Was will uns die Fed wirklich sagen?
Zur vorgestrigen Gold-Analyse möchte ich noch zwei interessante Fakten nachliefern: In einem längerfristigen Gold-Chart findet sich eine Aufwärtstrendlinie, die sich der Goldpreis bei seinem kurzfristigen Doppelboden zu Nutze gemacht hat (siehe grüner Pfeil im folgenden Chart).
Dieser Doppelboden wurde zudem exakt am 50%-Fibonacci-Retracement gebildet, welches zu der Aufwärtsbewegung dieser Trendlinie gehört. Bei der Abwärtsbewegung seit August 2020 handelt es sich also auch aus Sicht der Fibonacci-Marken um eine völlig normale Korrektur nach zuvor sehr starken Kursgewinnen. Das passt zu meiner vorgestrigen Elliott-Wellen-Analyse, wonach das Edelmetall eine ABC-Korrektur gebildet und inzwischen womöglich schon hinter sich gelassen sowie den übergeordneten Aufwärtstrend wieder aufgenommen hat. Aus Sicht der Charttechnik ist die Situation des Goldpreises also übergeordnet betrachtet noch bullish.
Reduzierung der Anleihekäufe lange vor einer Leitzinsanhebung
Allerdings, und damit komme ich zum zweiten Fakt, hat Jerome Powell, Chef der US-Notenbank (Fed), am Mittwoch auf einer Online-Veranstaltung des Economic Club of Washington gesagt, dass die Fed das Zurückfahren ihrer Staatsanleihekäufe lange vor einer Zinserhöhung ins Auge fassen wird. Nun stellt sich natürlich noch die Frage, was „lange vor“ bedeutet. Doch dass der Fed-Chef diese Aussage getroffen hat, kann man durchaus als weiteres Puzzlestück einer Vorbereitung der Märkte auf das zukünftige Zurückfahren der Anleihekäufe sehen.
Im Mittel erwartete die Führungsebene der Notenbank zuletzt, dass der Leitzins noch bis Ende 2023 in der Spanne von 0 % bis 0,25 % gehalten wird (siehe auch Börse-Intern vom 18. März).
(Quelle: federalreserve.gov)
Und laut Powell sei eine Anhebung des Schlüsselsatzes bereits im laufenden Jahr sehr unwahrscheinlich. Letztlich komme es aber darauf an, wann die Fed die angestrebten Ziele erreiche, so der Fed-Chef.
Wann sind substanzielle Fortschritte erreicht?
Ein aktuelles Ziel der US-Notenbank ist es bekanntlich, „substanzielle Fortschritte“ auf dem Weg zu Vollbeschäftigung und Preisstabilität zu erreichen. Und den Umfang ihrer monatlichen Wertpapierkäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar will sie so lange beibehalten, bis dieses Ziel erreicht ist.
Nun wurden alleine im vergangenen Monat schon mehr als 900.000 neue Stellen in den USA geschaffen (siehe auch Börse-Intern vom 6. April).
Und vorgestern wurde gemeldet, dass die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe auf 576.000 gesunken sind. Das ist der tiefste Stand seit die Corona-Pandemie die USA im Frühjahr 2020 mit voller Wucht erfasste. Weniger Anträge wurden zuletzt am 19. März 2020 mit 282.000 gemeldet.
Und damit stellt sich auch die Frage, was die US-Notenbank als „substanzielle Fortschritte“ betrachtet. Jedenfalls sah sich Powell genötigt zu erwähnen, dass die Phase des Herunterfahrens der Anleihenkäufe „sehr wahrscheinlich lange vor“ einer Zinserhöhung erreicht sein werde.
Und so muss ich die Träume der Goldbullen leider platzen lassen bzw. ihnen zumindest ein wenig die Suppe versalzen, indem ich noch einmal auf die vorgestern bereits beschriebene Möglichkeit verweise, dass es Gold wahrscheinlich spätestens in der zweiten Jahreshälfte wieder schwer haben wird, Kursgewinne zu erzielen oder auch nur das aktuelle Niveau zu halten. Denn womöglich steht dann schon ein Plan für die neuerliche Trendumkehr in Sachen Geldpolitik fest.
Gold arbeitet am Trendbruch
Aktuell stehen die Börsenampeln für den Goldpreis im kurzfristigen Bereich aber auf Grün. Zumal es dem Edelmetall womöglich tatsächlich gelingt, den Abwärtstrendkanal zu brechen (siehe grüner Kreis im folgenden Chart).
In diesem Fall sollte die begonnene Kurserholung weitergehen. Aber ich fürchte, dass der Goldpreis durch einen Anstieg der Renditen letztlich belastet bleiben wird und kein großes Aufwärtspotential hat.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)