Achtung, Saisonalität in US-Zwischenwahljahren!
Vorgestern hatte ich noch geschrieben, dass ein geringeres Wachstum der Weltwirtschaft auch nicht spurlos an der US-Wirtschaft vorübergehen wird. Und wenig später (20 Uhr MEZ) war dann dem veröffentlichten Konjunkturbericht "Beige Book" der Notenbank Federal Reserve (Fed) zu entnehmen, dass die Wirtschaft in den USA zuletzt nur noch mit mäßigem Tempo gewachsen ist.
Die steigenden Preise trübten die Wachstumsaussichten, so die Fed. Und dies gelte auch für die durch jüngste geopolitische Entwicklungen entstandene Unsicherheit, fügte die Notenbank mit Blick auf den Ukraine-Krieg hinzu. Lieferkettenprobleme haben sich verstärkt, insbesondere auch durch die im Kampf gegen Corona verhängten Lockdowns in China.
Zwar profitierten Einzelhandelsfirmen laut Fed von der landesweit abklingende Corona-Krise, da sich die Verbraucher wieder spendabler zeigten, dennoch erwarten Experten für die nächste Woche anstehenden BIP-Daten für das erste Quartal 2022 nur noch ein Plus von annualisiert 1,0 %. Ende 2021 war die US-Wirtschaft, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), noch mit einem Plus von auf das Jahr hochgerechnet 6,9 % gewachsen.
Dow Jones klettert auf neues Hoch in der Kurserholung
Ich blicke daher aktuell etwas überrascht auf die Stärke des Dow Jones. Der Aktienindex konnte gestern sogar das Hoch vom 29. März überwinden und damit seine am 24. Februar begonnene (5-gliedrige) Kurserholung fortsetzen (dunkelgrüne Zahlen in den folgenden Charts).
Inzwischen habe ich auch eine Lösung für das Problem der Überschneidung in den Wellen 1 und 4 gefunden, über die ich am Dienstag mit dem folgendem Chart berichtet hatte (siehe rote Ellipse):
So könnte man das Hoch der Welle 1 vom 3. März auf den 25. Februar vorverlegen (siehe folgender Chart). Das höhere Hoch vom 3. März wäre dann Teil einer unregelmäßigen ABC-Korrektur (hellrote Buchstaben).
Das Hoch der Welle 1 lag in diesem Szenario bei 34.095,74 Punkten, das Tief der Welle 4 bei 34.102,81 Zählern. Damit sind die Wellen überschneidungsfrei. Und der gestrige Anstieg über das Hoch der Welle 3 ist Bestandteil der Welle 5.
Nächste große (ABC-)Korrektur droht
Die Bullen können sich somit über einen regelkonformen 5-gliedrigen Anstieg freuen – bis jetzt. Denn nun kommt für sie ein Problem ins Spiel. Denn auf einen 5-gliedrigen Aufwärtstrend folgt regelmäßig eine (ABC-)Korrektur.
Und diese würde zum saisonalen Muster des US-Präsidentschaftszyklus passen. In US-Zwischenwahljahren beginnt Ende April eine dynamische Abwärtsbewegung (in Form eines ABC-Musters), die sich bis Ende Juni erstreckt. Danach folgt eine (ABC-)Kurserholung, auf die bis Ende September noch ein neues Korrekturtief folgt.
2022 ist ein Zwischenwahljahr. Mein Optimismus hält sich daher trotz der bullishen Signale, die sich in den Aktienindizes seit dem 12. April zeigen, in Grenzen. Denn die nächsten 5 Monate (!) könnten schwierig werden und zu Kursverlusten führen.
Uneinheitliche Indizes mahnen zur Vorsicht
Diese Erwartung wird auch dadurch geschürt, dass sich die Aktienindizes uneinheitlich präsentieren. Während der Dow Jones seine Abwärtsbewegung am 12. April beendete und gestern schon über das Hoch vom 29. März steigen konnte, markierten S&P 500 und Nasdaq 100 am Montag dieser Woche noch ein neues Tief in der am 29. März begonnenen Abwärtstendenz. Und mit den Kursgewinnen von Dienstag ist ihnen erst ein starker Tag gelungen. Von einem Ende der Abwärtsbewegung kann man daher hier noch nicht sprechen.
DAX in Zwischenwahljahren besonders schwach!
Derweil folgen DAX und Euro STOXX 50 seit dem 12. April zwar dem Dow Jones, auch ihnen ist aber noch kein neues Erholungshoch gelungen. Und mit Blick auf den folgenden saisonalen Kursverlauf des DAX in Zwischenwahljahren, muss man bezweifeln, dass ein Erholungshoch noch gelingt.
Beim Anblick dieses Charts läuft es einem eher kalt den Rücken herunter. Denn im Gegensatz zum Dow Jones ist beim DAX bis Ende September mit Kurserholungen nicht zu rechnen. Stattdessen geht es in hohem Tempo abwärts.
Weiteres Warnsignal: Anleger wirken risikoscheu
Natürlich muss es dieses Jahr nicht so kommen. Schließlich ist auch Saisonalität nur Statistik und Wahrscheinlichkeit. Aber man sollte auch beachten, dass sich beim Blick auf die unterschiedlichen Kursentwicklungen der Indizes sagen lässt, dass derzeit eher defensive Werte gefragt sind. Und das spricht nicht gerade für eine hohe Risikobereitschaft der Anleger. Stattdessen tasten sie sich nur vorsichtig in den Markt. Und eine solche „zerbrechliche“ Marktlage kann sich sehr schnell wieder drehen. Es macht daher aus meiner Sicht Sinn, zumindest vorsichtig zu bleiben.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)