Der DAX zum März-Verfallstag
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
der Ukraine-Krieg bestimmt weiterhin die Schlagzeilen und offenbar die Stimmung der Anleger. Der DAX scheint inzwischen im Crash-Modus zu sein. Auch die jüngste Sentiment-Umfrage von sentix sieht die „Anleger im Panik-Modus“. Was bedeutet das für den bevorstehenden großen März-Verfallstag in der kommenden Woche?
Im tiefsten Put-Gebiet
Zumindest am gestrigen Montag ging der Crash der Vorwoche im DAX weiter. Grund dafür sind vor allem die Öl- und Rohstoffpreise. Diese gehen weiter durch die Decke, nachdem US-Außenminister Blinken ein Einfuhrverbot für russisches Öl ins Spiel gebracht hat.
Durch den Kursrutsch ist der DAX nun in Kursregionen abgeglitten, in denen das Verfallstagsdiagramm nur rot zeigt:
Quelle: www.stockstreet.de/verfallstag-diagramm# mit Daten der EUREX
Beim aktuellen Stand von rund 12.800 Punkten befindet sich der DAX aus Sicht der Verfallstagskonstellation im tiefsten Put-Gebiet (siehe Pfeil). Nicht nur die beiden größten Put-Positionen (rote Balken) bei 15.000 und 14.500 Punkten liegen inzwischen weit im Geld, sondern auch zwei weitere große Put-Positionen bei 14.000 und 13.000 Punkten. Insbesondere die 13.000er Position (bzw. ihre Absicherung) dürfte zu dem gestrigen starken Ausverkauf zu Börsenbeginn beigetragen haben.
Im charttechnischen Niemandsland
Gestern hat der DAX erst an der 12.500er Marke einen Boden gefunden. Dort liegt die nächst größere Put-Position. Es ist schwer zu beurteilen, inwieweit diese Position (bzw. entsprechende Aktionen der jeweiligen Stillhalter) den Kurs gestützt hat. Allerdings befindet sich der DAX in diesem Kursbereich in einem charttechnischen Niemandsland, in dem es außer zwei alten Kurslücken (grau) keine markanten Unterstützungen gibt (siehe Chart).
Erst wenn man bis zum Beginn des jüngsten Bullenmarkts zurückgeht und in die logarithmische Darstellung wechselt, findet man einen möglichen Aufwärtstrend, dessen Unterkante als Unterstützung gedient haben könnte:
Diese Darstellung zeigt auch, dass sich der DAX formal weiterhin in einer Aufwärtstendenz befindet. Nach wie vor gibt es aus übergeordneter Sicht höhere Hochs und Tiefs Allerdings hat er bereits in der Vorwoche die wichtigen Hochs von Anfang 2020 und 2017 (rote Linien) unterschritten und seit seinem Allzeithoch mehr als 23 % verloren. Letzteres ist insbesondere in den USA eine oft zitierte Daumenregel für den Beginn eines Bärenmarkts.
Selling Climax und Dienstags-Umkehr?
Das hilft uns aber nicht um zu beurteilen, was der DAX bis zum Verfallstag machen könnte. Bis dahin sind es immerhin noch fast zwei Wochen. Es ist also noch genug Zeit für Bullen und Bären, um den Kurs in die einer oder andere Richtung zu treiben.
Kurzfristig deutet vieles auf eine Selling Climax hin, also einen vorläufigen Ausverkauf. Das ist ein typisches Phänomen an einem Montagmorgen: Nachrichten des Wochenendes führen zu kräftigen Abschlägen zu Wochenbeginn. Danach beruhigt sich die Lage oft sehr schnell, so dass es zu einer sogenannten Dienstags-Umkehr kommt. Dabei wird spätestens am Dienstag das Tief markiert. Danach steigen die Kurse wieder – zumindest kurzzeitig.
Eine solche Dienstags-Umkehr wäre natürlich im Interesse der Put-Sillhalter, die dann ihre Absicherungen zurückfahren könnten. Das wiederum würde die Kurse weiter treiben. Allerdings gibt die aktuelle Verfallstagskonstellation keine konkreten Hinweise über den weiteren Verlauf, da die Positionierungen eben sehr einseitig sind.
Auch im März keine Verfallstags-Kursziele
Kursziele lassen sich daher wie schon im Februar nicht angeben. Wir können allenfalls die nächsten großen Put-Positionen als Orientierungspunkte nutzen. Sofern die Kurse tatsächlich steigen, dürften die Stillhalter ein Interesse daran haben, dass z.B. die 13.000-Punkte-Marke erreicht wird und die dortige große Position aus dem Geld bleibt.
Dieses Szenario ist aus meiner Sicht recht wahrscheinlich. Es könnte unter Umständen sogar noch durch eine Short Squeeze verstärkt werden. Allerdings darf man in diesem Fall die Verfallstagseffekte nicht überschätzen: Zum einen ist es noch eine Weile hin bis zum Verfallstag, zum anderen sind die Put-Positionen oberhalb der aktuellen Kurse bereits weitgehend abgesichert.
Das Kriegsgeschehen behält die Oberhand
Die Stillhalter haben also keinen Handlungsbedarf. Das ändert sich erst, wenn sie ihre Absicherungen wieder auflösen müssen, weil die Positionen wieder aus dem Geld laufen. Dann beginnt der „Verfallstags-Mechanismus“ von vorn.
Außerdem sind natürlich jederzeit neue Kursausschläge möglich, wenn sich die Kriegslage ändert. Dagegen stemmen sich die Stillhalter nicht, sondern reagieren mit Absicherungen. Daher wirken auch bei diesem großen März-Verfallstag – wie schon im Februar – die Verfallstagseffekte nur sehr untergeordnet. Ein sinnvolles Verfallstags-Trading wird daher kaum möglich sein, schon gar nicht zu diesem frühen Zeitpunkt. Das Kriegsgeschehen wird auch an der Börse weiterhin die Oberhand behalten
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)