Warum die Aktienmärkte noch nicht vom Kurs abgebracht werden
Die politischen Entwicklungen in Italien und Spanien sowie der Handelsstreit mit den USA belasten den Nasdaq100 wie auch den DAX kaum. Damit war auch zu rechnen. Bereits in der Börse-Intern vom 8. Mai erläuterte ich, dass vom geopolitischen Geschehen (Syrien, Iran-Deal, Handelskonflikt, etc.) nur eine relativ geringe und immer nur kurzfristige Gefahr für die Aktienkurse ausgeht. Das selbe trifft natürlich auch auf die Regierungsbildung in Italien und Spanien zu.
Werfen wir dazu einen Blick auf den folgenden 5-Minuten-Chart des DAX aus unserem Börsendienst „Target-Trend-Spezial“. Hier sieht man, wie der DAX in relativ engen Bahnen um eine Parallellinie (gelber Pfeil) pendelte. Mit Ausnahme eines kurzen Ausbruchs nach unten, der sich aber als Bärenfalle herausstellte. Hätte ich mich ganz auf die teils dramatisch anmutenden Nachrichten verlassen, hätte ich bestimmt mit einem ganz anderen Kursverlauf gerechnet - mit klar fallenden Kursen im DAX.
Gut, dass die Aktienmärkte aber meist eher rational reagieren. Genauso wie die Anleihenmärkte, die vom politischen Hin und Her in Italien deutlich stärker beeinflusst wurden (siehe „Italien-Krise sorgt für panikartige Kursbewegungen“) und sich dennoch schnell wieder beruhigten.
Am Ende entscheidet die Umsetzung der Maßnahmen
Eine endgültige Entwarnung kann man aber nicht geben. So sagte auch der scheidende Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Vítor Constancio, im Bezug auf die Folgen einer abermaligen Staatsschuldenkrise in Richtung Italien, dass die Märkte „in ihrer Wahrnehmung sprunghaft seien und sich die Risikoeinschätzung für einen Schuldner abrupt und schnell ändern können, manchmal mit gravierenden Folgen“. Es könnte also zu neuen Kurssprüngen durch weitere Hiobsbotschaften kommen. Eine Gefahr, die an den Börsen aber von jeher vorhanden ist. Man sollte bis dahin aber erst einmal abwarten, was die neuen Regierungen in Italien und Spanien wirklich unternehmen werden. Schließlich sind für die Märkte am Ende nicht die Wahlkampfversprechen der Regierung entscheidend, sondern die tatsächliche Umsetzung von Maßnahmen.
Nur moderate Auswirkungen der US-Strafzölle auf EU-Wirtschaft
Und auch die bisherigen Entwicklungen im Handelsstreit dürften nur bedingt für stark fallende Kurse von DAX & Co. Gesorgt haben. Bereits am 23. Mai schrieb ich, dass der Handelskonflikt nur einen schwachen Effekt auf die Kurse ausübt, da die Belastungen durch die bisher beschlossenen und in Aussicht gestellten Zölle noch sehr moderat sind. Dies bestätigte auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann beim G7-Finanzministertreffen im kanadischen Whistler gegenüber dem ZDF. Die unmittelbaren Auswirkungen der jetzigen Beschlüsse würden nur ca. 0,04 % des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union ausmachen, so Weidmann. Von einem Horrorszenario kann man hierbei nicht sprechen.
Eskalation in Zeitlupe
Nichtsdestotrotz dürfte eine Eskalation des Konflikts die Aktienkurse theoretisch erneut belasten und ein solches Szenario ist auch durchaus denkbar. So hat die EU gemeinsam mit Kanada und Mexiko bereits Gegenmaßnahmen zu den US-amerikanischen Strafzöllen auf Stahl und Aluminium vorbereitet. Der Welthandelsorganisation WTO wurde bereits im ersten Schritt eine Klage eingereicht. Sollte die WTO zu dem Schluss kommen, dass der von US-Präsident Trump angeführte Grund für seine Zölle nicht ausreichend ist, wären Gegenzölle zulässig - im Falle der EU wären das rund 2,6 Milliarden Dollar. Trump könnte dann wiederum mit Zöllen auf zum Beispiel Automobile und -teile antworten und so weiter.
Es bleibt also noch viel Spielraum übrig für weitere Eskalationsstufen. Jedoch sorgen die einzuhaltenden Fristen - laut EU-Kommission wäre die Verhängung von ersten Gegenzöllen nach einer 30-Tages-Frist frühestens ab dem 18. Juni möglich – für eine langsame Ausweitung des Konfliktes. Dadurch bekommen die Aktienmärkte genug Zeit, sich darauf vorzubereiten.
Aktienmärkte halten an ihren Trends fest
Dementsprechend bergen die Entwicklungen, die derzeit täglich in den Nachrichten sind und so auch recht bedrohlich für die Börsen wirken, kaum das Potential, die eingeschlagene Kursrichtung der Aktienmärkte zu ändern. So stecken die US-Indizes weiterhin in ihrer Seitwärtstendenz fest, während der DAX unverändert auf Kurs bleibt.
Denn der deutsche Leitindex überwand gestern im Hoch fast wieder die Mittellinie bei 12.945 Punkten (siehe roter Pfeil im folgenden Chart). In der vergangenen Woche schaffte er es noch die Rechteckgrenze bei 12.590 Zählern erneut knapp zu verteidigen (grüner Pfeil).
Somit ist dem DAX der Test des Ausbruchsniveaus (siehe Börse-Intern vom vergangenen Mittwoch) erfolgreich gelungen und die Bullen haben weiterhin die Chance auf weiter steigende Kurse. Zwar scheiterte der DAX gestern noch an der Mittellinie bei 12.945 Punkten und ging in Deckung. Dies sollte aber nicht negativ bewertet werden. Im Gegenteil: Mit dieser aktuellen Nachrichtenlandschaft im Rücken steht der DAX noch weiterhin sehr solide da. Im Vergleich zur Analyse vom vergangenen Mittwoch gibt es insofern kaum eine Veränderung.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)