Dow Jones arbeitet am bullishen Ausbruch
Nachdem der Dow Jones am Donnerstag vergangener Woche die untere Linie seines aktuellen Abwärtstrendkanals (rot im folgenden Chart) erreicht und diese als Unterstützung bestätigt hatte (grüner Kreis), strebte er am Freitag wieder zum oberen Ende des Trendkanals zurück. Allerdings erreichte der Index die obere Linie nicht. Stattdessen drehte er vorzeitig wieder nach unten und erreichte noch vor dem Wochenende erneut die Unterstützungslinie. Damit deutete sich eine Schwäche an (steilere Abwärtslinie).
(Quelle: Comdirect)
Der Dow Jones konnte die untere Trendlinie aber erneut als Unterstützung nutzen (grüne Ellipse) und sich ein weiteres Mal innerhalb des Trendkanals erholen. Und dabei gelang es ihm, die neue Abwärtslinie zu brechen und wieder die obere Trendkanallinie zu erreichen. Damit wurde das Signal von Schwäche neutralisiert und die anhaltende Relevanz des Trendkanals bestätigt.
US-Notenbank legt das nächste Hilfsprogramm auf
Geholfen hat dabei auch die Nachricht, dass die US-Notenbank Federal Reserve ein weiteres Notfallprogramm zur Stabilisierung der Finanzmärkte aufgelegt hat. Mit diesem sollen Anleihen direkt von Unternehmen gekauft werden, um große Arbeitgeber so mit Krediten zu versorgen und den Geldmarkt liquide zu halten. Die Unternehmen müssen vor dem Coronavirus-Ausbruch lediglich über gute Bonitätsnoten verfügt haben.
Für die sogenannte Primary Market Corporate Credit Facility (PMCCF) müssen sich die Unternehmen allerdings bewerben, was die neue Maßnahme von der im Mai aufgelegten Secondary Market Corporate Credit Facility (SMCCF) unterscheidet, bei der die Fed Anteile von Fonds auf dem Sekundärmarkt, also über die Börse, erwirbt. Ziel beider Programme ist es, den Unternehmen möglichst einfach frische Finanzmittel zur Verfügung zu stellen und so die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern.
Befürchtungen einer schleppenden Konjunkturerholung nehmen zu
Dass dem Markt aber der bullishe Ausbruch aus dem Trendkanal nicht gelungen ist und er letztlich die seit Mitte Juni andauernde Abwärtskonsolidierung fortsetzte, könnte mit Aussagen des Notenbank-Chefs Jerome Powell zusammenhängen, die zwar kaum neue Informationen lieferten, aber die Befürchtungen über einen nur schleppende Konjunkturerholung nährten.
Laut einem vorab veröffentlichten Redetext für eine Kongressanhörung am gestrigen Dienstag sei der Ausblick für die US-Wirtschaft angesichts der Coronavirus-Krise „außergewöhnlich ungewiss“. Die weitere Entwicklung hänge zu großen Teilen davon ab, wie erfolgreich die Pandemie eingedämmt werden könne. Erst wenn sich die Menschen wieder ganz sicher fühlten, sei mit einer vollständigen Konjunkturerholung zu rechnen. Die wirtschaftliche Aktivität ziehe früher wieder an als erwartet. Dies sei zwar zu begrüßen, berge aber auch Risiken, vor allem für die Virus-Eindämmung, so Powell.
US-Bundesstaaten nehmen Lockerungen zurück
Leider gab es passend dazu Meldungen, dass mit Arizona ein weiterer US-Bundesstaat des „Sonnengürtels“ Lockerungen zurücknimmt. Bars, Nachtclubs, Fitness-Studios, Kinos und Wasserparks müssen wieder schließen, gab Gouverneur Doug Ducey bekannt. „Die Zeit für weitere Maßnahmen ist gekommen“, sagte Ducey. Und: „Wir werden so bald nicht zur Normalität zurückkehren.“
DIHK warnt vor Pleitewelle
Gleiche Töne gab es aus Deutschland. Die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel rechnet für die Euro-Zone ebenfalls mit einer langwierigen Konjunkturerholung. Mit einer Rückkehr zum Vorkrisen-Niveau sei frühestens 2022 zu rechnen, erklärte sie am Dienstag auf einer Online-Konferenz des Institute of International Finance (IIF): „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Konjunkturerholung langsam sein wird.“
Und laut Martin Wansleben vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zerschlagen sich die Hoffnung auf eine schnelle Erholung der deutschen Wirtschaft nach der Coronavirus-Krise immer mehr. Es fehle die übliche Nachfrage, daran könnten auch die größten Rettungspakete des Staates nichts ändern, so Wansleben. Laut einer Umfrage des Verbandes unter rund 8.500 Unternehmen rechnen immer mehr Betriebe erst 2021 oder sogar noch später mit einer Normalisierung. Im Herbst drohe eine Pleitewelle. Eine V-förmige Erholung der Wirtschaft sei vom Tisch, sagte Wansleben.
Läuft bereits die Phase 4?
Letzteres ist aber genau das, worauf die Aktienmärkte mit ihren (zu) starken Kurserholungen bislang gesetzt haben. Und mit den aktuellen Konsolidierungen, die mit den Hochs vom 8. Juni begonnen haben, scheint die Realität langsam in die Kurse eingepreist zu werden. Womöglich befinden wir uns damit schon in Phase 4 der 5 Phasen eines Crashs.
Nächste Phase auch im Streit um Sicherheitsgesetz
Zusätzlich gedämpft wurde die Stimmung der Anleger auch erneut von Meldungen in Sachen Handelsstreit. Chinas Parlament hat laut unbestätigten Medienberichten das umstrittene Sicherheitsgesetz für Hongkong verabschiedet. Die USA haben deswegen damit begonnen, ihre Sonderregelungen für Hongkong auszusetzen. Das US-Handelsministerium gab unter anderem einen Stopp der Auslieferung von Rüstungsgütern und Einschränkungen bei High-Tech-Exporten bekannt.
Konjunkturdaten überraschen weiter positiv
Es gab aber auch positive Nachrichten aus China. So stieg der amtliche Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe der Volksrepublik im Juni auf 50,9 Punkte, von 50,6 im Mai, wie das Statistikamt heute mitteilte. Damit liegt das Barometer nach dem Einbruch im Februar schon zum vierten Mal in Folge wieder über der Marke von 50 Zählern, ab der Wachstum signalisiert wird. Analysten hatten für Juni dagegen mit einem Rückgang auf 50,4 Punkte gerechnet, was aber auch noch sehr ordentlich gewesen wäre.
Der Dienstleistungssektor wuchs sogar so schnell wie seit sieben Monaten nicht mehr. Der entsprechende Index für Juni lag bei 54,4 Punkten, nach 53,6 im Mai.
Die aktuellen Konjunkturdaten entwickeln sich damit besser als die Erwartungen diverser Institutionen. Liegt also vielleicht doch der Aktienmarkt richtig mit einer schnellen Konjunkturerholung?
Bereitet der Dow Jones den bullishen Ausbruch vor?
Der Dow Jones kann sich jedenfalls aktuell an der oberen Linie seines Abwärtstrendkanals halten. Und meist ist dies ein Anzeichen dafür, dass die Bullen lediglich Kraft für den Ausbruch darüber sammeln.
(Quelle: Comdirect)
Gelingt dieser, was bei einem Anstieg über das Tageshoch von Freitag bei rund 25.800 Punkten der Fall sein dürfte, könnte man prozyklisch einen Long-Trade wagen. Womöglich sind Sie einen solchen auch bereits vorgestern an der unteren Linie des Trendkanals eingegangen, wie in der Börse-Intern vom vergangenen Donnerstag beschrieben. Dann Gratulation zum schnellen Trading-Gewinn!
Sollte der Dow Jones aber sichtlich am Ausbruchsversuch scheitern und die abwärts gerichtete Konsolidierung innerhalb des Trendkanals fortgesetzt werden, kann man auch durchaus einen neuen Short-Trade wagen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)