Neue Zölle – möchte Trump jetzt den Dollar schwächen?
Es schien vorgestern so, als könnten die Aktienmärkte die Zinsentscheidung der US-Notenbank schnell abhaken. Die zwischenzeitlichen Verluste der US-Indizes wurden fast vollständig wieder aufgeholt. Doch dann twitterte US-Präsident Trump gegen 19:30 Uhr (MESZ), dass er die bereits angekündigten Zölle auf die restlichen China-Importe im Volumen von rund 300 Milliarden Dollar einführen möchte. Abgaben in Höhe von 10 % würden ab 1. September zunächst darauf fällig.
Spielt China auf Zeit?
Offenbar war Trump unzufrieden mit dem Verlauf der Handelsgespräche und der aus seiner Sicht auf Zeit spielenden Chinesen. Genau davor hatte er die Chinesen schon kurz vor Ende der jüngsten Verhandlungsrunde am vergangenen Mittwoch gewarnt, ebenfalls per Twitter. Wenig später wurden die ersten Handelsgespräche seit dem Scheitern der Verhandlungen im Mai ohne sichtbare Fortschritte beendet und lediglich vereinbart, diese Anfang September in Washington fortzusetzen.
Mit dem neuen Zollsatz in Höhe von 10 % blieb Trump zunächst unter dem Satz von 25 %, den er auf die bislang schon betroffenen Warenimporte im Volumen von 250 Milliarden Dollar aufgeschlagen hat. Doch wenig später sagte er vor Journalisten, dass er die Zölle anheben könne, auch auf über 25 %.
Aktienmärkte erhalten den nächsten Dämpfer
Den Aktienmärkten hat er damit einen kräftigen Dämpfer verpasst. Der Dow Jones ist inzwischen sogar unter das ehemalige Allzeithoch von Anfang 2018 (ganz links im folgenden Chart) zurückgefallen.
Und damit könnte sich der jüngste Ausbruch über diese Marke wieder nur als Fehlsignal und „Überschießen auf der Oberseite“ herausstellen, so wie es auch im Herbst 2018 der Fall war. Eine Fortsetzung der Seitwärtstendenz (gelbes Rechteck) ist nun denkbar. Alternativ kann man aber – und das wäre das deutlich bearishere Szenario – den Anstieg bis an die blaue Aufwärtslinie und den anschließenden Kursrutsch als eine Bestätigung der Trompeten-Formation sehen.
Ein ähnliches Schicksal droht dem S&P 500, der zwar noch nicht so stark abgegeben hat, sich aber gerade aufmacht, zumindest die beiden Hochs an der Marke von 2.940 Punkten zu unterschreiten und damit ebenfalls einen Fehlausbruch in Form einer Bullenfalle zu komplettieren.
Auch hier ist das Trompeten-Szenario also nun ein großes Stück wahrscheinlicher geworden.
Donald Trump möchte den Dollar schwächen
Allerdings gelang es Donald Trump mit den neuen Zolldrohungen auch, den Dollar zu schwächen. Und dies ist eines seiner Ziele. Denn er hat schon mehrfach betont, dass der Dollar aus seiner Sicht zu stark sei und andere Währungsräume dadurch Vorteile im Handel hätten. Und da ihm die aktuelle Geldpolitik der US-Notenbank trotz der jüngsten Zinssenkung nicht ausreichend ist, könnte er nun selbst Maßnahmen ergreifen, um die heimische Währung zu schwächen und damit die US-Exporte zu unterstützen. Und eine solche dienliche Maßnahme sind eben (unter anderem) auch Zölle.
Zumal diese für ihn gleich zwei Vorteile haben: Einerseits wird der Dollar schwächer, weil der Devisenmarkt mit den Zöllen auch eine Schwächung der US-Wirtschaft verbindet. Andererseits werden chinesische Waren teurer, so dass diese weniger wettbewerbsfähig sind. Die Importe von chinesischen Waren in die USA könnten also abnehmen und damit das von Trump so gehasste Handelsdefizit mit dem asiatischen Land endlich schrumpfen.
Tatsächlich ist das Defizit jüngst bereits geschrumpft. Es sank im Juni um 0,8 % auf 30 Milliarden Dollar, wie das Handelsministerium gestern mitteilte. Die Importe aus der Volksrepublik fielen um 0,7 %, während sich die Exporte der USA dorthin kaum veränderten.
EUR/USD nutzt Unterstützung und testet das Ausbruchsniveau
Und der Euro konnte die vorgestern beschriebene untere Linie der Keilformation (blau) als Unterstützung nutzen und wieder zulegen.
Allerdings stieg er bislang lediglich zurück an die Korrekturtiefs vom Frühjahr (roter Pfeil). Er testet also das Ausbruchsniveau von unten. Kann er dieses zurückerobern, nimmt das Szenario Form an, wonach der Wechselkurs vielleicht lediglich die moderate Abwärtstendenz fortsetzt, in die er Ende 2018 eingeschwenkt ist oder gar in eine Seitwärtstendenz übergeht.
Es war also vorgestern genau der richtige Tipp, zunächst abzuwarten, ob die jüngsten Marktbewegungen nachhaltig sind. In den US-Indizes wurden die Short-Signale bestätigt, im EUR/USD hingegen nicht. Bei letzterem wäre man mit einem zu frühen Short-Einstieg auf die Nase gefallen, bei ersteren kann man einen Trade wagen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)