Fundamentaldaten stützen den Kursanstieg von DAX & Co. weiterhin nicht
Mit dem erreichten Maximalkursziel einer Gegenbewegung bzw. Kurserholung (siehe Börse-Intern vom 24. April) steht der DAX aktuell an einer entscheidenden Marke, die zwischen Bullen- und Bärenmarkt unterscheiden kann. Gelingt dem DAX der Anstieg über dieses Niveau (das 61,80%-Fibonacci-Retracement bei 12.329,53 Punkten), gilt die vor mehr als einem Jahr begonnene Korrektur als beendet. Taucht der DAX aber nun wieder nach unten ab, könnte er auch durchaus wieder in Richtung Bärenmarkt tendieren.
Und letzteres ist nicht unwahrscheinlich. Denn fundamental fehlt es weiterhin an Gründen für die aktuell bullishe Entwicklung der Aktienmärkte, weil weder die „harten“ Wirtschaftsdaten noch die „weichen“ Stimmungsindikatoren auf ein Ende der Tendenz eines schwächeren Wirtschaftswachstums hindeuten.
ifo-Index enttäuscht
So hat erst vorgestern der ifo-Geschäftsklimaindex die Markterwartungen klar enttäuscht. Denn statt eines zweiten Anstiegs in Folge kam es schon wieder zu einem Rückgang - von 99,7 Punkten im März auf 99,2 Zähler im April. Im Monat zuvor hatte der Frühindikator für die deutsche Wirtschaft noch das erste Mal seit sechs Monaten zugelegt. Doch nun hat sich dieser Anstieg vorerst als Eintagsfliege herausgestellt.
Wobei der aktuelle Wert immerhin noch oberhalb des Tiefs von Februar (98,7) liegt und sich mit dem Umfrageergebnis im Mai somit noch eine Aufwärtstendenz etablieren könnte. Doch das ist lediglich den Dienstleistern und dem Bauhauptgewerbe zu verdanken, welche die Fahne noch oben halten. Und leider war nicht nur die schlechtere Einschätzung der Lage (blaue Linie im Chart oben) für den neuerlichen Rückgang verantwortlich, sondern auch die Geschäftserwartungen (grün) sind wieder etwas gesunken.
ifo-Index bestätigt Einschätzung der Einkaufsmanager
Auch die Einkaufsmanagerindizes für den Monat April waren nicht gerade geeignet, den Kursanstieg des DAX in Gänze zu begründen. Stattdessen bestätigt das Umfrageergebnis des ifo-Instituts lediglich die bereits vor einer Woche veröffentlichte Einschätzung der Einkaufsmanager. Denn auch bei den von IHS Markit ermittelten Stimmungsindikatoren deutet sich nur aufgrund einer kräftigen Expansion im Servicesektor ein leichtes Wirtschaftswachstum an.
Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich (Service-PMI) in Deutschland ist von 55,4 Punkten im März auf nun 55,6 Punkte angestiegen und macht damit die Schwäche der Industrie wett. Der aktuelle Stimmungsanstieg der Dienstleister war sogar bereits der vierte in Folge und es wurde der beste Wert seit September 2018 erreicht. So konnte der „IHS Markit Flash Deutschland Composite Index Produktion" gegenüber dem 69-Monatstief vom März um 0,7 Punkte auf 52,1 zulegen.
Noch wächst die deutsche Wirtschaft insgesamt
Und aufgrund dieser Entwicklung habe ich oben auch bewusst von einer „Tendenz eines schwächeren Wirtschaftswachstums“ geschrieben. Denn man darf trotz der zuletzt vielfach enttäuschenden Konjunkturdaten nicht vergessen, dass die deutsche Wirtschaft in den vergangenen 15 Quartalen nur ein einziges Mal leicht geschrumpft ist.
Schwache Auftragseingänge deuten auf anhaltende Schwäche
Die deutsche Wirtschaft ist aber inzwischen sehr nah dran an einer anhaltenden Stagnation. Dies zeigt der Blick auf die Detaildaten der Einkaufsmanager. Denn inzwischen schwächt sich auch bei den Dienstleistern der Auftragseingang ab. Zudem mussten die Industriebetriebe beim Exportneugeschäft jüngst das zweithöchste Minus seit 10 Jahren hinnehmen, wobei auch im Servicesektor die Exportneugeschäfte mit beschleunigter Rate sanken. Und daher schlugen laut IHS Markit beim Gesamt-Auftragseingang von den Auslandsmärkten die höchsten Verluste seit Beginn der Erhebung dieser kombinierten Daten im September 2014 zu Buche. Und da der Auftragseingang ganz vorne im Produktionsprozess steht, sind die weiteren Aussichten für die deutsche Wirtschaft eher noch abwärts gerichtet. Die gestiegenen Aktienkurse stehen also auf wackeligen Beinen.
Gibt der ZEW-Index Hoffnung auf eine wirtschaftliche Stabilisierung in Deutschland?
Lediglich der ZEW-Indikator folgt bislang dem DAX. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland sind im April 2019 um 6,7 Punkte angestiegen und liegen damit nun sogar wieder leicht im positiven Bereich bei +3,1 Punkten. Seit dem Tiefpunkt des ZEW-Index im Oktober letzten Jahres haben sich die Konjunkturerwartungen nun schon zum sechsten Mal in Folge und insgesamt um 28 Punkte verbessert.
Doch hier werden auch Finanzexperten befragt. Und deren Stimmung hebt sich häufig mit steigenden Aktienkursen. Der ZEW-Index gibt damit alleine noch keine Hoffnung auf eine wirtschaftliche Stabilisierung in Deutschland.
Daher muss man den Kursanstieg der Aktienmärkte leider weiterhin sehr skeptisch betrachten. Zumal sich die längst schon überkaufte Situation mit jedem weiteren Kursanstieg verschärft. Teil-Gewinnmitnahmen und nachgezogene Stopps bleiben daher das Mittel meiner Wahl.
Wenn die Aktienkurse weiter steigen und bald auch die Stimmungsindikatoren eine Trendwende anzeigen, kann man wieder stärker in den Aktienmarkt einsteigen. Vielleicht kann man dann nach einer Gegenbewegung die verkauften Positionen zu günstigeren Kursen wieder zurück ins Depot holen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)