Der DAX zum großen Juni-Verfallstag
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
am Freitag dieser Woche ist der große Juni-Verfallstag. Die jüngsten Rückschläge haben das Szenario bis dahin etwas durcheinandergebracht. Aber für die Bullen besteht nun die Chance, dass ihnen die Stillhalter zu Hilfe kommen.
Das aktuelle Verfallstagsdiagramm
Das Verfallstagsdiagramm ist jedenfalls eindeutig:
Quelle: Eurex, eigene Darstellung
Es gibt wieder einmal eine sehr ausgeprägte Zweiteilung von bullishen Positionen (blaue Balken) und bearishen (rote Balken). Die Trennlinie verläuft bei 14.000 Punkten. Dieses Niveau hat der DAX am Freitag dynamisch unterschritten. Am Montag fiel er weiter und steht nun – bisher ohne merkliche Gegenbewegung – bei 13.427 Punkten.
Auf diesem Niveau ist er der drittgrößten Put-Position bei 13.000 Punkten näher als der zweigrößten bei 14.000 Punkten. Doch der Zug nach unten sollte durch die Put-Stillhalter gebremst werden. Natürlich wollen sie auf keinen Fall auch die 13.000er Position ins Geld laufen lassen. Aber noch viel lieber würden sie auch die kleineren Positionen bei 13.500 und 13.600 und vor allem die 14.000er Position retten.
Kurzfristig bearishe Charttechnik
Eine entsprechende Erholung könnte dies erreichen – auch wenn die Charttechnik zunächst wenig verheißungsvoll aussieht:
Nachdem der DAX im Gefolge der US-Indizes bereits am Mittwoch und Donnerstag nachgab, versetzten die schlechten US-Inflationsdaten den Aktienmärkten am Freitag einen weiteren kräftigen Schlag (siehe Börse-Intern vom Freitag). Dadurch rutschte der DAX – wie schon Sven Weisenhaus schrieb – unter die Aufwärtslinie, welche die Tiefs vom März und Mai verbindet.
Diese Linie kann auch als Unterkante eines Dreiecks (grau) angesehen werden, das dadurch nach unten verlassen wurde. Formal ist ein solches Dreieck eine Fortsetzungsformation, so dass nun weiter fallende Kurse zu erwarten wären.
Sehen wir wieder eine Dienstags-Umkehr?
Es gibt aber einige charttechnische Punkte, die gegen diese Interpretation sprechen – z.B., dass der Rückfall „zu früh“ geschah. (Laut Theorie hätte er erst nach einer weiteren, kleinen Aufwärtswelle zur Oberkante erfolgen sollen.)
Außerdem lässt sich sehr häufig der Effekt einer „Dienstags-Umkehr“ erkennen: Wenn die Kurse vor dem Wochenende, insbesondere am Freitag, stark fallen, setzen sich die Verluste auch am Montag und gegebenenfalls am Dienstag fort. Dann – oft am Dienstag im Tagesverlauf, mitunter auch schon am Montag vor Handelsschluss – beginnt eine Gegenbewegung, in der die Kurse zumindest kurzfristig wieder merklich steigen.
Eine solche kurzfristige Gegenbewegung würde unter Umständen ausreichen, um die Positionen der Put-Stillhalter aus dem Geld zu bringen. Dabei ist es durchaus realistisch, dass auch die 14.000-Punkte-Marke erreicht wird.
Die Bullen müssen kräftig mithelfen!
Allerdings werden die Stillhalter dies ohne Hilfe der Bullen nicht schaffen. Auch, wenn weitere belastende Nachrichten hinzukommen, dürfte es schwer werden, dieses Kursziel zu erreichen. Und natürlich hängt alles von den Vorgaben der US-Indizes ab, die den jüngsten Rücksetzer schließlich ausgelöst haben.
Im gestrigen Handelsverlauf deutete sich eine baldige Erholung noch nicht an: Der DAX sackte zur Eröffnung nochmals ab und ein weiteres Mal nach Beginn des US-Handels. Er verlor zwar nicht ganz so viel wie am Freitag, aber es gab gestern den zweithöchsten Tagesverlust seit dem Zwischenhoch Anfang Juni.
Wichtige Unterstützung können eine Umkehr unterstützen
Immerhin hielt zunächst die Unterstützung des Tiefs vom 09.05. Und die Bullen haben – nicht nur deswegen – durchaus eine gute Basis für einen Gegenschlag: Schon mit einer moderaten Erholung würde der DAX wichtige Unterstützungen zurückerobern, von denen die wichtigste sicherlich die rote Abwärtslinie ist. Darauf hatte auch Sven Weisenhaus schon hingewiesen. Je nach Positionierung der kurzfristigen Trader könnte es sogar zu einer Short Squeeze kommen.
Nach unten können die Bullen auf zwei starke übergeordnete Support-Niveaus bauen. Da ist zum einen das Niveau von 13.336 Punkten (dicke grüne Linie), die vom Zwischenhoch vom Juli 2020 und einem Rücksetzer im Januar 2021 gebildet wird, zum anderen eine etwas breitere Zone oberhalb der runden 13.000er Marke (grün schattiert), die in ähnlicher Weise Ende 2020 entstand.
Es könnte sich also lohnen, in dieser Verfallstagswoche antizyklisch auf eine Erholung bis 14.000 Punkte bis zum Verfallstermin am Freitag zu setzen. Und auch danach könnte der DAX weiter steigen – da nach dem Verfallstag die Put-Positionen zunächst verfallen sind.
Bei einem Rückfall unter das Mai-Tief droht dagegen ein Rutsch bis auf 13.000 Punkte.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)