Die Hausse stirbt in der Euphorie
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach ihrer gestrigen Ratssitzung ihren geldpolitischen Kurs unverändert belassen und die bisherigen Maßnahmen lediglich noch einmal bestätigt. Dabei wurde im Statement zu den geldpolitischen Beschlüssen explizit darauf hingewiesen, dass der Gesamtumfang des Pandemie-Notfallankaufprogramms PEPP nicht voll ausgeschöpft werden muss, wenn auch mit einem geringeren Volumen die günstigen Finanzierungsbedingungen aufrechterhalten werden können.
Dies war aber keine Neuigkeit, so dass die Märkte hiervon nicht überrascht wurden. Und es wurde auch nicht mit neuen Maßnahmen gerechnet, weil erst im Dezember an den Stellschrauben der Geldpolitik nachjustiert worden war und dies erst eine Wirkung entfalten muss. Und da es auch sonst keine neuen Informationen gab, weder im Statement noch in der Pressekonferenz, wurde die Zinssitzung der EZB schnell zum Non-Event.
Noch nie war die Risikobereitschaft von Investoren so hoch
Gewisse Wirkungen entfalten die Maßnahmen der EZB allerdings bereits. So hat sich die Bilanzsumme der Notenbank alleine seit März 2020, also binnen weniger als einem Jahr, um fast 50 % aufgebläht. Konkret ist sie von 4,7 Billionen Euro auf inzwischen mehr als 7 Billionen Euro gestiegen.
Derweil mehren sich am Aktienmarkt aktuell wieder zunehmend die Zeichen für eine Übertreibung. Das Handelsblatt berichtete gestern über Klaus Kaldemorgen, einen der bekanntesten deutschen Fondsmanager, der vor einer Euphorie bei Technologieaktien warnt. Zudem ist zu lesen, dass aktuell mehr als die Hälfte der von der Bank of America monatlich befragten internationalen Fondsmanager Aktien in den eigenen Portfolios übergewichtet haben. Derart hoch war diese Quote zuletzt vor drei Jahren. (Zur Erinnerung: Vor knapp 3 Jahren, also Ende Januar 2018, markierten die Märkte ein Hoch und brachen danach in wenigen Tagen kräftig ein.) Und 19 % der Investoren gaben dabei an, dass sie mehr Risiken als üblich halten. Eine derart hohe Risikobereitschaft gab es noch nie.
Extreme Kursanstiege binnen kürzester Zeit
Gestern haben wir unseren Lesern des Premium-Trader berichtet, dass wir uns jüngst mit Aumann, ADVA und Vossloh von drei Werten getrennt haben, die innerhalb kurzer Zeit sehr stark zugelegt haben. „Vossloh hat in etwas mehr als zwei Monaten um fast 50 % zugelegt. ADVA brachte es in nur 5 Handelstagen auf 26 %. Und Aumann legte Seit Ende Oktober um 80 % und seit Anfang Januar um fast 40 % zu“, hieß es dazu. Und weiter: „Derartige Kursbewegungen sind natürlich nicht alltäglich. Im Gegenteil: Sie sind drei Beispiele für die irren Kursbewegungen, die im Rahmen der laufenden Übertreibungen inzwischen sehr gehäuft vorkommen“.
Bauer ist ein weiterer Wert, der im Premium-Trader gehandelt wurde und der binnen kürzester Zeit extrem stark zugelegt hat. Seit Ende Oktober ist die Aktie vom Tief bis zum Hoch um mehr als 60 % gestiegen. Und im Depot des Allstar-Trader befinden sich Aktien von Heidelberger Druckmaschinen, die alleine vorgestern um mehr als 30 % zulegen konnten und in dem Depot seit dem Einstieg am 18. Dezember bereits einen Gewinn von 70 % aufweisen. Noch einmal: Wir sprechen hier über einen Kursgewinn von 70 % binnen nur etwas mehr als einem Monat!
Grund für den Kursanstieg bei Heidelberger Druckmaschinen war lediglich die Nachricht, dass das Unternehmen seine Produktionskapazitäten für sogenannte Wallboxen verdoppeln will, um die hohe Nachfrage nach solchen Ladelösungen für Elektrofahrzeuge im privaten Bereich zu bedienen. Dabei ist diese Nachricht nicht neu, denn dieses Vorhaben war auch schon im Dezember avisiert worden. Aber in der aktuellen Marktphase der Euphorie und Übertreibung reicht eben auch eine recycelte oder aktualisierte Meldung, um eine Aktie um 30 % an nur einem Tag in die Höhe zu katapultieren.
Die letzte Phase des Aufwärtstrends
Diese Kursentwicklung ist natürlich schön für die Leser des Allstar-Trader, die sich nun natürlich über hohe Gewinne freuen können. Doch ich beobachte dies inzwischen zunehmend skeptisch, weil solche starken Kursgewinne binnen kürzester Zeit in der letzten Phase eines Aufwärtstrends vorkommen. Eine Hausse wird in der Panik geboren, wächst in der Angst, reift im Optimismus und stirbt in der Euphorie, lautet ein bekannter Börsenspruch.
SentimentTrader.com berichtete am 14. Januar, dass in den vorangegangenen 5 Tagen an den US-Optionsbörsen durchschnittlich fast 27 Millionen Call-Geschäfte getätigt wurden – ein Rekordhoch. Und im Dezember 2020 lag das Handelsvolumen bei Aktien mit einem Kurs von weniger als 5 Dollar bei 1 Billion Stücke. Das ist fünf Mal so viel wie in den Monaten und Jahren zuvor, in denen das Handelsvolumen regelmäßig bei „nur“ rund 100 bis 200 Milliarden Aktien lag.
(Quelle: sentimenttrader.com)
Das ist ein ziemlich klares Anzeichen dafür, dass der Markt aktuell insbesondere von privaten Spekulanten dominiert wird. Und auch das ist ein Anzeichen dafür, dass wir inzwischen wieder in einer sogenannten Dienstmädchenhausse und somit in der Endphase des Aufwärtstrends angelangt sind.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Trading
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)