Primion: Übernahmeangebot annehmen?
Primion: Verkaufen?
Peinlich, peinlich lieber Herr Roth! Die Gesellschaft mit Fokus für elektronische Zutrittskontrollen, Zeiterfassung- und Sicherheitstechnik von der schwäbischen Alb hat die Ertragserwartungen für das Wirtschaftsjahr 2007/08 per Ende September laut einer Mitteilung von 6. November meilenweit verfehlt. Bei einer Gesamtleistung von mehr als 60 Millionen Euro erzielte die Gesellschaft nach vorläufigen Zahlen voraussichtlich lediglich ein EBIT von rund einer Million Euro. Noch am 15. Juli zeigte sich das Unternehmen gemäß einer ad-hoc Mitteilung selbstbewusst, dass das EBIT über dem Niveau des Vorjahres von 3,4 Millionen Euro liegen soll. Die erneute Ertragsverfehlung ist bei der Firma nichts Neues. Bereits im Wirtschaftsjahr 2006/07 wurde das Margenziel deutlich verfehlt. Nach 12,2 Prozent EBIT-Marge in 2005/06 reduzierte sich diese im Folgejahr auf 6,2 Prozent. Ursprünglich sollte sich laut Q1 Bericht 2006/07 diese verbessern. Nunmehr dürfte die EBIT-Marge in 2007/08 gemäß vorläufiger Zahlen auf lausige 1,6 Prozent geschrumpft sein. Eine Verbesserung der Margen stellen wir uns anders vor. Wie laut einer Präsentation mittelfristig die EBIT-Marge auf zehn Prozent gesteigert werden soll, ist uns ein Rätsel. Der operative Gewinn ist übrigens noch recht aufgehübscht. Nach neun Monaten im Jahr 2007/08 wurden im Umfang von über 1,3 Millionen Euro Eigenleistungen aktiviert. Ohne diese aktivierte Eigenleistungen wäre das EBIT in 2007/08 vermutlich sogar negativ ausgefallen. Auch im Vorjahr wurde fleißig aktiviert, was den Gewinn künstlich aufgepumpt hat.
Aber das alles dürfte die freien Aktionäre nicht mehr sonderlich interessieren. Die spanische Azkoyen Gruppe hat den Anteilseignern der Primion Technology AG (DE0005117006) ein Übernahmeangebot unterbreitet. Sie bietet einen Preis von sechs Euro je Aktie. CEO Roth hat für einen Teil seiner Aktien das Angebot bereits angenommen. Wir empfehlen den restlichen Aktionären des Unternehmens die Offerte unbedingt anzunehmen. Die Bluehill ID, die rund 20 Prozent an der Firma hält, dürfte unseres Erachtens ihren Anteil ebenfalls andienen.
Azkoyen bietet für den Laden bis zu 33 Millionen Euro. Ein durchaus gutes Angebot für die freien Anteilseigner. Sie müssen nämlich wissen, dass die Bilanz von Primion alles andere als schwäbisch solide ist. Per Ende Juni war das Unternehmen kurzfristig mit rund 8,5 und langfristig mit rund 15 Millionen Euro verschuldet. In der Kasse schlummerten lediglich 2,6 Millionen Euro Cash. Die Nettoverschuldung von rund 21 Millionen Euro ist stattlich. Angesichts der jüngsten Ertragszahlen sogar schaurig. Eine Kapitalspritze erscheint mittelfristig notwendig zu sein. Der Buchwert per 30. Juni lag bei 28,8 Millionen Euro. Ziehen wir davon jedoch die immateriellen Vermögenswerte von über 28,6 Millionen Euro ab, liegt der Buchwert fast bei Null Euro. Umgerechnet je Aktie: Ebenfalls fast Null Euro bei Abzug der immateriellen Vermögenswerte! Zudem türmen sich in der Bilanz reichlich Forderungen. Beispielsweise türmen sich in der Bilanz Forderungen aus unfertigen Leistungen von über zehn Millionen Euro. Wir sind gespannt, ob diese Position komplett werthaltig ist. Auch ist Primion alles andere als eine Cash-Cow. Nach neun Monaten ist der operative Cashflow auf lumpige 178.000 Euro drastisch eingebrochen.
Primion ist in den letzten zwei Jahren vor allem durch Zukäufe gewachsen. Das verunstaltete die Bilanz. Wegen der jüngsten Ertragsverfehlung ziehen wir den Schluss, dass die Übernahmen nicht richtig integriert wurden und sich der Vorstand schlicht verhoben hat, was sich nunmehr immer stärker in den Ertragszahlen rächt. Primion konnte noch nicht einmal in wirtschaftlichen Hausse-Phasen kräftige Gewinnsteigerungen erzielen, wie soll das in einer Rezession gelingen? Wir raten daher das Übernahmeangebot der Spanier anzunehmen oder die Aktie aktiv über die Börse zu verkaufen und wünschen Azkoyen viel Spaß bei der Übernahme und Integration der Schwaben.
Viele Grüße
www.tradecentre.de
@ ad-hoc-news.de
| 20.11.08 22:46 Uhr