Der DAX zum ersten Verfallstag 2020
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
obwohl es in der Vorwoche schon den ersten Aufreger des Jahres – auch an den Börsen – gegeben hat, dürften viele Anleger nach dem Jahreswechsel erst allmählich wieder auf „Betriebstemperatur“ hochgefahren sein. Und kaum warm geworden, steht uns auch schon der erste (kleine) Verfallstag des Jahres am Freitag dieser Woche ins Haus. Und ausgerechnet er könnte für die jüngsten Kursbewegungen verantwortlich sein.
Eine selten klare Verfallstagspositionierung
Denn die Konstellation zu diesem bevorstehenden Verfallstag ist so klar wie lange nicht – zumindest was die Positionsverteilung betrifft. Im folgenden Verfallstagsdiagramm habe ich das trotzdem noch einmal farblich hervorgehoben:
Es gibt zunächst zwei Bereiche, die ganz klar bullish bzw. bearish sind (grün/rot): Oberhalb von 13.500 Punkten befinden sich faktisch nur noch Call-Positionen (blaue Balken), unterhalb von 13.000 Punkten sind es nur noch Put-Positionen (rote Balken).
So erklären sich das Hoch und Tief der Vorwoche!
Et violà! Schon haben wir die Kursextreme der Vorwoche erklärt, denn genau an diesen Marken bildeten sich das Tief und das Hoch im DAX (siehe Pfeile im DAX-Chart unten). Für die Stillhalter der Calls über 13.500 Punkte und der Puts unter 13.000 Punkte besteht also kein Grund einzugreifen, solange sich der DAX innerhalb dieser Grenzen aufhält. Die entscheidende Frage ist also, wie es mit der Positionsverteilung innerhalb dieses Bereichs aussieht.
Und hier gibt es bemerkenswerterweise eine weitere Zweiteilung: Zwischen 13.000 und 13. 300 Punkten liegen relativ große Call- und Put-Positionen (gelber Bereich), während darüber bis 13.500 Punkte eine relative Leere an Positionen herrscht.
Sofern der DAX unter 13.300 Punkte fällt, könnte der Abbau von Absicherungen auf Calls und Aufbau von Absicherungen auf Puts den DAX schnell weiter nach unten treiben. Umkehrt würde ein Wiederanstieg des DAX-Kurses in der gelben Zone den Kurs hochtreiben, wenn der Auf- und Abbau der Absicherungen in umgekehrter Richtung abläuft. Nur in dem schmalen Band zwischen 13.300 und 13.500 Punkten besteht aus Sicht der Verfallstagspositionierungen kein Druck auf den DAX.
Die wahrscheinlichste Zielzone für den DAX zum Verfallstag
Aber genau in diese Zone tauchte der DAX am Freitag nach seinem kurzen Ausflug über 13.500 Punkte wieder ein! Es besteht also eine gewisse Chance, dass der DAX bis zum Verfallstag am Freitag einfach in dieser Zone bleibt – natürlich nur, solange ihn keine äußeren Impulse wie in der Vorwoche über deren Grenzen treibt. Dann könnte der DAX – wie eine Flipperkugel – bei 13.300 und 13.500 von den Stillhaltern wieder zurück in diesen schmalen Bereich geschnipst werden.
Sofern er diese Grenzen überhaupt erreicht – denn auch die Charttechnik gibt Hinweise, dass uns im DAX womöglich eine ereignislose Woche bevorsteht (siehe folgender Chart).
Bereits bei 13.425 Punkten liegt als erste Unterstützung das bisherige Jahreshoch bzw. die Hochs von Ende 2019 (hellgrüne Linie). Bei der Obergrenze des gelben Bereichs laut Verfallstagsgrafik (13.300 Punkte; siehe oben) liegt die blaue Linie durch das Hoch vom November, die zugleich die Oberkante der damaligen Seitwärtsbewegung ist. Und dazwischen verläuft noch bis nach dem Verfallstag die Unterkante des aktuellen Aufwärtstrends seit Oktober, die Mitte nächster Woche mit der hellgrünen Linie eine Kreuzunterstützung bildet (gelber Kreis). Damit unterstützt auch die Charttechnik die Stillhalter dabei, den DAX bis Freitag zwischen 13.300 und 13.500 Punkten zu halten, was also aktuell das wahrscheinlichste Verfallstagsszenario ist.
Die (eher unwahrscheinliche) bearishe Variante
Bei einem Rückfall unter 13.300 Punkte könnte nochmals die Zone um 13.200 Punkte als Unterstützung ins Spiel kommen. Sie geht auf zwei Zwischenhochs des DAX vom Mai und Juni 2018 zurück und hat sich bereits im November/Dezember mehrfach als Haltebereich für den DAX-Kurs bewährt.
Bei noch tieferen Kursen sollte sich der DAX dagegen auf die 13.000-Punkte-Marke sowie die grüne Zone um 12.900 Punkte verlassen können. Ein erneuter Rückfall in diesen Kursbereich sollte aber nur bei externen Schocks vorkommen, ist also unter normalen Umständen ein eher unwahrscheinliches Szenario. Wenn der DAX aber doch dort landet, dann kommt das theoretisch optimale Abrechnungsniveau bei 13.100 Punkten, das Minimum der „Schüsselkurve“ (siehe Pfeil im unteren Teil des Verfallstagsdiagramms) als Kursziel zum Verfallstermin infrage.
Die (noch unwahrscheinlichere) bullishe Variante
Nach oben ist der DAX aus charttechnischer Sicht natürlich vor allem durch das Allzeithoch „gedeckelt“. Aufgrund des massiven Call-Übergewichts ab 13.500 Punkten sollte es also unter normalen Umständen bis Freitag auch nicht zu einem Ausbruch nach oben kommen. Nur eine externe positive Überraschung könnte den DAX nach oben katapultieren und dann natürlich die Stillhalter zu massiven Absicherungsmaßnahmen in letzter Minute zwingen, die den DAX dynamisch weiter steigen lassen könnten.
Sofern eine solche Überraschung ausbleibt, sorgt charttechnisch auch eine kurzfristige Aufwärtslinie (rot gestrichelt dafür, dass der DAX bis zum Verfallstag unter seinem Allzeithoch bleibt.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)