Rente, Rentenrecht

Zeitwertkonten - flexibel in die Rente gehen

Die demographische Entwicklung trifft die Arbeitgeber in Deutschland mit voller Wucht. Mit der neuen abschlagsfreien Altersrente ab dem 63. Lebensjahr hat sich die Lage am Arbeitsmarkt für Arbeitgeber nicht verbessert. Die neue Renteneintrittsmöglichkeit wird durch viel mehr Arbeitnehmer genutzt, als angenommen. Es tritfft vor allem die Gruppe der gut ausgebildeten Facharbeiter. Damit fehlen für die Arbeitgeber diese Arbeitnehmer. Was auch zu beobachten ist, dass es heute nicht mehr eine langjährige Bindung eines Arbeitnehmers an einem Unternehmen gibt. Gerade junge Arbeitskräfte suchen sich immer öfters und in kürzeren Zeitintervallen einen neuen Arbeitgeber aus. Für einzelne Wirtschaftszweige wird diese Entwicklung zur Existenzbedrohung. Zum einen sind nicht genügend Arbeitskräfte vorhanden und zum anderen wird der Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte immer härter. Arbeitgeber müssen sich heute schon überlegen, wie sie Mitarbeiter im Betrieb halten oder neue Bewerber von sich überzeugen können. Die klassischen Angebote, wie eine betriebliche Altersvorsorge, Gesundheitsmanagement und materielle Anreize sind nur eine von vielen Maßnahmen, um potentielle Bewerber in Betriebe zu locken. Als weiteres Mittel für ein attraktives Arbeitsgeberangebot ist, dass dem Arbeitnehmer zur Abeckung persönlicher Lebenslagen oder einem vorzeitigen Rentenbeginn, die Einrichtung eines Zeitwertkonto`s angeboten wird. Dass Zeitwertkonto wird daher in seinen vielfältigen Ausgestaltungen ein Angebot zur flexiblen Arbeitsgestaltung rentennaher Berufsjahrgänge oder persönlicher Lebenslagen von Arbeitnehmern sein (zB. die Pflege von Angehörigen oder Auszeiten). Wie funktioniert ein Zeitwertkonto: Das Zeitwertkonto ist keine betriebliche Altersversorgung. In Zeitwertkonten können Arbeitnehmer Arbeitszeit oder Arbeitsentgelt einbringen, um damit später eine bezahlte ganze oder teilweise Freistellung zu finanzieren. Dabei muss sich der Mitarbeiter mit seinem Unternehmen abstimmen. Zeitwertkonten sind langfristig angelegt Die rechtlichen Grundlagen für Zeitwertkonten sind in einem besonderen Gesetz, in § 7 Abs. 1 und § 7b SGB IV (Sozialgesetzbuch Nr. 4 auf Grundlage des Flexigesetzes Nr. 2) und in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen festgeschrieben. Daher kann es je nach Unternehmen oder Branche unterschiedliche Regelungen geben. Zeitwertkonten sind keine Arbeitszeit-oder Gleitzeitkonten Im Gegensatz dazu stehen die Arbeits- oder Gleitzeitkonten, die Arbeitszeitschwankungen über Wochen oder Monate ausgleichen und auch in der Finanzkrise zum Abfedern von Produktionseinbrüchen genutzt wurden. Hier kann der Arbeitgeber auch bei schlechter wirtschaftlicher Lage den Abbau von Guthaben verlangen, bei Zeitwertkonten normalerweise nicht. Wichtig: Es gibt keinen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer wie bei der betrieblichen Altersversorgung. Neben echter Zeit (Überstunden, nicht genommene Urlaubstage) können in Zeitwertkonten auch Gehaltsbestandteile (zum Beispiel: Weihnachtsgeld, Provisionen, Jahressonderzahlungen, aber auch Teile des regelmäßigen Monatsgehalts) eingezahlt werden. Die meisten Konten werden mittlerweile "in Geld" geführt, das heißt, dass eingebrachte Zeiten in das entsprechende Gehalt umgerechnet werden und die Konten damit einen Stand in Euro und Cent aufweisen. In einigen Fällen werden die Konten auch noch "in Zeit" geführt, also in Arbeitsstunden. Steuern und Sozialbeiträge auf Zeitwertguthaben Auf Zeitwertkonten fallen zunächst keine Steuern und Sozialbeiträge an. Diese werden erst fällig, wenn das Guthaben in Anspruch genommen wird. Das können Erziehungs- oder Pflegezeiten, Weiterbildung, eine berufliche Auszeit ("Sabbatical") oder der vorgezogene Ruhestand sein. Ausgleich für frühen Ruhestand Mit dem Guthaben aus dem Zeitwertkonto wird in diesen Phasen das wegfallende oder verringerte Einkommen ausgeglichen. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel trotz des auf 67 Jahre steigenden Rentenalters ein früherer Ruhestand finanzieren. Beispiel: Ramona Rentner spart bis zu ihrem 65. Lebensjahr zwei Bruttojahresgehälter auf ihrem Zeitwertkonto an. Dann beendet sie ihre Berufstätigkeit. Das Arbeitsverhältnis läuft normal weiter, ihr Gehalt wird in den kommenden zwei Jahren aus ihrem Zeitwertguthaben weitergezahlt. Steuern, Sozialbeiträge und Zinsen In dieser Zeit werden dann auch die Steuern und Sozialbeiträge fällig. Im Ergebnis ist sie also noch weitere zwei Jahre "beschäftigt" und bekommt ihr volles Gehalt, muss aber nicht mehr arbeiten. Mit 67 geht sie dann ohne Abschlag in Rente, bei einer Rente mit 65 und Geburtsjahr 1964 müsste sie nach geltendem Recht einen Rentenabschlag in ihren Rentenpunkten von 7,2 Prozent hinnehmen. Die in der Erwerbsphase angesparten Zeitwertguthaben werden üblicherweise verzinst und führen so zu einem zusätzlichen Wachstum des Guthabens. Für die erforderliche Kapitalanlage bieten viele Unternehmen den Mitarbeitern mehrere Varianten mit unterschiedlichen Risiken an. Es darf keine Verluste bei angeboten Anlageformen geben, die sogenannte Wertgarantie. Insolvenzsicherung Außerdem müssen die Guthaben gegen eine Insolvenz des Arbeitgebers abgesichert werden. Darauf sollte unbedingt bei Abschluss eines Zeitwertguthabens geachtet werden. Was passiert beim Stellenwechsel? Zum "Störfall" kann es vor der endgültigen Freistellung vor der Rente kommen. Der wahrscheinlich häufigste Fall ist der Stellenwechsel. Wenn auch der neue Arbeitgeber Zeitwertkonten führt, lässt sich das bisherige Guthaben auf die neue Firma übertragen und dort weiterführen. Übertragung an die Rentenversicherung Gibt es diese Möglichkeit nicht, können Guthaben ab einer bestimmten Höhe auch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen und dort verwaltet werden. Achtung ! Das Zeitwertguthaben ist dort ein eigenständiges Guthaben und kann vor der Rente für Entnahmen bei Freistellung oder Teilzeitbeschäftigung genutzt werden. Eine Rückübertragung auf einen neuen Arbeitgeber ist nicht möglich. Etwaige Restguthaben bei Rentenbeginn werden in "Entgeltpunkte" umgerechnet und führen zu einer Erhöhung der gesetzlichen Altersrente. Vorzeitige Auszahlung von Guthaben Ist bei einem Stellenwechsel eine Übertragung auf die neue Firma nicht möglich und das Guthaben zu niedrig, um von der Rentenversicherung verwaltet zu werden, wird das Zeitwertkonto aufgelöst. Das Guthaben wird dann auf einen Schlag ausgezahlt, und die entsprechenden Steuern und Sozialbeiträge werden sofort fällig. Bei den Steuern kann der Arbeitnehmer die sogenannte „fünftel“ –Regelung nutzen. Dasselbe passiert auch, wenn das Guthaben nicht mehr vollständig vor der Rente abgebaut werden kann. In bestimmten Fällen ist hier allerdings noch eine steuer- und sozialversicherungsfreie Übertragung in eine betriebliche Altersversorgung möglich. Auch beim Tod des Arbeitnehmers kommt es zur vorzeitigen Auszahlung. Im Gegensatz zu vielen anderen Vorsorgeprodukten ist ein Zeitwertkonto immerhin in voller Höhe und an beliebige Personen vererbbar. Unser Fazit: Zeitwertkonten ergänzen als sehr flexibles Instrument die persönliche Lebensplanung und Altersvorsorge für Arbeitnehmer und stellen für den Arbeitgeber ein attraktives Mittel für die Personalplanung- und Erhaltung dar. Der Autor dieses Beitrages ist gerichtlich zugelassener Rentenberater und Fachanwalt für Sozialrecht. Er betreibt in Halle(saale) eine Rentenberatungs-und Rechtsanwaltskanzlei mit Schwerpunkt Renten-und Sozialrecht.
@ ad-hoc-news.de | 26.02.15 12:24 Uhr