett ignoriert." Nasikkol bezog sich damit auf den neulich mit der Doppelstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite beschlossenen 20-Prozent-Einstieg des tschechischen Energieunternehmens EPCG in den Stahlbereich. Kerner hatte Gather in der "WAZ" als "große Verbündete von Herrn Lopez" bezeichnet, die bei López stehe "und nicht bei den Mitarbeitern".

Stiftung vertraut Thyssenkrupp-Chef López

"Unsere Unterstützung des Kurses von Miguel López basiert auf dem Vertrauen in seine Fähigkeit, den Konzern erfolgreich umzustrukturieren und somit eine sichere Zukunft für die Mitarbeitenden zu gewährleisten", entgegnete die Stiftung.

Die Stiftung habe über die Jahrzehnte hinweg als Hauptaktionärin immer wieder dividendenlose Jahre in Kauf genommen, betonte die Stiftungsführung. Aus Treue zum Unternehmen habe sie es hingenommen, dass sich das Vermögen durch den Fall des Aktienkurses um 80 Prozent reduziert habe. "Diese Opfer haben wir immer wieder im Interesse der langfristigen Stabilität des Unternehmens und der Sicherung der Arbeitsplätze gebracht, weil wir daran glauben, dass Thyssenkrupp eine Zukunft hat. Allerdings braucht es dafür Veränderungen." Die Stiftung betonte, dass das gesamte Vermögen der Stiftung seit ihrer Gründung in der Beteiligung am Unternehmen bestehe.

Stahlarbeiter planen Kunstprojekt an Villa Hügel

Für diesen Freitagvormittag hat die IG Metall ein Protest-Kunstprojekt an der Villa Hügel angekündigt, dem ehemaligen Wohnhaus der Industriellenfamilie Krupp in Essen. In einem Nebengebäude befindet sich der Sitz der Krupp-Stiftung. Das Projekt steht unter dem Motto "Kunst oder Stahl - Das Geld muss in sichere Arbeitsplätze fließen und nicht in die Stiftung!". Die Gewerkschaft rechnet mit 150 Stahlbeschäftigten.

Die Thyssenkrupp Stahlsparte ist Deutschlands größter Stahlhersteller. Die Sparte, in der rund 27 000 Menschen arbeiten, steht vor einem Umbruch: Am Standort Duisburg ist ein deutlicher Kapazitätsabbau geplant, der mit einem Stellenabbau einhergehen wird. Vereinbart wurde außerdem ein 20-Prozent-Einstieg des Energieunternehmens EPCG des tschechischen Investors Daniel Kretinsky.

@ dpa.de

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