Aus wichtigem Grund: Realistische Einordnung der InsolvenzstatistikBerlin - Rückläufige Gründungszahlen, demographischer Wandel und überholteGeschäftsmodelle hinterlassen ihre Spuren bei den Insolvenzen.
07.11.2024 - 13:43:22VID e.V. / Aus wichtigem Grund: Realistische Einordnung der ...
Die Entwicklungkommt nicht unerwartet. Vor einer Insolvenzwelle steht die deutsche Wirtschaftweiterhin nicht.
Die Insolvenzzahlen steigen. Seit eineinhalb Jahren kontinuierlich. Der Blickauf die Zahlen sorgt für große Unruhe - steht die deutsche Wirtschaft seit derCoronapandemie und dem Ausbruch des Ukrainekriegs doch unzweifelhaft vor großenHerausforderungen. Oft werden die Insolvenzzahlen als Indikator für dieschlechte Wirtschaftslage angeführt. Schon seit März 2020 wird von vielendeshalb eine große Insolvenzwelle prognostiziert. Doch die Entwicklung derInsolvenzzahlen der letzten Jahre bestätigt diese Prognose nicht.
" Schaut man sich die langjährige Entwicklung der Insolvenzen an, dann erreichenwir nicht annähernd die Zahlen, wie wir sie zu Zeiten der Finanzkrise gesehenhaben ", führt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender desBerufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) an. "Dies hängt auch mit den abnehmenden Gründungszahlen zusammen. Historisch warenüber viele Jahrzehnte junge Unternehmen überdurchschnittlich häufig vonInsolvenzen betroffen ", so Niering weiter. Gerade in den ersten fünf Jahrennach Gründung besteht für Unternehmen die höchste Insolvenzgefahr. RückläufigeUnternehmensgründungen führen unmittelbar auch zu entsprechend wenigerUnternehmensinsolvenzen.
Neu ist, dass die Branchen, die derzeit besonders von Insolvenzen betroffensind, nicht mehr mit ein und derselben Ursache zu kämpfen haben. Eine allgemeineKonsumflaute erklärt nicht mehr die wirtschaftliche Schieflage. " Stattdessenhinterlassen Transformationsprobleme, demographischer Wandel und überholteGeschäftsmodelle ihre Spuren bei den Insolvenzen. Spürbar, aber eben nichtunerwartet oder dramatisch ", so der VID-Vorsitzende. In der Automobilbranchefinden Veränderungsprozesse schneller statt als bisher angenommen. Derstationäre Einzelhandel hat bisher keine Antwort auf den Online-Handel gefunden.In der Gastronomie und Hotellerie finden durch Insolvenzen Bereinigungsprozessestatt: Schlechte oder saisonale Arbeitszeit mit geringer Entlohnung sind keineattraktiven Angebote für Arbeitssuchende. " Die Gründe sind nicht neu. Siebestanden oft schon vor der Corona-Pandemie. Die Beihilfen haben denInsolvenzprozess nur hinausgezögert und Veränderungsprozesse aufgehalten. Vielehaben gehofft, dass sie mit ihren alten Geschäftsmodellen an das Vorheranknüpfen können ", meint Niering.
Selten sehe man Unternehmen, die top aufgestellt und nun durch eine allgemeineNachfrageschwäche in die Insolvenz gegangen seien. " Die meisten insolventenUnternehmen haben kein tragfähiges Geschäftsmodell oder sind nichtdurchfinanziert. Nach wie vor sind zwei Drittel aller Insolvenzen aufManagementfehler zurückzuführen. ", so Niering.
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