Euro-Aktien beflügelt, Dollar-Werte gebremst
Die Reihe der Unternehmen mit Gewinnwarnungen wird immer länger. Doch es gibt aktuell auch einige positiven Nachrichten. Und diese haben trotz der jüngsten Negativmeldungen (von Continental, Jungheinrich, Dürr, Klöckner & Co., Brenntag, etc.) zu einer kurzfristig bullishen Stimmung an den Aktienmärkten geführt.
US-Haushalt bis Oktober 2021 finanziert
So hat es in den USA eine Einigung bei den Staatsausgaben und dem Haushalt gegeben. Durch eine Anhebung der Schuldenobergrenze ist der Staatshaushalt bzw. dessen Finanzierung bis 30. September 2021 gesichert. Zwar müssen noch entsprechende Beschlüsse gefasst und das Gesetz von US-Präsident Donald Trump unterschrieben werden, doch angesichts der Einigung zwischen Republikanern und Demokraten gilt dies nur noch als Formalie. Ein neuer Haushaltsstreit und ein damit möglicher „Government Shutdown“ (Regierungsstillstand) wurden somit vermieden.
Signale zur Entspannung der Handelsstreitigkeiten
Zudem gibt es neue Aussichten auf eine Einigung bei den Handelsstreitigkeiten. Die EU will den USA anbieten, sämtliche Zölle auf Industrieprodukte auf null zu senken, um neue, von beiden Seiten bereits angedrohte Zölle zu verhindern. Und in Sachen Huawei hat sich Donald Trump gestern mit einigen großen US-Technologiefirmen getroffen und dabei in Aussicht gestellt, eine zügige Entscheidung über die Wiederaufnahme der Geschäfte heimischer Unternehmen mit dem chinesischen Netzwerkbauer zu treffen. Außerdem werden Unterhändler der US-Regierung in der kommenden Woche wahrscheinlich zu Gesprächen nach China reisen. Es wäre das erste Treffen seit dem G20-Gipfel Ende Juni in Japan.
Neue Gründe für eine Zinssenkung
Und in Sachen Geldpolitik gibt es wieder Anzeichen, die auf eine lockerere Geldpolitik der Notenbanken hindeuten. So hat eine vierteljährliche Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) ergeben, dass die hiesigen Banken aus Sorge um die konjunkturelle Entwicklung ihre Standards für die Vergabe von Unternehmenskrediten im 2. Quartal 2019 verschärft haben. Das könnte die EZB dazu veranlassen, bereits nach ihrer Sitzung am kommenden Donnerstag gegenzusteuern. Für eine derartige Zinssenkung wird bereits seit einigen Tagen von einer Wahrscheinlichkeit von 50 % ausgegangen – Tendenz steigend.
Euro gibt deutlich nach
Und das hat Konsequenzen für den Euro. Denn sinkende Zinsen in der Eurozone schwächen die Nachfrage nach der Gemeinschaftswährung. Diese hat dadurch gestern das Zwischentief im EUR/USD vom 18. Juni unterschritten und damit auch noch die relativ junge Tendenz von höheren Tiefs beendet (siehe roter Pfeil im folgenden Chart). Eine mögliche bullishe Trendwende ist damit endgültig hinfällig. Zuvor gab es bereits durch den Bruch eines kurzfristigen Aufwärtstrendkanals (grün) Anzeichen dafür, dass die Kraft der Bullen lediglich für eine kleine Kurserholung ausreichte.
Bereits in der Börse-Intern vom 10. Juli schrieb ich, damit „würde es wohl eher zu einer Seitwärtstendenz im EUR/USD kommen und die Trendwende, die durch den Bull-Keil und den idealtypischen Ausbruch aus diesem nach oben möglich war, muss wohl noch etwas auf sich warten lassen“. Das galt für den Fall, dass sowohl die EZB als auch die US-Notenbank Fed die Zinsen senken wird. Und aktuell setzen die Märkte genau darauf.
Euro-Aktien beflügelt, Dollar-Werte gebremst
Die zunehmende Schwäche des Euro gegenüber dem US-Dollar hat auch Konsequenzen für die Aktienmärkte. So zeigen sich DAX & Co. heute deutlich stärker als die US-Pendants. Grund dafür kann sein, dass die exportorientierten Unternehmen aus der Eurozone durch einen schwachen Wechselkurs Vorteile auf dem Weltmarkt erhalten, während US-Exporteure durch einen starken Dollar benachteiligt werden. Wie nachhaltig diese Entwicklung allerdings ist, muss sich erst noch zeigen. Eine abwartende Haltung der EZB am Donnerstag könnte die Schwäche des Euros bereits beenden.
DAX kann sich aus ABC-Korrektur befreien
Aktuell ist es dem DAX jedenfalls mit dem schwächelnden Euro im Rücken gelungen, sich aus dem kurzfristigen Abwärtstrendkanal zu befreien (siehe grüner Pfeil im folgenden Chart). Passend dazu hatte ich am Freitag geschrieben, dass die kleine abc-Korrektur bullish zu werten war.
Es wäre nun denkbar, dass der DAX in Richtung 13.000 Punkte durchstarten kann. Nur wenn das Tief der Welle c unterschritten wird, ist das bullishe Szenario wieder hinfällig. Man könnte vor diesem Hintergrund nun einen kleinen Long-Trade wagen und diesen unterhalb der Welle c absichern.
Aktienmärkte haben wichtige Widerstände zu überwinden
Ein derartiger Stopp ist auch sinnvoll, weil einerseits der DAX erst noch die rot gestrichelte Konsolidierungslinie und die Rechteckgrenze bei 12.590 Punkten als Widerstände aus dem Weg räumen muss, bevor es auf ein neues Trendhoch gehen kann und die Konsolidierung damit endgültig beendet ist. Und andererseits stehen auch die US-Indizes vor wichtigen Hürden. Die heutige relative Schwäche der US-Titel kann außer mit dem starken Dollar auch mit dieser Chartsituation begründet werden. Konkret kämpfen die US-Indizes weiterhin mit den oberen Linien ihrer trompetenartigen Formationen. Das gilt insbesondere für den Nasdaq 100 und den Dow Jones, die beide exakt an diesen Widerstandslinien stehen, wie der folgende Chart des Dow Jones stellvertretend zeigt.
Fazit
Die gestrigen Nachrichten, die Schwäche des Euros und der bullishe Bruch des kurzfristigen Abwärtstrendkanals – das alles ist sehr positiv für den DAX. Ein kleiner Long-Trade erscheint daher sinnvoll. Doch ein enger Stopp erscheint ebenso sinnvoll, weil die Stimmung der Anleger derzeit sehr schnell durch Gewinnwarnungen getrübt oder von Zinsspekulationen aufgehellt werden kann – und umgekehrt. Und dabei kann die EZB-Zinsentscheidung am Donnerstag die Karten völlig neu mischen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)