Dow Jones: Wie löst sich die monatelange Seitwärtstendenz auf?
Dow Jones: Wie löst sich die monatelange Seitwärtstendenz auf?
von Sven Weisenhaus
Der Dow Jones läuft bereits seit dem 13. Dezember 2022 seitwärts. Darauf habe ich vorgestern zum wiederholten Male hingewiesen. Interessant ist dabei die Frage, ob diese Konsolidierung bullish oder bearish zu werten ist, ob also bald mit einem Ausbruch aus der Seitwärtstendenz nach oben oder unten zu rechnen ist und ob sich ein neuer Aufwärts- oder Abwärtstrend bilden wird.
Viele bullishe Argumente
Schauen wir uns dazu den „nackten“ Chart an und gehen wir dann schrittweise vor, um eine Antwort auf diese Frage zu finden:
In diesem Monatskerzen-Chart ist zu sehen, dass sich der Dow Jones in einem langfristigen Aufwärtstrend befindet. Insofern ist grundsätzlich mit weiter steigenden Kursen zu rechnen. Das ist allerdings keine große Überraschung, weil Aktienmärkte langfristig eigentlich immer steigen. Insofern lässt sich immer eine Aufwärtslinie einzeichnen, deren Steigung lediglich variiert.
Vom Monats- zum Wochenchart
Im folgenden Wochenkerzen-Chart habe ich den Bärenmarkt des vergangenen Jahres mit den Mitteln der klassischen Charttechnik als Abwärtstrendkanal und nach den Regeln der Elliott-Wellen-Theorie als ABCDE-Formation markiert.
Hieraus lässt sich ableiten, dass der Dow Jones eine Korrektur abgeschlossen hat und nach einer dynamischen ersten Erholungswelle seitwärts konsolidiert (gelbes Rechteck). Solche Seitwärtskonsolidierungen gelten als trendbestätigend. Und die Kurse zuvor stark gestiegen waren, also ein Aufwärtstrend vorliegt, ist auch aus dieser Perspektive mit bald weiter steigenden Kursen zu rechnen.
Aufgrund des Fehlausbruchs aus der Seitwärtsspanne (grüner Bogen) kann man die Kursentwicklung seit der dynamischen Kurserholung alternativ wie folgt betrachten:
Auf die erste Erholungswelle folgte demnach eine kleine abc-Korrektur, an die sich inzwischen wieder ein neuer Aufwärtstrend anschließt (grüner Trendkanal). Und auch bei dieser Variante ist bald mit weiter steigenden Kursen zu rechnen.
Vom Wochen- zum Tageschart
Bestätigt wird dieses Szenario, wenn man eine Kerzen-Ebene tiefer geht – also auf einen Tageskerzen-Chart:
Und damit bin ich nun bei der vorangegangenen Dow Jones-Analyse vom 22. Juni (siehe „Zu dritt an runden Marken“). Darin ist zu lesen, „dass der Dow Jones nach dem jüngsten 5-gliedrigen Anstieg in die von mir erwartete ABC-Korrektur übergegangen ist“. Und diese kleine abc-Korrektur scheint mittlerweile abgeschlossen zu sein.
Wir sehen also inzwischen zwei 5-gliedrige Aufwärtsbewegungen (grün) und zwei abc-Korrekturen (rot). Und da sich an abc-Korrekturen (gewöhnlich) wieder 5-gliedrige Aufwärtsbewegungen anschließen, weist auch diese Chart- bzw. Elliott-Wellen-Analyse auf (bald weiter) steigende Kurse hin.
Von den bullishen zu den bearishen Argumenten
Allerdings würde ich die Elliott-Wellen-Analyse mit Vorsicht genießen. Denn das gilt für alle charttechnischen Methoden, die man in einer Seitwärtstendenz anwendet. Und damit bin ich nun bei den bearishen Argumenten:
Es fällt zum Beispiel auf, dass die aktuelle 5-gliedrige Aufwärtsbewegung kleiner ist als die vorangegangene. OK, dieser vermeintliche Makel lässt sich noch wegargumentieren: So könnte der aktuelle Aufwärtsimpuls lediglich die Welle 1 einer größeren Welle 3 sein.
Die erste Aufwärtswelle (grünes Rechteck) wäre dann die Welle 1, die anschließende ABC-Korrektur die Welle 2 und die aktuell laufende Aufwärtsbewegung die Welle 3 eines noch größeren 5-gliedrigen Aufwärtstrends. Das wäre absolut denkbar.
Allerdings stößt mir auch unangenehm auf, dass sich das Kursgeschehen seit dem ersten Aufwärtsimpuls (grünes Rechteck), also seit dem 13. Dezember 2022, recht lange hinzieht. Dauerte der Aufwärtsimpuls nur 42 Handelstage, so ist es dem Dow Jones seitdem an 142 Handelstagen nicht gelungen, auf ein neues Trendhoch zu steigen. Es fehlt also an Aufwärtsdynamik. Und daher macht der Dow Jones nach 7 Monaten auch eher den Eindruck einer Seitwärtstendenz.
Außerdem schwebt mir noch folgendes Szenario im Kopf rum:
Das wäre wohl die bearishste Variante. Demnach wäre die Kurserholung des Dow Jones lediglich eine Gegenbewegung im Bärenmarkt gewesen. Und die aktuelle Seitwärtstendenz würde eine Art Doppeltop (auch M-Formation genannt) ausbilden.
Allerdings wäre auch diese Top-Formation zeitlich sehr ausgeprägt im Verhältnis zum vorherigen Aufwärtsimpuls. Und sie wäre eigentlich kein echtes Top, sondern lediglich ein Zwischen-Top, weil relativ kurz davor noch ein Bärenmarkt herrschte (siehe Charts oben).
Was aber bei diesem möglichen Szenario überzeugend ist, ist die Symmetrie, die äußerst auffällig ist.
Auf welche Marken man im Dow Jones nun achten sollte
Entschieden ist jedenfalls noch nichts. Und wenn man sich unsicher bezüglich der weiteren Kursentwicklung ist, sollte man einfach auf die nächsten Signale warten.
Steigt der Dow Jones (möglichst dynamisch) auf ein neues Trendhoch, scheinen sich die bullishen Varianten durchzusetzen. Oberhalb von 34.712,28 Punkten bieten sich daher Long-Positionen an, um prozyklisch vom bullishen Ausbruch zu profitieren.
Fällt der Dow Jones hingegen unter die Tiefs der jüngsten abc-Korrektur (33.705 bzw. 33.610 Punkte), wäre das ein bearishes Signal, weil dann das bullishe Elliott-Wellen-Szenario in der hier dargestellten Form hinfällig wäre.
Man müsste in diesem Fall damit rechnen, dass sich die Seitwärtstendenz fortsetzt und der Index somit durchaus noch einmal bis auf mindestens 32.581,07 Punkte fällt.
Und bei Kursen unterhalb von 32.586 Zählern muss man sogar mit dem bearishsten Szenario, also einer Wiederaufnahme bzw. Fortsetzung des Bärenmarktes rechnen.
Ich wünsche jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)