BONN - Der Logistikkonzern DHL DE0005552004 stemmt sich mit einem Sparprogramm gegen den schleppenden Welthandel und die unsichere geopolitische Lage.
06.03.2025 - 14:34:06DHL überzeugt Investoren mit Sparprogramm - Kursrally
(neu: 4. Quartal, Aussagen aus Pressekonferenz.)
BONN (dpa-AFX) - Der Logistikkonzern DHL DE0005552004 stemmt sich mit einem Sparprogramm gegen den schleppenden Welthandel und die unsichere geopolitische Lage. Damit geht der Abbau von 8.000 Stellen im deutschen Brief- und Paketgeschäft einher, wie der Konzern am Donnerstag in Bonn mitteilte. In der US-Zollpolitik sieht Vorstandschef Tobias Meyer zwar "sowohl Schatten als auch Licht". Angesichts der veränderten politischen und weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen kann er für die mittelfristige Perspektive aber kein festes Jahr mehr benennen. 2025 erwartet der Konzern derweil nur eine schleppende Ergebnisverbesserung, nachdem 2024 etwas besser lief als von Analysten befürchtet. Anleger waren begeistert.
Die DHL-Aktie zog zeitweise über 12 Prozent auf 43,52 Euro an und erreichte damit den höchsten Stand seit einem Jahr. Zuletzt betrug der Zuwachs noch gut 10 Prozent. Auch damit lag das Papier in einem freundlichen Marktumfeld an der Spitze des Dax DE0008469008.
Die verkündeten Maßnahmen und Ergebnisse tragen nach Ansicht von Deutsche-Bank-Experte Andy Chu dazu bei, das Vertrauen der Anleger wieder herzustellen. Die Prognosen für 2025 liege nun auf einem erreichbaren Niveau und die mittelfristige Prognose übe keinen Druck auf das Management aus.
Weiterhin erkenne das Sparprogramm Unsicherheit und Kosteninflation an, so der Deutsche-Bank-Analyst. Er lobte auch den freien Barmittelzufluss, der lange Zeit ein Negativmerkmal gewesen sei. Das sei inzwischen anders. Selbst in einem schwierigen makroökonomischen Umfeld habe das Unternehmen drei Milliarden Euro erwirtschaftet.
Der DHL-Vorstand erwartet zwar weiterhin mittelfristig über sieben Milliarden Euro operatives Ergebnis (Ebit). Wegen des volatilen Umfelds ist dieses Ziel aber keinem festen Zeitraum mehr zugeschrieben. "Wir sind aber überzeugt davon, von diesem Jahr an wieder auf einen Pfad des Wachstums zu kommen", sagte Konzernchef Meyer der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX.
Zuletzt hatte er für 2026 einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von mehr als sieben Milliarden Euro angestrebt. In welchem Jahr das Ziel nun erreicht werde, hänge von dem Zusammenspiel der Sparmaßnahmen und makroökonomischen Voraussetzungen ab, erläuterte Finanzchefin Melanie Kreis in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Im Rekordjahr 2022 hatte DHL sogar 8,4 Milliarden Euro operativen Gewinn gemacht.
Die genauen Auswirkungen der Zoll- und Handelspolitik auf die Geschäfte der DHL sind laut Chef Meyer momentan schwer abzuschätzen. Für den Konzern hätten sie "sowohl Schatten als auch Licht", sagte der Manager. Ähnlich wie beim Brexit sei auf der einen Seite zu erwarten, dass die Anzahl der Sendungen zurückgeht, auf der anderen Seite dürfte Wertschöpfung zunehmen, weil etwa mehr Sendungen zu verzollen sind. "Wir werden sehen, wie sich das die Waage hält."
Entsprechend klammert der Konzern auch beim Blick auf das laufende Jahr potenzielle Effekte aus Änderungen in der Zoll- und Handelspolitik aus. Auch mögliche kurzfristige Einflüsse aus dem von Union und SPD am Dienstag verkündeten Finanzpaket sind nicht enthalten, wie das Management in der Telefonkonferenz erläuterte.
Unter diesen Maßgaben wird 2025 ein leichter Zuwachs des Gewinns vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf mindestens 6 Milliarden Euro erwartet. Vom Unternehmen befragte Analysten hatten allerdings im Schnitt 6,3 Milliarden Euro geschätzt. Gleichzeitig soll der freie Barmittelzufluss (Free Cashflow) mit drei Milliarden Euro stabil bleiben und würde damit wie schon 2024 etwas besser ausfallen als erwartet.
Im vergangenen Jahr verdiente der Konzern im Tagesgeschäft mit 5,9 Milliarden Euro zwar gut 7 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit ging das operative Ergebnis aber nicht ganz so stark zurück wie von Analysten befürchtet. Die selbst gesteckten Ziele erfüllte DHL damit.
Unter dem Strich entfielen 2024 auf die Aktionäre mit 3,3 Milliarden Euro gut 9 Prozent weniger Gewinn als 2023. Der Vorstand will der Hauptversammlung eine stabile Dividende von 1,85 Euro je Aktie vorschlagen. Das Aktienrückkaufprogramm soll um 2 auf 6 Milliarden Euro aufgestockt und bis 2026 ausgeweitet werden.
UBS-Analyst Cristian Nedelcu merkte mit Blick auf das Zahlenwerk an, dass das vierte Quartal der Bonner besser gelaufen sei als erwartet. Das sei hauptsächlich auf die Ergebnisse bei Express zurückzuführen, schrieb er. In dem Geschäftsbereich bietet DHL den Versand zeitkritischer Pakete und Dokumente an.
Hier verbesserte sich das operative Ergebnis im Schlussquartal um 43 Prozent - auch dank eines erstmals eingeführten Nachfragezuschlags. Dessen Anteil lässt sich nach Aussage von Finanzchefin Kreis nur schwer beziffern. Sie verwies auf gegenläufige Effekte, weil die Kunden für die Sendungen zwar mehr bezahlen, gleichzeitig aber auch weniger versenden.
Auch in der Lieferkettenlogistik und im internationalen Paketversand verbesserte sich im vierten Quartal der im Tagesgeschäft erwirtschaftete Gewinn. In der See- und Luftfracht fielen im Vergleich zum Vorjahr Einmaleffekte weg, sodass das operative Ergebnis hier zurückging. Ebenso wie im deutschen Brief- und Paketgeschäft. Dieses steht weiterhin vor strukturellen Problemen, weshalb auch hier nun der Rotstift angesetzt wird.
Zusammen mit den Jahreszahlen und der Prognose kündigte der Konzern ein Sparprogramm an. Es umfasst laut der DHL zahlreiche Maßnahmen in allen Konzernbereichen und soll seine volle Wirkung 2027 entfalten. So will der Vorstand die Kosten um mehr als eine Milliarde Euro senken. Wie viel davon reinvestiert werden soll, lies Finanzchefin Kreis offen.
Neben einer verstärkten Standardisierung und Automatisierung von Arbeitsprozessen nannte der Konzern als Beispiel für Sparmaßnahmen die Zusammenlegung von Zustellgebieten in wenig frequentierten Regionen in den USA und Europa. Und auch ein Stellenabbau im angestammten Brief- und Paketgeschäft in Deutschland gehört dazu.
8.000 Jobs sollen im laufenden Jahr sozialverträglich gestrichen werden. Per Ende 2024 beschäftigte DHL im Unternehmensbereich Post und Paket Deutschland 187.000 Menschen. Der Vorstand bezifferte in der Bilanzpressekonferenz die Personalkosten in dem Geschäftsbereich auf 9 Milliarden Euro. Rechnerisch ergeben sich somit Einsparungen von jährlich 300 bis 400 Millionen Euro. Erst am Dienstag hatte der Konzern mit der Gewerkschaft Verdi im Tarifstreit eine Einigung für die Briefträger und Paketboten erzielt.
Konzernchef Meyer verwies auf die Hintergründe des Jobabbaus: Die sinkende Briefmenge, eine schwierige regulatorische Situation und "einen relativ hohen Tarifabschluss". Für Investitionen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit brauche es Profitabilität.
Das Stammgeschäft der Post in Deutschland ist schon seit langem eher ein Sorgenkind für den globalen Konzern. So sinkt im Digitalzeitalter die Briefmenge. Im vergangenen Jahr war die Menge der Werbepost laut DHL deutlich rückläufig. Die Paketmengen legten hingegen zu. Wie die DHL immer wieder betont, erwirtschaftet der Geschäftsbereich lediglich seine eigenen Investitionen und trägt nichts zu Dividende oder Aktienrückkäufen bei.