DAX: Rekordstände passen zu Rekordergebnissen
Der DAX ist gestern zum fünften Mal in sieben Tagen auf ein neues Rekordhoch geklettert. Ohne den Blick auf den Chart und nur vor dem Hintergrund dieser Information könnte man meinen, die Aktienanleger seien in einer euphorischen Partystimmung. Und das dürften sie auch durchaus sein. Denn trotz Lieferengpässen und Materialknappheit haben die DAX-Unternehmen das dritte Quartal 2021 mit einem Rekordergebnis abgeschlossen.
DAX-Unternehmen erzielen Rekordergebnisse im 3. Quartal
Sowohl der Gesamtumsatz als auch die summierten operativen Gewinne der im Deutschen Aktienindex (DAX) notierten Konzerne lagen teils deutlich über den Werten des Vorjahreszeitraums, wie das Beratungs- und Prüfungsunternehmen EY errechnet hat. Aber das ist auch kein Kunststück, denn die Ergebnisse im Vergleichszeitraum 2020 fielen durch die Corona-Pandemie auch besonders schlecht aus.
Trotzdem sind die Ergebnisse bemerkenswert. Denn die Erlöse der Unternehmen summierten sich laut EY auf gut 380,5 Milliarden Euro (+8,6 % gegenüber dem Vorjahr), der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) erreichte knapp 35,7 Milliarden Euro (+152 %). Und in beiden Fällen handelt es sich den Angaben zufolge jeweils um den höchsten Wert für ein drittes Quartal seit Beginn der Auswertung im Jahr 2012. (Dabei hat EY seine Berechnungen rückwirkend angepasst, weil die erste deutsche Börsenliga seit dem 20. September 40 statt 30 Mitglieder hat.)
Dazu passen die Kursrekorde im DAX
Die Kursrekorde im DAX sind also angesichts der Rekordergebnisse der im Index enthaltenen Unternehmen absolut berechtigt. Und der DAX hat nun lange genug konsolidiert (siehe gelbes Rechteck im folgenden Chart), um den aktuellen Rekordlauf auch durchaus fortzusetzen. Schließlich lag der neueste Kursrekord des gestrigen Tages mit 16.122,76 Punkten nur weniger als 100 Zähler bzw. 0,58 % über dem ehemaligen Rekord vom 13. August (16.030,33). Und es sind nur rund 2 % mehr als am 14. Juni (15.802,67) oder nur 4 % mehr als am 19. April (15.501,84).
Allerdings möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die aktuellen Rekordergebnisse der DAX-Unternehmen im 3. Quartal 2021 erzielt wurden und dieser Zeitraum (Juli bis September) in der Vergangenheit liegt. Und womöglich sind diese Rekordergebnisse mit dem Rekordhoch des DAX vom 13. August bereits eingepreist worden.
Ein plausibles Szenario
Mit dem anschließenden Rücksetzer haben die Anleger danach vielleicht die derzeitigen Probleme in den Lieferketten und bei der Materialbeschaffung frühzeitig eingepreist. Und demnach setzten sie mit der aktuellen Rückkehr des DAX auf Rekordkurs darauf, dass sich die Schwierigkeiten langsam auflösen und die Gewinne im kommenden Jahr weiter sprudeln.
Die Bäume wachsen nicht in den Himmel
Das klingt nach einem sehr plausiblen Szenario. Aufwärtstrends an den Aktienmärkten sind damit begründet. Allerdings ragen die Bäume nicht in den Himmel. Und Wachstumsraten, wie wir sie in diesem Jahr gesehen haben, lassen sich auf absehbare Zeit nicht wiederholen. Schließlich war die Vergleichsbasis, wie oben bereits geschrieben, durch den Corona-Einbruch im vergangenen Jahr sehr niedrig. Und ein großer Teil des entstandenen Schadens ist inzwischen aufgeholt – abgesehen von dem Schuldenberg, der sich aufgetürmt hat, bei Staaten und Unternehmen. Das Abtragen dieser Schulden dürfte die Unternehmen längere Zeit belasten.
S&P 500: Höhere Gewinne in der Vergangenheit, niedrigere Erwartungen für die Zukunft
Aber dennoch sind die Aussichten aktuell durchaus positiv. Allerdings haben sich die Gewinnerwartungen für das 4. Quartal 2021 bei den Unternehmen aus dem S&P 500 erneut verringert:
(Quelle: Refinitiv, eigene Bearbeitung)
Dafür hat sich die Berichtssaison zum 3. Quartal 2021 noch einmal verbessert:
(Quelle: Refinitiv, eigene Bearbeitung)
Plus und Minus gleichen sich quasi aus. Und vielleicht haben sich die Aktienmärkte deshalb in den vergangenen anderthalb Wochen unter dem Strich kaum bewegt.
Fazit
Jedenfalls gibt es gute Gründe für die aktuellen Rekordstände an den Aktienmärkten. Es gibt aber auch gute Gründe für eine gewisse Skepsis. Diese hatte ich in den vorangegangenen Ausgaben der Börse-Intern erläutert (siehe zum Beispiel "Gefahr einer leichten Rezession vs. Rekordhochs im DAX" oder "Kursanstiege nehmen bereits fahnenstangenartige Züge an"). Je nachdem, aus welchem Blickwinkel man derzeit auf die Märkte schaut, kann man sich entweder ins Lager der Bullen oder der Bären einordnen.
Ich selbst bin zwar für den DAX eher bullish, beobachte die exzessiven Entwicklungen in den USA aber seit längerem mit Skepsis und erwarte für die US-Indizes daher immer noch einen größeren Rücksetzer. Und daraus resultiert mein Rat, Gewinne mitzunehmen oder diese zumindest enger abzusichern.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)