Mit einem Government Shutdown in die schwächsten Börsenmonate?
Aktuell wurden eine ganze Reihe von vermeintlich wichtigen Konjunkturdaten veröffentlicht. So haben Statistikämter Zahlen zur Entwicklung der Inflation und des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den USA, der Eurozone und Deutschland bekanntgegeben. Doch ich gehe auf diese Daten gar nicht erst weiter ein. Denn diese Daten sind für die Börsen derzeit überhaupt nicht wichtig.
Vergangenheitsbezogene BIP-Daten
Was das BIP angeht, so beziehen sich die Daten auf das 2. Quartal 2021. Und das liegt bekanntlich nun schon einen ganzen Monat zurück. Die Daten sind also vergangenheitsbezogen. An der Börse wird aber die Zukunft gehandelt. Und so haben diese Informationen lediglich noch Unterhaltungscharakter im Sinne von „nice to know“. Es ist also als Nachlese durchaus interessant, ein Nutzen für den Börsenhandel lässt sich daraus aber nicht ableiten.
Erwartete Preissteigerungen
Ähnliches gilt für die Inflationsdaten. Es war klar, dass die Teuerung weiter anziehen würde. Und nachdem die Notenbanken jüngst erst getagt haben und dabei erneut darauf hingewiesen wurde, dass die Währungshüter eine vorübergehende Teuerung oberhalb der Ziele von mittelfristig (EZB) bzw. durchschnittlich (Fed) 2 % erwarten und auch hinnehmen würden, spielen diese Daten aktuell keine Rolle. Erst wenn sich abzeichnet, dass die Inflation in den kommenden Monaten stärker steigt als aktuell gemeinhin schon erwartet, nimmt die Bedeutung dieser Daten wieder zu. Denn dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass insbesondere die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) auf einer ihrer kommenden Sitzungen deutlicher in Richtung Tapering schwenkt. Und das wäre dann bearish für die Aktienmärkte.
Wieder Streit um die US-Schuldenobergrenze
Könnte es auch bearish für die Aktienmärkte werden, wenn es im immer wiederkehrenden Streit um die US-Schuldenobergrenze zu keiner Einigung kommt? Bereits vor einer Woche warnte Finanzministerin Janet Yellen die Parlamentarier vor der Notwendigkeit „außergewöhnlicher Maßnahmen“ ab der ersten Augustwoche. Denn schon am gestrigen 30. Juli werde ihr Ministerium den Verkauf von Wertpapieren der Bundesstaats- und Kommunalverwaltungsserie (SLGS) einstellen müssen, weil dann das aktuelle Schulden-Limit in Höhe von 28,5 Billionen Dollar im Prinzip ausgereizt ist.
Und wenn der Kongress bis zum 2. August die Schuldengrenze nicht ausgesetzt oder erhöht hat, muss das Finanzministerium damit beginnen, „bestimmte zusätzliche außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen“, so Yellen. Gemeint sind damit Überbrückungsmaßnahmen, mit denen noch für kurze Zeit ein „government shutdown“ verhindert werden kann. Sind auch diese Maßnahmen ausgeschöpft, müssen viele Bundesbehörden aus Geldmangel den Betrieb einstellen und die Beschäftigten auf Gehaltszahlungen verzichten.
Nun ist das Gerangel um die Schuldengrenze allerdings nichts Neues. Ein „government shutdown“ passierte alleine im vergangenen Jahrzehnt bereits drei Mal, zuletzt um die Jahreswende 2019. Hier hatten wir es sogar mit dem längsten Shutdown der Geschichte zu tun, da der Regierungsstillstand ganze 5 Wochen bzw. genau 35 Tage andauerte (siehe dazu auch Börse-Intern vom 30. Januar).
Doch nur selten kam es dadurch zu größeren Verwerfungen an den Finanzmärkten (siehe dazu „Der Fluch des 30. September“). Wenn der Schuldenstreit länger anhält, kann dies zwar das Wachstum der USA belasten, doch meist kommt es zu Aufhol- und damit Ausgleichseffekten.
Wichtige Aufwärtstrendlinie im DAX
Entsprechend wenig verunsichert zeigt sich daher auch der DAX. Der deutsche Leitindex hat sich nach seinem jüngsten „Einbruch“ und der anschließenden schnellen Erholung wieder in seiner 200-Punkte-Seitwärtsrange eingependelt (oberes gelbes Rechteck im folgenden Chart).
Erst wenn der DAX diese Range wieder dynamisch nach unten verlässt, sollte man die Kursentwicklung aufmerksam verfolgen. Denn bei ca. 15.270 Punkten verläuft aktuell eine sehr wichtige Aufwärtstrendlinie (dick grün im folgenden Chart). Und wenn diese gebrochen wird, könnte dies die längst überfällige Korrektur einleiten.
Diese Linie bietet sich daher an, um bestehende Long-Positionen mit einem Stop-Loss zu versehen. Zumal gestern der letzte Handelstag im Juli war. Und mit dem August und dem September folgen nun die beiden schwächsten Börsenmonate eines Jahres.
Vielleicht ist dann ein „government shutdown“ in den USA der Tropfen, der die Sommerkorrektur-Welle auslöst. Denken Sie also auch mal an Gewinnmitnahmen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)