Aktienmärkte, Anleger

Der DAX zum Januar-Verfallstag

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

der erste (kleine) Verfallstag des neuen Jahres steht vor der Tür. Und der DAX befindet sich im zweifachen Niemandsland.

Das Verfallstagsdiagramm zum (kleinen) Januar-Verfallstag

Das erste Niemandsland findet sich im Verfallstagsdiagramm:

Verfallstagsdiagramm DAX Januar 2022

Hier sehen wir zwischen 15.800 und 16.000 Punkten eine Zone (hellblau), in denen sehr wenige Positionen liegen und daher der Druck durch Stillhalter sehr gering ist. Oberhalb dieser Zone befindet sich bei 16.000 Punkten eine (sehr) große Call-Position (blaue Balken), welche die Stillhalter nach Möglichkeit nicht ins Geld laufen lassen wollen. Dort droht also Abwärtsdruck auf den DAX.

Nach unten ist der Übergang „weicher“, da die Put-Positionen (rote Balken) eher allmählich und über einen größeren Kursbereich ansteigen. Der Aufwärtsdruck durch die Stillhalter dürfte also bestenfalls moderat sein. Und da die aktuelle Stimmung nach den jüngsten Turbulenzen eher bearish ist, dürften die Stillhalter bei fallenden Kursen eher absichern als dagegenhalten.

Auch im charttechnischen Niemandsland

Bemerkenswert ist, dass das Niemandsland im Verfallstagsdiagramm identisch mit dem zweiten Niemandsland im DAX-Chart ist:

DAX - Tageschart seit Mai 2021

In der Zone zwischen 15.800 und 16.000 Punkten ist der DAX zwar schon aus dem gelben Rechteck ausgebrochen, in dem er seit Frühjahr vergangenen Jahres lief. Aber er ist dort immer noch unterhalb der „magischen“ 16.000-Punkte-Marke und des Hochs von Mitte August 2021. Bisher waren die Ausbrüche über diese beiden Niveaus nur von kurzer Dauer, so dass der Bereich um 16.000 Punkte immer noch der relevante Widerstand ist.

Und tatsächlich sehen wir, dass der DAX auch zuletzt immer wieder an den entsprechenden Grenzen abgeprallt ist (siehe Pfeile). Einzelne „Überschwinger“ waren nur von kurzer Dauer, so dass wir sie als Fehlausbrüche an diesen Grenzen ansehen können.

Wieder ein Seitwärtsszenario bis zum Verfallstag?

Natürlich kann der DAX bis zum Verfallstag nun einfach zwischen 15.800 und 16.000 Punkten hin und her pendeln. Aus Sicht der Verfallstagspositionierung spricht nichts dagegen. Im Gegenteil: Das ideale Abrechnungsniveau nach der Max-Pain-Kurve (siehe unterer Teil des Verfallstagsdiagramms) liegt bei 15.750 Punkten und damit knapp unterhalb der Oberkante des gelben Rechtecks.

Doch Sie wissen längst, dass nicht nur diese den DAX bewegt, sondern weiterhin auch Bullen und Bären sowie alle sonstigen externen Effekte, die üblicherweise die Börsenkurse beeinflussen. Und aktuell ist das vor allem die beginnende Berichtssaison (siehe Börse-Intern vom Freitag).

Allerdings sind es nicht die Zahlen der DAX-Unternehmen, die den DAX bewegen können – diese legen erst ab der kommenden Woche ihre Zahlen vor, beginnend mit Deutscher Bank und SAP. Damit hängt der DAX weiterhin vom Auf und Ab der US-Indizes ab, und die zeigten sich zuletzt eher schwach.

Das alternative Szenario

Damit könnte der Abwärtskeil (grau) den DAX bis zum Verfallstag am Freitag führen, in den er kurz nach dem fulminanten Jahresstart eingeschwenkt ist. In diesem hat er Platz bis zur Unterkante des möglichen kurzfristigen Aufwärtstrends, der sich seit Ende November andeutet (blau). Dabei könnte er durchaus bis auf 15.600 Punkte zurückgehen.

In diesem Bereich würde er auf eine massive Kreuzunterstützung treffen, die aus der unteren blau gestrichelten Linie, der Unterkante des grauen Keils und der Kurslücke vom 23. Dezember gebildet wird. Bei 15.600 Punkten hätte er zudem rund 56 % der Aufwärtsbewegung seit Ende Dezember korrigiert, was eine völlig normale Korrektur dieses steilen Anstiegs wäre. Und bis Freitag wäre seit dem jüngsten Hoch auch fast die gleiche Zeit verstrichen, die der Anstieg zuvor gedauert hat. Aus charttechnischer Sicht wäre dies also das perfekte Szenario.

Aber die Börse widersetzt sich oft der Perfektion, vor allem wenn sie so offensichtlich ist und erwartet wird. Dennoch sollten Sie dieses Szenario neben der Seitwärtsbewegung einkalkulieren.

Warum ein stärkerer Anstieg bis Freitag eher unwahrscheinlich ist

Der Weg nach oben wird dem DAX dagegen nicht nur durch die „Verfallstags-Barriere“ bei 16.000 Punkten erschwert (siehe oben). Charttechnisch trifft er dort auch auf einen starken Kreuzwiderstand, der durch die beiden horizontalen Niveaus bei 16.000 und 16.030 Punkten (das Hoch von Mitte August) und die Oberkante des Abwärtskeils gebildet wird.

Damit er diese Hürde überwindet, müssten also ein – besser mehrere – Unternehmen glänzende Zahlen vorlegen. Viele große Namen, welche die Kurse bewegen können, berichten aber in dieser Woche nicht. Aus dem wichtigen Tech-Sektor kommen eigentlich nur zwei infrage: der Hersteller von Anlagen für die Halbleiterindustrie Applied Materials und der Netzwerkausrüster Arista Networks.

Doch selbst bei herausragenden Zahlen werden die Investoren die Ergebnisse der Konkurrenzunternehmen abwarten, bevor sie sich neu engagieren. Es sind daher bestenfalls kurzfristige Kursausschläge zu erwarten, so dass das bullishe Szenario aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich ist.

Fazit

Je nach Trading-Strategie bis zum Verfallstag eignet sich daher das jüngste Zwischenhoch bei 16.090 Punkten entweder als Stopp- oder Basispreis-Niveau. Ich wünsche Ihnen für Ihre (Verfallstags-)Trades in jedem Fall viel Erfolg!

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert

(Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 18.01.22 09:02 Uhr