Der DAX macht Tradern das Leben schwer
Den aktuellen Kursbewegungen bzw. den daraus resultierenden Signalen sollte man derzeit keine allzu große Relevanz beimessen. Denn aufgrund der relativ engen Handelsspannen wechseln sich bullishe und bearishe Signale sehr schnell ab, ohne dass diese einen neuen nachhaltigen Trend auslösen.
Bearishe und bullishe Signale wechseln sich schnell ab
Vor einer Woche war die kurzfristige Lage im DAX zum Beispiel noch eher als bearish einzuschätzen, weil der deutsche Leitindex binnen nur zwei schwachen Handelstagen die Gewinne eines ganzen Monats ausradiert hatte. Doch schon am vergangenen Freitag stand der Index wieder auf demselben Niveau wie vor dem Kursrutsch und lässt damit nun eine Fortsetzung des Aufwärtstrends erwarten, was natürlich wiederum bullish ist. Zumal der DAX gestern auch noch das vermeintliche Dreifachtop vom September klar überwinden konnte.
Allerdings ist dieser Ausbruch noch nicht nachhaltig. Denn bereits an der Rechteckgrenze bei 12.590 Punkten stieß der Index – aus Sicht der Target-Trend-Methode idealtypisch – auf Widerstand, der aktuell auch noch durch eine Konsolidierungslinie (rot gestrichelt) verstärkt wird.
DAX steckt in der erwarteten Seitwärtskonsolidierung
Und weil der DAX schon Anfang und Ende Juli an der Rechteckgrenze scheiterte, steckt der Index derzeit noch in einer Seitwärtskonsolidierung. Diese spielt sich im Wesentlichen zwischen der Rechteckgrenze bei 11.880 Punkten und dem ehemaligen Allzeithoch bei 12.390,75 Zählern ab (siehe gelber Bereich im obigen Chart). Die Range gilt, abgesehen von einigen Ausreißern, schon seit mehr als 5 Monaten.
Da ich diese Seitwärtskonsolidierung mit Blick auf das saisonale Muster in US-Vorwahljahren schon frühzeitig prognostiziert hatte (siehe zum Beispiel Börse-Intern vom 24. April), läuft eigentlich alles nach Plan. Doch problemlos traden ließen sich die Kursbewegungen der vergangenen Wochen und Monate dadurch nicht. Denn es ist erst seit kurzem klar erkennbar, dass der Index tatsächlich bereits seit Anfang Mai seitwärts tendiert.
Seitwärtsbewegungen sind schwer zu traden
Schließlich setzte sich der Ende 2018 begonnene Aufwärtstrend noch bis Anfang Juli fort. Und auch mit dem Korrekturtief von Mitte August war von einer Seitwärtsbewegung noch nicht viel zu sehen. Erst mit dem jüngsten Auf und Ab (bzw. Ab und Auf) kristallisierte sich die Relevanz der Range zwischen der Rechteckgrenze bei 11.880 Punkten und dem ehemaligen Allzeithoch bei 12.390,75 Zählern klar heraus.
Dabei kann man die Ausreißer nach oben und unten als Fehlsignale werten, die in Seitwärtskonsolidierungen keine Seltenheit sind. Auch wegen dieser Ausreißer muss man die kurzfristigen Signale, wie eingangs beschrieben, derzeit mit Skepsis beobachten. Und wegen der Fehlsignale auf der Ober- und Unterseite lässt sich keine eindeutige Seitwärtsrange festlegen. Und all dies erschwerte das Trading in den vergangenen Wochen und Monaten, obwohl man die Seitwärtskonsolidierung frühzeitig erwarten konnte.
Fortsetzung des Aufwärtstrends nach ABC-Korrektur?
Auch jetzt kann man nicht davon ausgehen, dass das Trading mit Blick auf die nun identifizierte Seitwärtsbewegung leichter wird. Denn inzwischen läuft die Konsolidierung schon recht lange. Die überkaufte Lage, die nach den starken Gewinnen des ersten Halbjahres bestand, ist bereits abgebaut. Eine Trendfortsetzung ist daher möglich.
Und wenn der DAX nun nach oben durchstartet, dann kann man alternativ zur Seitwärtskonsolidierung die Kursbewegung von Anfang Mai bis Mitte August auch als ABC-Korrektur in Form einer unregelmäßigen Korrektur und den Anstieg seit Mitte August als neue Aufwärtstrendwelle werten.
Da stellt sich nun natürlich die Frage, auf welches Szenario man aktuell setzen soll. Und als wäre das Leben der Trader damit nicht schon schwer genug, kommt auch noch hinzu, dass der DAX derzeit nicht nur charttechnisch getrieben ist. Vielmehr kann man das wechselhafte Auf und Ab natürlich auch den fundamentalen Entwicklungen in Sachen Brexit und Handelsstreit anlasten. Mit jeder Meldung in Bezug auf diese beiden Problemfelder können die Stimmung der Anleger und damit der Markt drehen.
Vermeintliche Einigung im Handelsstreit ist lediglich ein Waffenstillstand
So war der jüngste Anstieg der Aktienmärkte dem Umstand geschuldet, dass die Anleger die Entspannungssignale im Handelsstreit honoriert haben. Doch was am vergangenen Freitag dazu verkündet wurde, war keine Einigung im Handelsstreit, wie es US-Präsident Donald Trump darstellte, sondern bislang lediglich ein weiterer „Waffenstillstand“.
Zwar ist mit dem Teilabkommen, das laut Trump unter anderem die Themen geistiges Eigentum, Währungsfragen und Finanzdienstleistungen umfasst, die auf den gestrigen Tag verschobene Erhöhung bereits beschlossener Zölle von 25 % auf 30 % für chinesische Importe im Wert von 250 Milliarden Dollar vom Tisch, doch werden die bereits bestehenden Zölle weiterhin erhoben. Und insofern sind die Lasten, welche die Weltwirtschaft aktuell zu tragen hat, nicht im Geringsten kleiner geworden. Sie wurden lediglich nicht noch größer. Dass kann sich aber noch ändern.
Denn Trump sagte, es werde noch bis zu fünf Wochen dauern, bis das aktuell vereinbarte Teilabkommen unterzeichnet sei. Er und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping könnten womöglich am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) Mitte Dezember in Santiago de Chile die nötigen Unterschriften leisten. Doch die Regierung in Peking verlangt laut Medienberichten weitere Verhandlungen, bevor sie das Teilabkommen unterschreibt. Und laut dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer sei über die für Dezember geplanten Zusatzzölle noch keine Entscheidung gefallen. Es könnten also noch neue Zölle in Höhe von 15 % auf Konsumgüter aus China im Wert von rund 160 Milliarden Dollar in Kraft treten, wenn sich die beiden Seiten doch nicht zur Unterzeichnung des Teilabkommens durchringen können.
Fazit
Die jüngsten Signale an den Märkten waren klar bullish. Im DAX ist dadurch eine Fortsetzung des Ende 2018 begonnenen Aufwärtstrends möglich geworden. Doch aktuell befindet sich der Index noch in einer Seitwärtstendenz. Und daher sollte man Fehlsignale einkalkulieren. Diese können insbesondere dann entstehen, wenn die Kurse noch etwas steigen, dann aber überraschend negative Meldungen in den Hauptthemen Brexit und Handelsstreit auf die Märkte treffen. Und auch der Verfallstag kann die Kurse noch einmal nach unten ziehen (siehe vorgestrige Börse-Intern).
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)