EUR/USD erreicht wichtigen Unterstützungsbereich
Die Wirtschaft in Deutschland ist im ersten Quartal 2022 laut vorläufigen Berechnungen um 0,2 % gegenüber dem Vorquartal gewachsen (nach -0,3 % Ende 2021). Damit wurden die Markterwartungen getroffen.
Nun ist auch für Deutschland klar, dass die Einkaufsmanager zu optimistisch waren (siehe dazu „Sind die Einkaufsmanager zu optimistisch?“ und „US-Wirtschaft überraschend geschrumpft“).
Die Basis für gewinnbringende Anlageentscheidungen
Für die Börsen waren diese Nachrichten kaum relevant. Denn sie betreffen die Vergangenheit. An der Börse wird aber bekanntlich die Zukunft gehandelt. Und daher hatte die Veröffentlichung der Daten keinen erkennbaren Einfluss auf die Kurse.
Warum bespreche ich sie dennoch? Weil es aus meiner Sicht wichtig ist, solche Daten in den richtigen Kontext zu setzen, zum Beispiel auch durch einen Abgleich mit der Stimmung der Einkaufsmanager. Denn nur so kann man die Informationen richtig einordnen, die man zum Verlauf der Konjunktur erhält. Und nur so ergibt sich zusammen mit dem Kursverlauf an den Börsen ein vollständiges Bild, anhand dessen man Anlageentscheidungen treffen kann.
Außenhandel belastet
Vor diesem Hintergrund ist es zum Beispiel auch eine wichtige Information, dass laut dem Statistischen Bundesamt insbesondere der Außenhandel das deutsche Wirtschaftswachstum bremste. Die Lockdowns in China und der Krieg in der Ukraine lassen grüßen. Und da diese Probleme bislang weiter bestehen, dürften sie sich auch noch eine Weile belastend auf die Wirtschaft auswirken – und somit auch auf die Aktienkurse.
Inflation der Eurozone weiter gestiegen
Eine weitere wichtige Information ist, dass die Inflation in der Eurozone erneut gestiegen ist. Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union, sieht die jährliche Teuerung in einer ersten Schätzung für April 2022 bei +7,5%, gegenüber 7,4% im März. Die Kernrate legte von +2,9 % auf +3,5 % zu.
Zwar hatten auch diese Daten gestern scheinbar kaum Einfluss auf die Kurse, doch es ist wichtig zu wissen, dass der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) hoch bleibt, die geldpolitische Wende schneller voranzutreiben, insbesondere durch den starken Anstieg der Kerninflation hoch bleibt. Andernfalls hätte zum Beispiel der Euro zum Dollar womöglich weiter abgewertet.
Elliott-Wellen und Prinzip der Wellengleichheit dieses Mal nicht hilfreich
Das Zögern der EZB hat den EUR/USD unter Druck gebracht. Und er hat in den vergangenen Tagen noch einmal deutliche Kursverluste hinnehmen müssen. Dadurch hat er eine wichtige Aufwärtstrendlinie gebrochen (dick grün im folgenden Chart). Das klar bearishe Chartbild, welches ich in der Analyse vom 8. März feststellte, hat sich also weiter durchgesetzt. Und das Elliott-Wellen-Szenario einer bereits abgeschlossenen 5-gliedrigen Abwärtsbewegung (rote Ziffern) sowie das Prinzip der Wellengleichheit (rote Rechtecke) haben in diesem Fall nicht gegriffen. Das hatte sich aufgrund der hohen Abwärtsdynamik in der vermeintlichen Welle 5 allerdings angedeutet.
Angesichts der Tatsache, dass die US-Wirtschaft im 1. Quartal 2022 geschrumpft ist, verwundert dies dennoch etwas. Aber die US-Notenbank (Fed) drückt eben deutlich stärker auf das Gaspedal als die EZB. Und apropos Gas: Dass Bulgarien und Polen plötzlich nicht mehr von Russland mit Gas beliefert werden, hat dem EUR/USD natürlich zusätzlich zugesetzt.
EUR/USD erreicht wichtigen Unterstützungsbereich
So befindet sich der Wechselkurs weiter auf der Suche nach einem Boden. Diesen könnte er aber nun im Unterstützungsbereich zwischen ca. 1,05 und 1,035 USD finden (grüner Balke). Dort wurden in den Jahren 2015 und 2017 diverse Tiefs markiert. Und da der EUR/USD bereits Anfang März überverkauft war, und sich diese Lage durch die weitergehenden Kursverluste noch verschärft hat, rechne ich fest mit einer baldigen Kurserholung in diesem Bereich.
Daher bleibt es dabei: Große Short-Positionen würde ich im EUR/USD unverändert nicht mehr eingehen. Stattdessen sollte man auf neue Umkehrsignale warten, um dann auf eine (längere) Kurserholung zu setzen. Und ich glaube nicht, dass es schadet, wenn man auf aktuellem Niveau (ca. 1,055 USD) bereits jetzt einen kleinen Long-Trade wagt.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)