Wieso die Volatilität diese Woche zurückkehren könnte
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
am Freitag erwartet uns der November-Verfallstag. Entsprechend schauen wir uns aus diesem Anlass wie gewohnt das aktuelle Verfallstagsdiagramm für den DAX (das Sie – täglich aktualisiert – auch unter den Börsen-Tools auf unserer Webseite finden) an.
Das aktuelle Verfallstagsdiagramm im DAX
Dieses Mal liegen auffallend viele Call und Put-Positionen im bisherigen Kursbereich des DAX (siehe grüner Pfeil). Das Resultat ist ein regelrechter „Berg“, der potenziell eine große „Schwungmasse“ mitbringt, wenn der DAX-Kurs in die eine oder andere Richtung ausbricht. (Ein Hinweis für Neulinge bei der Interpretation der Verfallstagsgrafik: Vor einiger Zeit hatte ich in einem anderen Beitrag die Mechanismen der Bewegungen zum Verfallstag ausführlicher erläutert.)
(Quelle der Daten: EUREX)
Nichtsdestotrotz gibt es zwei „Leitplanken“, die die Bewegungen des DAX zunächst einschränken könnten: Auf der Oberseite befindet sich eine große Call-Position (blau) bei 13.300 Punkten – die größte Call-Position des aktuellen Verfallstagsdiagramms überhaupt. Diese war aber nur kurzzeitig relevant. Auf der Unterseite ist gestern die vergleichbar große Put-Position (rot) bei 13.000 Punkte als untere Leitplanke kurzzeitig durchbrochen worden.
Erneute Seitwärtsbewegung möglich
Bis zum Ende des Handelstages rettete sich der DAX aber wieder echt komfortabel über die 13.000er Marke. Somit bietet sich erneut die Möglichkeit einer Seitwärtsbewegung bis zum Verfallstag (diesmal zwischen den genannten Marken 13.000 bis 13.300 Punkte). Jedoch sehen wir bei diesem Verfallstag im Vergleich zu den Vorherigen einen kleinen, aber feinen Unterschied: Und zwar steckt der DAX noch in einer Abwärtsbewegung vom jüngsten Hoch aus. Zudem ist diese- trotz der gestrigen Erholung nach den kräftigeren Kursverlusten - weiter intakt. Demnach war damit zu rechnen, dass der DAX in dieser Woche auf der 13.000er Marke aufschlagen wird – so ist es dann gestern auch geschehen.
Das bedeutet für uns, dass es jetzt noch einmal richtig spannend werden kann! Folgt man der bisherigen Verfallstagsanalyse, kann man nach der gestrigen Umkehr mit einer Fortsetzung der Seitwärtsbewegung in den genannten Grenzen nach oben rechnen. Dabei bietet die 13.000-Punkte-Marke auch charttechnisch eine weitere, sehr gute Unterstützung.
Das Seitwärtsszenario bietet Tücken
Doch es gibt einige Tücken. Dazu der Blick auf einen einfachen DAX-Chart:
Man sieht den Aufwärtstrend im DAX seit Mitte 2016. Dessen untere Begrenzung liegt derzeit unterhalb von 13.000 Punkten; konkret: bei 12.870 Punkten. Im Verlauf der laufenden Abwärtsbewegung könnten wir also durchaus einen weiteren Test dieses Trends an dieser Unterkante sehen.
Weiterhin befindet sich unterhalb der 13.000er Marke auch das alte Hoch vom Juni (12.951,54 Punkte; obere grüne Linie). Im gestrigen Handelsverlauf erreichte der DAX fast diese Marke, so dass dieser Widerstand bereits erfolgreich getestet wurde. Zusätzlich verläuft dann auch noch die wichtige 38,2%-Fibonacci-Linie (blau) bei knapp 12.900 Punkten.
Es dürfte also nicht für Verwunderung gesorgt haben, dass der DAX bei seinem Test der 13.000er Marke nach unten „durchschlägt“, wie wir es gestern bereits gesehen haben. Entsprechend kann es mit Blick auf die Verfallstagspositionierungen möglicherweise etwas kritisch werden, sofern sich der Kursverfall in dieser Woche weiter fortsetzt.
Rückfall-Szenario bis 12.500 Punkte
Schließlich müssen die Stillhalter die 13.000er Put-Position unterhalb von 13.000 Punkten absichern. Dadurch würde die Abwärtsbewegung des DAX weiter verstärkt oder wieder angestoßen werden. Gleichzeitig befinden sich unter der 13.000-Punkte-Marke zurzeit viele Stopps. Wenn diese dann ausgelöst werden, könnte weiterer Verkaufsdruck aufkommen.
Bei dem dann vollendeten Fehlausbruch dürfte der DAX danach rasch bis 12.750/12.700 Punkte abstürzen. Bei 12.750 Punkten befindet sich die nächstgrößere Put-Position in der Grafik, bei 12.700 Punkten sogar die zweitgrößte überhaupt. Bei 12.676,52 Punkten als auch bei 12.697,20 Punkten warten dann zwei weitere klassische charttechnische Unterstützung durch das Zwischenhoch vom Juli und der 50%-Fibonacci-Linie
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Stillhalter Interesse daran haben, auch noch diese Position ins Geld laufen zu lassen. Es sollte sich dann also an dieser Stelle eine erste Bodenbildung im DAX im DAX zeígen – auch weil er in diesem Fall sehr stark überverkauft wäre. (Wie gesagt, dieser Kursrutsch müsste sich ja innerhalb weniger Tage, nämlich bis zum Verfallstag am Freitag, abspielen!) Nur in dem Fall, dass auch die 12.700er Marke von den Bären durchschlagen wird, könnte man die 12.500er Marke als Unterstützung in Betracht ziehen. An dieser Stelle liegt nämlich die größte Put-Position. Unter normalen Umständen ist ein derartiger Kurssturz in so kurzer Zeit im DAX eigentlich nicht zu erwarten.
So könnte die Woche aussehen
Meiner Meinung nach wird es jedoch an der 13.000er Marke nicht zu einem sofortigen Durchbruch kommen. Ich denke, hier wird es eher, wie auch gestern schon, zu einem heftigen Gerangel zwischen Bären und Bullen kommen. Schließlich werden die Stillhalter zunächst natürlich versuchen, bereits an dieser wichtigen Marke die dortige Put-Position aus dem Geld zu halten. Da es aber dazu kommen kann, dass einige Stopps ausgelöst werden, kann es immer wieder dynamische Kursstürze geben, welche die Bullen und Stillhalter dann aufhalten müssen.
Wir könnten es also in den nächsten Tagen mit etwas mehr Volatilität am Markt zu tun haben. Das ist für Day-Trader unter Umständen ein Segen, für andere Anleger dagegen wohl eher ein nervenzehrendes Spektakel. Da Sie aber in dem Fall wissen, wieso die Schwankungsbreite zunimmt, können Sie Ruhe bewahren. Und möglicherweise gelingt Ihnen ja auch der eine oder andere lukrative Verfallstags-Trade.
Viel Erfolg wünscht Ihnen dabei
Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)