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OPEC-Förderkürzungen ohne Wirkung?

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

Auf der letzten Sitzung der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) haben sich die beteiligten Staaten und weitere elf Länder, die nicht in der OPEC sind, auf eine Verlängerung der Öl-Förderkürzungen für die nächsten neun Monate geeinigt. Diese Einigung wurde erwartet und damit bleibt die Förderkürzung nun bis März 2018 bestehen (siehe dazu auch Börse-Intern vom 17. Mai).

Interessant ist, dass dieser Beschluss nicht, wie man hätte erwarten können, zu steigenden Notierungen führte, sondern der Ölpreis um ca. 5 Prozent regelrecht einbrach (siehe roten Pfeil im Chart unten). Doch das war nur der Anfang. Anschließend rutschten die Kurse in den kommenden Wochen sogar noch auf ein 16-Monats-Tief. Mit diesem Kursrückgang wurde dann auch noch die seit März 2016 geltende Seitwärtsrange (gelbes Rechteck) nach unten aufgelöst:

Rohöl der Sorte WTI - Chartanalyse

Was sind die Ursachen dieser Reaktion des Marktes?

Die Höhe der Reduzierung reicht nicht aus

Zunächst einmal wurde eben diese Einigung vom Markt erwartet. Und darauf wurde spekuliert. Das erkennt man daran, dass die Kurse bis zu diesem Ereignis (roter Pfeil) ansteigen. Als die Einigung dann beschlossen wurde kam es zu Gewinnmitnahmen. Es ist das typische Prozedere, dass durch den Satz „Buy the rumors, sell the facst“ (Kaufe die Gerüchte, verkaufe die Tatsachen) beschrieben wird.

Aber das ist nicht der einzige Grund. Auf der anderen Seite entspricht die Reduzierung der Fördermenge um täglich 1,8 Millionen Barrel (je 159 Liter) nur ca. zwei Prozent der weltweiten Produktion. Offenbar sind die Märkte der Meinung, dass das nicht ausreicht, um das Überangebot zurzeit zu kompensieren.

Das Ziel des OPEC-Beschluss war es, unter anderem die historisch hohen Öllagerbestände abzubauen. Doch nach den jüngsten Daten der International Energy Agency (IEA) ist in den Industrieländern stattdessen sogar ein weiterer Anstieg der Lagerbestände zu erkennen. So stiegen die Lagerbestände allein im April um 18,6 Millionen Barrel. Damit liegen Sie um 292 Millionen Barrel über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre! Die Ölvorräte der OECD (Der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) belaufen sich zurzeit auf mehr als 3 Milliarden Barrel und notieren somit 250 Millionen höher als das von der OPEC angestrebte Ziel.

USA machen Ziele der OPEC zunichte

Ein Grund für diesen Anstieg ist, wie schon in der Börse-Intern vom 17. Mai beschrieben, dass die steigende Ölfördermenge der USA die Kürzungen der OPEC mehr als ausgleicht. Als ich diesen Text schrieb, lag die Zahl der Bohrlöcher bei 712. Nach nur zwei Monaten ist diese auf 747 Bohrlöcher angestiegen. Das ist ein Anstieg von 18 Prozent in zwei Monaten. Auf Jahressicht ist sogar ein Anstieg von 123 Prozent zu verzeichnen.

Ohne Disziplin werden die Ziele nicht erreicht

Doch noch ein Punkt konterkariert die Ziele der OPEC. Und dieser liegt bei den OPEC-Länder selbst. Denn diese halten sich nicht an die beschlossenen Pläne zur Förderbegrenzung. So legte nach Angaben des Kartells die Ölförderung im Mai um 1,0 Prozent auf 32,124 Millionen Barrel zu, statt zu sinken. Dies zeigt wie fragil diese Einigungen sind.

Der Abwärtstrend ist nur die logische Folge

Mit diesem Wissen ist der Kursrückgang leicht zu verstehen. Und es verwundert nicht, dass  ein klarer Abwärtstrendkanal entstanden ist (rot im Chart oben). Doch wie geht es weiter?

Kurzfristige Reboundmöglichkeit

Man kann also den aktuellen Kursrückgang als übertrieben ansehen. Zumindest ist der Markt überverkauft. Langfristig wird der Ölpreis mit hoher Wahrscheinlichkeit immer wieder in Richtung der 50-Dollar-Marke steigen. Da er nun an der unteren Seite des Abwärtstrendkanals steht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er nun wieder zu oberen Grenze dieses Trends ansteigt. Und diese liegt zurzeit ebenfalls im Bereich der 50-Dollar-Marke.

Aber auf fundamental gibt es Gründe. Dazu ein Zitat aus der Börse-Intern vom 17. Mai:

Dabei muss die OPEC eigentlich nur noch eine gewisse Zeit überbrücken, bis das Ölangebot unabhängig von der beschlossenen Angebotsverknappung knapp wird. Dies geht zumindest aus der jüngsten Fünfjahresprognose der Internationalen Energieagentur IEA zum globalen Ölmarkt hervor. Laut der IEA-Analyse waren die jährlichen Einnahmen der OPEC-Länder wegen des Ölpreisverfalls zwischen 2012 und 2016 von 1,2 Bio. US-Dollar auf 450 Mrd. US-Dollar zurückgegangen. Und dies hatte zur Folge, dass die Förderfirmen die Gürtel enger zogen. Die Investitionen gingen 2015 und 2016 um jeweils etwa 25 Prozent zurück. Deshalb könnte innerhalb von wenigen Jahren der Nachschub schwächeln, so die IEA.

Eine kleine Long-Position ist sicherlich bereits jetzt interessant. Besser wäre es aber, noch eine deutliche Umkehrformation abzuwarten.


Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 22.06.17 13:53 Uhr