Beendete Korrektur oder Erholung im begonnenen Abwärtstrend
Die Korrektur am Dienstag hat den US-Leitindex Dow Jones Industrial 1,14 Prozent tiefer schließen lassen. Etwas mehr als 1 Prozent Verlust ist eigentlich kein spektakulärer Kurssturz. Doch wie ich dazu bereits schrieb, sind die Anleger solche Rücksetzer schon seit einer Weile nicht mehr gewohnt (siehe Börse-Intern von Dienstag). Denn mit dem moderaten Tagesverlust von Dienstag haben die US-Aktienmärkte immerhin den größten Kursrückgang seit einem halben Jahr (!) erlebt - zuletzt war es im September 2016 beim Dow Jones derart „stark“ bergab gegangen.
Höchster Tagesverlust seit einem halben Jahr
Der S&P 500 fiel zeitgleich um 1,24 Prozent - auch hier gab es zuletzt vor einem halben Jahr, am 11. Oktober 2016, einen solch „hohen“ Tagesverlust. Mit dem Rückfall vom Dienstag ging im S&P 500 also eine Serie von 109 Tagen zu Ende.
Fondsmanager so skeptisch wie seit 17 Jahren nicht mehr
Diese fast unglaublichen Zahlenspielereien zeigen, wie nötig die Börsen eine kräftige Korrektur eigentlich haben. Dies sieht auch ein Großteil der Fondsmanager inzwischen so. Denn laut n-tv ist mittlerweile ein Drittel dieser Berufsgruppe der Meinung, dass Aktien überbewertet sind - das sei der höchste Wert seit 17 Jahren, so der Nachrichtensender.
Dies zeigt einerseits natürlich, dass auch die sehr erfahrenen Marktteilnehmer die Lage kritisch bewerten, andererseits ist es aber auch ein Kontraindikator. Denn wenn derart viele Fondsmanager skeptisch sind, dürften sie aktuell nicht sehr stark investiert sein. Dementsprechend steht also wahrscheinlich noch viel Geld an der Seitenlinie, das irgendwann wieder investiert werden muss.
Zum Thema „Kontraindikator“ passt auch, dass die Nachrichtenlage in den Medien derzeit bei den kleinsten Rücksetzern sofort auf sehr bearish umschaltet. Das ist jedoch für eine Korrektur ebenfalls eher schlecht. Besser wäre es, wenn stärkere Rücksetzer als ungefährlich eingestuft werden und man davon ausgeht, dass diese wie bisher immer wieder schon nach kürzester Zeit zurückgekauft werden. In einem solchen Umfeld könnten die Kurse dann eher weiter fallen.
Stopps eng nachziehen
Und so sieht es derzeit insgesamt wenig danach aus, dass eine schärfere Korrektur in den Aktienindizes begonnen hat. Stattdessen scheint sich der Aufwärtstrend nach dem kurzen Rücksetzer schon wieder fortzusetzen. Insofern sollte man noch längst nicht alles aus dem Depot werfen, sondern zunächst, wie hier mehrfach angeraten, lediglich die Stopps enger platzieren.
DAX schließt Kurslücke
Zumal der Dax bislang nur die noch offene Kurslücke (Aufwärts-Gap) vom Monatsanfang (grünes Rechteck im folgenden Chart) geschlossen hat. Mit dem vorvorgestrigen Tagestief bei 11.850,27 Zählern notierte der DAX knapp unter der Gap-Unterkante.
Und auch die vorgestern gerissene Abwärtslücke konnte durch die aktuelle Kurserholung wieder geschlossen werden. Ohne diesen Anstieg hätte die Gefahr eines „Island Reversal“ bestanden, was ein sehr negatives Chartsignal gewesen wäre. Doch dies ist nun Geschichte. Zumal der DAX mit dem gestrigen Anstieg über 12.011,55 Punkte schon wieder mehr als 61,80 Prozent der dynamischen Abwärtswelle aufgeholt hat. Gemäß den Fibonacci-Marken ist die Korrektur damit beendet.
Letztlich befindet sich der DAX damit wieder nur in einer Seitwärtsbewegung (gelbes Rechteck) um die 12.000er Marke (dicke blaue Linie). - Zur Erinnerung: Passend dazu stellte ich in diesem Jahr schon mehrfach die Frage, wie lange ein neuer Kursimpuls anhält „und ob wir anschließend nicht wieder nur wochenlang seitwärts tendieren - zum Beispiel entlang der 12.000er Marke“ (siehe u. a. Börse-Intern vom 14. März oder 21. Februar).
Keine Anzeichen von erneuter Schwäche
Auch die Aktienmärkte in den USA machen aktuell nicht den Eindruck, dass sich die Korrektur noch fortsetzt. Denn nach dem dynamischen Kursrutsch vom vergangenen Dienstag hielten sich die US-Indizes vorgestern relativ stabil. Und auch gestern sind bislang keine neuerlichen Anzeichen von Schwäche zu erkennen.
S&P 500: Unterstützung vom ehemaligen Aufwärtstrendkanal
Der Grund dafür ist im S&P 500 recht simpel. Denn genau wie am Dienstag hier an dieser Stelle beschrieben, fungierten die obere Linie des (grünen) Trendkanals und die (blauen) Linien der ehemaligen Keilformation als Unterstützungen (grüner Pfeil).
Dass es hier zu einem Kampf zwischen Bullen und Bären kommt, war durchaus zu erwarten. Der nächste Abwärtsschub könnte kommen, wenn die Bären diesen Kampf für sich entscheiden können. Gehen hingegen die Bullen als Sieger hervor, wie es aktuell scheint, dann könnten wir in den US-Indizes lediglich eine kleine ABC-Korrektur (siehe schwarze Buchstaben im Chart) gesehen haben.
Blick in die Seele eines Traders
Wenn ich ehrlich bin, wäre mir eine größere Korrektur lieber gewesen. Denn aktuell scheue ich aufgrund der fundamental recht hohen Bewertung und der charttechnisch noch überkauften Lage neue Long-Positionen. Stattdessen bevorzuge ich eher Short-Trades. Dadurch entgehen mir natürlich mögliche Gewinne bei steigenden Kursen.
Doch die psychische „Hürde“ hindert mich aktuell einfach, neutral zu traden. Zumal mir täglich immer mehr Zahlen begegnen, die für fallende Kurse sprechen (siehe z.B. auch die 109-Tage-Serie oben). Argumente für steigende Notierungen erhalte ich dagegen wenige, abgesehen von den intakten Aufwärtstrends.
Und so wundert es nicht, dass auch die Fondsmanager derart skeptisch sind. Doch wenn alle auf ein bereinigendes Marktgewitter hoffen, kann es sein, dass es noch etwas dauert, bis es tatsächlich kommt. Bis dahin muss ich versuchen, mich gegen meine innere Einstellung zu stellen und nur zu traden, was ich sehe. Das ist in einer derart überkauften Situation, wie wir sie nun schon seit Monaten erleben, selbst für einen erfahrenen Anleger nicht einfach!
Wenn es ihnen also ähnlich geht, sollten Sie sich nicht wundern - in diesem Fall befinden Sie sich im Kanon der großen Fondsmanager!
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)