Bewegt die Fed die Märkte zum Verfallstag?
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
aufgrund des üblichen, ca. sechswöchigen Turnus von Notenbanksitzungen geschieht es immer wieder, dass vor allem die FOMC-Sitzungen der Fed in die Verfallstagswoche fallen. So ist es auch im Juni wieder, wo in dieser Woche sowohl der Fed-Zinsentscheid (Mittwoch) und der große Verfallstag (Freitag) anstehen.
Das Kursziel des DAX bis zum Verfallstag
Ob dahinter Absicht, Gedankenlosigkeit oder Tradition stecken, wird sich kaum ergründen lassen. Auf jeden Fall könnte es nach der Fed-Sitzung und bis zum Verfallstag hektisch im DAX werden. Grund dafür sind sowohl die Verfallstagspositionierung als auch die Charttechnik. Zunächst der Blick auf das aktuelle Verfallstagsdiagramm.
Auf den ersten Blick erscheint die Verteilung der Positionen relativ gleichmäßig. Es gibt zwar die übliche Zweiteilung – oben blau (= Calls), unten rot (= Puts) – aber zum einen ragen die größten Positionen (Call: OI = 21.174 bei 13.000 Punkten, Put: OI = 25.943 bei 11.000 Punkten) nicht sonderlich heraus und zum anderen gibt es zwischen 12.000 und 11.500 Punkten eine relativ breite „Übergangszone“ zwischen Calls und Puts. Daher liegt auch der „rechnerische“ Zielwert zum Abrechnungstermin nach der „Schüsselkurve“ (unten im obigen Diagramm) bei 11.850 mitten in dieser Zone bei einem sonst völlig unauffälligen Wert.
Diese Positionsverteilung (und insbesondere die beiden recht großen Call- bzw. Put-Positionen bei 12.000 Punkten) spricht dafür, dass der DAX bis zum Verfallstag auf seinem aktuellen Niveau dahindümpelt und die runde 12.000er Marke als Zielwert ansteuert.
Die neuralgische Marke für die Bullen
Allerdings liegt bei 12.200 Punkten die nächstgrößere Call-Position im aktuellen Kursbereich. Kurse oberhalb dieser Marke hätten also entsprechende Absicherungsmaßnahmen der Stillhalter zur Folge und könnten die Kurse entsprechend treiben. Kein Wunder, dass ausgerechnet an dieser Marke das jüngste Hoch gebildet wurde (waagerecht rote Linie im folgenden Chart):
Charttechnisch ist der DAX damit (und mit dem folgenden Zwischenhoch; siehe roter Pfeil) an seinem bisherigen Aufwärtstrend gescheitert. Nun wäre eine Fortsetzung der kurzfristigen Abwärtsbewegung zu erwarten. Da aber zuvor der Ausbruch aus dem blauen Korrekturkanal erfolgte, der mittlerweile sogar schon bestätigt wurde (siehe grüner Pfeil 2), ist die Lage vorerst neutral einzuschätzen. Damit spricht auch die Charttechnik dafür, dass der DAX seitwärts läuft – z.B. entlang des blauen Kanals bis zur 12.000er Marke.
Wenn es die Bullen jedoch schaffen, das Zwischenhoch bei 12.227 Punkten zu überwinden, geraten nicht nur die Calls zum Verfallstag unter Wasser, sondern das wäre auch charttechnisch ein wichtiges bullishes Signal, dass die Aufwärtsbewegung fortgesetzt wird. Entsprechend dynamisch könnte eine solcher Kursanstieg werden – bis zum Verfallstag eben auch unterstützt durch die Absicherungsmaßnahmen der Stillhalter. Kurse bis zum Jahreshoch (blau gestrichelte waagerechte Linie) bzw. bis zur 12.500er Marke sind dann durchaus drin.
Welche Chancen Trader in dieser Woche nutzen können
Nach unten dagegen trifft der DAX auf eine Reihe von Unterstützungen, so dass eine ähnliche impulsive Dynamik nach unten nicht zu erwarten ist. Der Kurs sollte sich daher spätestens in der grünen Zone fangen; aus Sicht der Verfallstagspositionierung sind 11.800 Punkte eine mögliche Zielmarke für die Bären zum Verfallstag.
In welche Richtung der DAX tatsächlich schwenkt, könnte nun die Fed entscheiden. Die von den Märkten schon eingepreiste Zinssenkung (siehe z.B. Börse-Intern vom 12.06.2019) dürfte zwar auf der bevorstehenden Sitzung noch nicht beschlossen werden, aber die Börsianer werden natürlich mit Argusaugen das Statement durchsuchen und die Pressekonferenz von Fed-Chef Powell verfolgen, um vermeintliche Hinweise auf einen möglichen Termin oder andere Anhaltspunkte zu erhalten. Und je nachdem, was die Märkte da herauszulesen glauben, könnte es kräftige Ausschläge in die eine oder andere Richtung geben.
Dabei halte ich es für recht wahrscheinlich, dass die Ausschläge nur von kurzer Dauer sind. Wenn also die entscheidenden Marken – insbesondere nach oben – nicht durchbrochen werden, könnten die Kurse auch rasch wieder zurückkommen. Auch hier „helfen“ dann die Stillhalter. Für Day-Trader könnte es also ab Mittwochabend bzw. Donnerstag sehr lukrativ werden. Bis dahin ist ein wenig Geduld nötig, denn bekanntlich bewegen sich die Kurse im Vorfeld einer Fed-Sitzung nur wenig.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)