US-Arbeitsmarktbericht und Marktreaktion enttäuschend
Von dem gestrigen US-Arbeitsmarktbericht hatten sich viele Marktbeobachter (und hier schließe ich mich ein) sicherlich deutlich mehr erwartet – mehr neu geschaffene Stellen und auch mehr Bewegung an den Börsen. Doch sowohl die Arbeitsmarktdaten als auch die Reaktion der Anleger enttäuschten.
Zahl der neu geschaffenen Stellen weit unter den Erwartungen
So wurden statt der im Vorfeld erwarteten 763.000 Stellen (siehe auch „Powell gibt Hinweise auf ein diesjähriges Tapering“) im August nur magere 235.000 neue Stellen (außerhalb der Landwirtschaft) geschaffen.
Zwar wurde immerhin der Juni-Wert um 24.000 und der für den Monat Juli sogar um 110.000 Stellen nach oben revidiert, doch änderte dies nichts daran, dass die Zahlen unter dem Strich meilenweit unter den Erwartungen blieben.
War der Weg für steigende Aktienmärkte damit nicht geebnet?
Eigentlich wäre damit der Weg für weiter steigende Aktienindizes frei gewesen, zumindest unter der Annahme, dass sich die Anleger derzeit eher über schwache Wirtschaftsdaten freuen, weil dies womöglich zu einer späteren oder geringeren Reduzierung der Anleihekäufe durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und somit mehr frischem Geld führt. Doch stattdessen traten die Aktienmärkte unter etwas erhöhter Volatilität und zwischenzeitlich sogar nachgebenden Kursen eher auf der Stelle. Wie lässt sich dies erklären?
Arbeitslosenquote wie erwartet weiter gesunken
Einerseits mit dem Rückgang der US-Arbeitslosenquote, der mit -0,2 Prozentpunkten auf nun 5,2 % genauso hoch ausfiel wie erwartet.
Und die Arbeitslosenquote könnte entscheidend bei der Frage sein, wie stark die Fed die Anleihekäufe in den kommenden Monaten drosselt. So gibt es Überlegungen, dass die Notenbank dies in Abhängigkeit von der Entwicklung der Arbeitslosenquote machen könnte. Je weiter diese sinkt, desto weniger Anleihen werden gekauft. Und so ist der erneute Rückgang der Arbeitslosenquote klar negativ für den Aktienmarkt.
Lohnanstieg größer als erwartet
Andererseits sind die Löhne auf Monatsbasis doppelt so stark gestiegen wie erwartet. Die Konsensschätzungen lagen bei einem Plus von 0,3 % zum Vormonat, tatsächlich waren es aber +0,6 %.
(Quelle: DekaBank)
Im Vergleich zum Vorjahresmonat betrug der Anstieg 4,3 %, erwartet wurden 4,0 % nach 4,1 % im Juli. Und wenn die durchschnittlichen Stundenlöhne stärker steigen, dann könnte dies ein Hinweis auf eine sich schneller drehende Lohn-Preis-Spirale sein. Eine solche könnte die sowieso schon zu hohe Inflation in den USA weiter befeuern. Und die Erwartungen der Notenbank einer nur vorübergehend höheren Inflation würden damit durchkreuzt. So ist auch der Lohnanstieg klar negativ für den Aktienmarkt.
DAX bricht wichtige Aufwärtstrendlinien
Letztlich wiegen die positiven und negativen Aspekte des Arbeitsmarktes dadurch einander auf, weshalb die Anleger am Aktienmarkt die Füße eher stillhielten bzw. defensiv blieben und einige Gewinne mitnahmen.
Im DAX haben diese Gewinnmitnahmen allerdings bearishe Signale ausgelöst. So wurde die kurzfristige Aufwärtslinie (dick rot im folgenden Chart) mit relativ hoher Dynamik eindeutig gebrochen (rote Ellipse). Und die Kurse fielen bis in den erweiterten Bereich der ehemaligen Seitwärtsrange zurück (gelb).
Neben dieser kurzfristigen Entwicklung hat es aber auch im langfristigen Bereich einen Trendbruch gegeben, allerdings noch nicht nachhaltig. So gab der DAX bis im Tagestief auf unter 15.700 Punkte nach. Und damit gerieten die Kurse unter die Aufwärtstrendlinie, die vom Tief des Corona-Crashs ausgeht (grün im folgenden Chart) und heute bei 15.781,37 Zählern verläuft.
Da der DAX anschließend von unten an diese gebrochene Linie zurücklief, muss man nun noch bestätigende Signale abwarten. Ein erneuter Kursrutsch, der bis unter das gestrige Tagestief reicht, wäre ein solches bestätigendes Signal. Kann sich der DAX aber auf über 15.800 Punkte zurückarbeiten, ist erst einmal Entwarnung angesagt. Dann kann sich auch einfach die Seitwärtstendenz fortsetzen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)