Ständeratskommission, Carte

Basel - Mit einem faulen «Kompromiss» gibt die ständerätliche Gesundheitskommission jegliche Mitsprache des Parlaments bei der Preisüberprüfung von Medikamenten aus der Hand und öffnet damit Tür und Tor für Beamtenwillkür.

29.01.2025 - 15:05:00

Ständeratskommission mit einer Carte Blanche für die Verwaltung – Versorgung mit Medikamenten gefährdet. Das schadet der Planbarkeit für die Pharmaunternehmen und somit dem Pharmastandort schwer. Das Umsetzen von Mengenrabatten auf innovativen Medikamenten bedroht die schon heute gefährdete Versorgung der Patientinnen und Patienten noch zusätzlich. Immerhin sorgt der Entscheid zur vorläufigen Vergütung dafür, dass der «Zugang ab Tag 0» für Patientinnen und Patienten zumindest nicht von Anfang an nur toter Buchstabe bleibt. Alles in allem setzt die Kommission die Rahmenbedingungen für die Pharmaunternehmen und sowie die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung aufs Spiel.

Die ständerätliche Gesundheitskommission (SGK-S) hat die Differenzbereinigung am Kostendämpfungspaket 2 (KP2) abgeschlossen. Sie sendet sehr gemischte Signale, wobei ein Entscheid besonders folgenreich – im negativen Sinne – ist:

WZW-Bestimmung gefährdet die Versorgung akut

Bei der dreijährlichen Überprüfung wird jedes Jahr jeweils rund ein Drittel aller Medikamente auf der Spezialitätenliste auf die WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit) hin überprüft. Mit diesen gesetzlich verordneten Preisüberprüfungen, welche die Pharmaindustrie seit Jahren konstruktiv mitträgt, werden jährlich wiederkehrend ca. 1.5 Mrd. Franken Kosten eingespart. Mit der von der SGK-S verabschiedeten Bestimmung besteht nun aber die Gefahr, dass diese WZW-Prüfungen ohne objektive Kriterien gestaltet werden.

Damit wäre der Beamtenwillkür Tür und Tor geöffnet: Das Parlament gäbe sämtliche Kompetenzen bei der Preisüberprüfung aus der Hand und dem BAG freie Bahn, um die WZW-Überprüfungen nach eigenem Belieben auszugestalten. Für die Unternehmen wäre eine Planbarkeit des Preisfestsetzungsprozesses damit nicht mehr möglich. Noch schlimmer: Das BAG könnte in Umgehung des Parlaments durch die Hintertür das Preisbildungssystem komplett umbauen. Was für den Pharmastandort Schweiz höchst schädlich wäre, könnte für die Patientinnen und Patienten in der Schweiz sogar den Anfang einer veritablen Versorgungskrise markieren: Schon heute sind nur die Hälfte der neuen Medikamente, welche in Deutschland erhältlich sind, in der Schweiz gleichberechtigt verfügbar.

Auch das Umsetzen von Kostenfolgemodellen (Mengenrabatten) ist für den Pharmastandort Schweiz ohne Frage problematisch und gefährdet die Versorgung der Patientinnen und Patienten zusätzlich. Die Industrie hat im Sinne eines sehr schmerzhaften Kompromisses Hand geboten, sofern im Gegenzug das veraltete System der Preisbildung modernisiert und die schlechte Zugangssituation deutlich verbessert wird. Mit Blick auf den Entscheid der SGK-S zur WZW-Überprüfung ist diese Voraussetzung nur teilweise erfüllt.

Umso mehr erwartet Interpharma vom BAG, dass es die gegebenen Versprechen einhält und durch Verhandlungslösungen sicherstellt, dass produktspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden, ohne dass Patientinnen und Patienten darunter leiden müssen. Hierzu werden die Gesundheitskommissionen des Parlaments die Verordnungsanpassungen des BAG sehr genau begleiten müssen. Zudem erwartet Interpharma, dass sich das BAG an die gesetzlichen Vorgaben hält und Kostenfolgemodelle erst umsetzt, wenn der Bundesrat die entsprechende Bestimmung in Kraft gesetzt hat. Eine vorauseilende Umsetzung, wie dies derzeit durch das BAG geschieht, ist rechtswidrig und inakzeptabel.

René Buholzer, CEO von Interpharma, sagt:

«Das aktuelle Kostendämpfungspaket 2 ist die sechste Vorlage zur Kostensenkung innerhalb von nur vier Jahren, ohne die drängenden Probleme bei Zugang und Versorgung der Patientinnen und Patienten anzugehen. Schon heute ist es ratsamer, in Konstanz anstatt in Kreuzlingen zu wohnen, weil für Sie als Patientin oder Patient in der Schweiz rund die Hälfte der neuen innovativen Arzneimittel nicht verfügbar sind. Der Entscheid der SGK-S könnte die Situation noch verschlimmern.»

Erfolg von «Zugang ab Tag 0» ist noch nicht gesichert

Immerhin ist zu begrüssen, dass eine Mehrheit der ständerätlichen Gesundheitskommission bei der «vorläufigen Vergütung ab Tag 0» dem aus Sicht der Branche gangbaren Kompromissvorschlag des Nationalrates gefolgt ist. Es gilt zu hoffen, dass in der Märzsession der Ständerat diesem Vorschlag folgt. So soll ein wesentlicher Teil jener innovativen Medikamente, die eines der beschleunigten Verfahren bei Swissmedic durchlaufen, den Patientinnen und Patienten ab dem Tag der Zulassung zur Verfügung stehen. Ansonsten wäre dieser «Zugang ab Tag 0» schon von Beginn weg zum toten Buchstaben ohne Verbesserung für die Patientinnen und Patienten geworden:

Denn aufgrund der engen Definition und der restriktiven Bedingungen hätte kaum ein Hersteller seine Produkte auf dem vorgesehenen Weg in die Schweiz gebracht und an den massiven Verzögerungen beim Patientenzugang hätte sich nichts geändert. Allerdings hat die jetzt verabschiedete Version nur noch wenig mit dem ursprünglich lancierten Vorschlag der Branche zu tun. Entsprechend ist auch bei der jetzigen Bestimmung nicht gesichert, dass sie effektiv genug ist, um den Patientenzugang merklich zu verbessern. Das BAG ist nun gefordert, in der Umsetzung für die erhoffte Beschleunigung zu sorgen.

(Ende)

Aussender: Interpharma Ansprechpartner: Georg Därendinger Tel.: +41 61 264 34 00 E-Mail: georg.daerendinger@interpharma.ch Website: www.interpharma.ch

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