Chinesische Aktien nach ABC-Korrektur wieder gefragt
Die Notenbanken EZB und Fed haben klar signalisiert, dass die geldpolitischen Mittel allein nicht ausreichen, um das Wirtschaftswachstum wieder stärker anzukurbeln. Einen viel größeren Effekt könne nur die Politik herbeiführen, waren sich beide Notenbanken einig. Die Europäische Zentralbank (EZB) mahnte dabei natürlich die Staaten der Eurozone zu wirtschaftsfreundlichen Reformen und die Federal Reserve (Fed) versetzte der US-Regierung einen verklausulierten Seitenhieb, da diese schließlich mit ihren Handelsstreitigkeiten für eine hohe Unsicherheit und damit Investitionszurückhaltung gesorgt hat.
Ob diese Handelsstreitigkeiten aber nach den jüngsten Signalen der Entspannung (siehe Börse-Intern vom vergangenen Dienstag) auch wirklich beigelegt werden können, bleibt fraglich. Denn aktuelle Daten deuten darauf hin, dass US-Präsident Donald Trump noch längst nicht an seinem Ziel angekommen ist, das Handelsdefizit mit China abzubauen. Allerdings befindet er sich inzwischen scheinbar auf einem guten Weg.
Die Trump´schen Zölle scheinen langsam zu wirken
Denn Chinas Ausfuhren schrumpften im vergangenen Monat insgesamt um 1% gegenüber dem Vorjahr, nach einem Anstieg von 3,3 % im Juli. Die Importe fielen im August sogar um 5,6 % gegenüber dem Vorjahr und damit genauso stark wie im Juli. Dadurch verzeichnete die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft im August einen Gesamt-Handelsüberschuss von „nur noch“ 34,84 Milliarden Dollar, verglichen mit einem Überschuss von noch 45,06 Milliarden Dollar im Juli.
Der chinesische Handelsüberschuss mit den USA lag im August bei 26,95 Milliarden Dollar, nach 27,97 Milliarden Dollar im Juli. Hauptgrund dafür: Im Handel mit den USA fielen die Exporte um ganze 16 % zurück. – Die Trump´schen Zölle scheinen langsam zu wirken, wie auch die folgende Grafik von DWS Investments zeigt.
Und das könnte die chinesische Führung langsam zu einem Umdenken in ihrer wirtschaftspolitischen Haltung bewegen. Denn nicht nur der chinesische Yuan zeigte sich in den letzten Wochen durch eine 6-prozentige Abwertung gegenüber dem US-Dollar von 6,7 auf 7,15 Yuan je Dollar zunehmend belastet, sondern auch die chinesische Wirtschaft schwächelt inzwischen merklich.
Chinesische Zentralbank muss der Wirtschaft erneut zu Hilfe eilen
Daher sah sich noch vor der Fed und der EZB auch die chinesische Zentralbank genötigt, mit einem geldpolitischen Impuls auf das wirtschaftlich unsichere Wachstumsumfeld zu reagieren: Die Sätze für die Reservevorschriften wurden zum dritten Mal in diesem Jahr und bereits zum siebten Mal seit Anfang 2018 gesenkt – aktuell für alle Banken per 16. September um 50 Basispunkte. Für kleinere Banken folgen weitere 50 Basispunkte im Oktober und November. Dadurch gewährt Chinas Notenbank den Geldhäusern mehr Freiraum für weitere Kredite in dreistelligem Milliarden-Umfang. Rund 900 Milliarden CNY (rund 114 Milliarden Euro) sollen so in den Geldkreislauf fließen.
Die Zentralbank betonte zwar, damit keine Konjunkturhilfe in Form einer „Geldschwemme“ in Gang zu setzen, die Konjunkturdaten sprechen aber eine andere Sprache. Denn der Handelsstreit und die dadurch schwächere Weltkonjunktur haben die chinesische Industrie jüngst zu den stärksten Preissenkungen seit drei Jahren bewegt. Die Erzeugerpreise schrumpften im August um 0,8 % zum Vorjahresmonat. Die sinkende Nachfrage aus dem In- und Ausland bringt die Unternehmen dazu, die Preise zu senken, um wieder mehr neue Aufträge zu gewinnen.
Besonders große Unternehmen aus China hinterlassen sichtbare Bremsspuren. Entwickeln sich Inlandsunternehmen, die kaum exportabhängig sind, mit einem Gewinnplus von 7 % seit Jahresbeginn noch erstaunlich gut, so sind die Gewinne großer Industrieunternehmen offiziellen Zahlen zufolge seit Jahresbeginn um 1,7 % gefallen, die der staatlichen Großunternehmen sogar um 8,1 %. Dies spiegelt sich laut einer Analyse von Fidelity auch in den Kursentwicklungen wider: Beim Performance-Vergleich schlagen demnach chinesische Inlandsunternehmen die großen chinesische Exportwerte seit Jahresbeginn deutlich.
Trump kann sich daher in einer starken Verhandlungsposition sehen, die von der US-Notenbank unterstützt wird, obwohl es dazu eigentlich aktuell keine zwingende Notwendigkeit gibt.
Gewinne von US-Unternehmen sinken ebenfalls
Doch der US-Präsident muss vorsichtig sein, dass er der eigenen Wirtschaft nicht zu sehr schadet. Denn die Aussichten für die börsennotierten Unternehmen in den USA sind ebenfalls nicht gerade rosig. So wird aktuell für die Unternehmen des S&P 500 im 3. Quartal 2019 ein Umsatzwachstum von nur 2,9 % und sogar ein Ergebnisrückgang von -3,6 % nach -0,4 % im 2. Quartal erwartet.
Trotzdem halten sich die Aktienmärkte weiterhin sehr stabil. Und das gilt auch für den chinesischen Shanghai Composite. Vielleicht erinnern Sie sich noch – am 18. Juli hatte für den Index zwei Szenarien entworfen (siehe „Chinesische Aktien könnten eine Alternative sein“ und folgender Chart aus der damaligen Analyse), wobei ich die ABC-Korrektur aufgrund der zu steilen Aufwärtstrendlinie (grün) für wahrscheinlicher hielt.
Und mit Blick auf den (folgenden) aktuellen Chart zeigt sich, dass ich damit genau richtig lag.
Dazu schrieb ich im Juli: „Und langfristig sollte man mit einer guten Portion China-Investments im Depot nichts falsch machen, wenn man spätestens nach einer eventuellen erneuten Korrekturwelle weiter Stück für Stück in diesen Markt einsteigt.“ Wer diesem Rat gefolgt ist, kann sich schon jetzt über nette Gewinne freuen. Und sollte der Handelsstreit mit den aktuell angesetzten Gesprächen gelöst werden, ist hier noch wesentlich mehr drin. Da die Führungen beider Länder jeweils auf deutliche Schwächeanzeichen in der heimischen Wirtschaft blicken, sollte ein zunehmendes Interesse an einer Einigung bestehen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)