Wilder Osten wieder in Russland?
+++ Auftragsmord Serie wirft viele Fragen auf +++ Russlands Image im Auslnd gefährdet+++Gazprom wird Hauptsponsor von Schalke 04+++Putin-Besuch in Deutschland zeigt das große Potential der deutsch-russischen Zusammenarbeit+++Moskauer Börse 40 Prozent im Plus+++
Herrscht in Russland etwa wieder der „Wilde Osten“? In den letzten Wochen kam es zu einer Reihe von Auftragsmorden im Moskau, die an die Zeit des „Wilden Ostens“ unter der Präsidentschaft von Boris Jelzin lebhaft zurückerinnern. Russland muss aufpassen, das es sich seit dem Rubel- und Finanz-Crash im Jahr 1998 auf dem Nullpunkt befindende und seitdem recht mühsam verbessernde Image im Ausland nicht selbst wieder zerstört. Zunächst wurde der Vize-Zentralbankchef Koslov umgebracht, dann die regierungskritische Journalistin Politkowskaya am Geburtstag von Putin und zum Staatsbesuch von Putin in Deutschland ein ranghoher Bankmitarbeiter der Vneshtorbank, die den Einstige bei EADS plant. Alle Morde, die noch einer Aufklärung der Täter und Hintermänner bedürfen, warfen einen schlechtes Licht auf den Staatsbesuch von Putin in Dresden im Rahmen des Petersburger Dialogs und in Bayern mit dem Ministerpräsidenten Stoiber, der einen verstärkten Einstieg der Russen bei EADS ohnehin ablehnt. Möglicherweise sind die Auftragsmorde schon Vorboten eines sich verschärfenden Wahlkampfes im nächsten und übernächsten Jahr, denn im Dezember 2007 wird in Russland das Parlament neu gewählt und im April 2008 ein neuer Präsident. Was Putin im Jahr 2008 machen wird ist noch ungewiss, aber es gibt Gerüchte, dass er im Gazprom/Rosneft-Dunstkreis eine lukrative Position erhalten wird. In jedem Fall wird er sich dann wohl nach seiner Präsidentschaft in St. Petersburg niederlassen, dort wo Gazprom auch ein neues Fußball-Stadion bauen will. Hinter den sicherlich politisch motivierten Auftragsmorden könnten diverse russische Banden stecken. Der Machtkampf könnte damit aber auch abstruse Formen annehmen.
Die Moskauer Börse reagierte auf die Auftragsmord-Serie bisher recht gelassen und bewegte sich relativ stabil. Die Moskauer Börse kam aber auch schon im Vormonat aufgrund des von 80 auf unter 60 $/Barrel eingebrochenen Ölpreises unter Druck und verlor über 10 Prozent an Wert. Dennoch ist der Wertzuwachs des RTS-Indexes mit 1586 Indexpunkten seit Jahresbeginn immer noch 40 Prozent und damit weit besser als der DAX, der sich jetzt wieder auf Jahreshöchtskurs bewegt. Gazprom wurde zur gleichen Zeit, als Putin in Deutschland war, offiziell zum Hauptsponsor von Schalke 04, was sicherlich Ex-Bundeskanzler Schröder eingefädelt haben dürfte. Damit soll Gazprom auch in Deutschland noch bekannter werden. Der Kurs von Gazprom zog schon leicht an. Der Petersburger Dialog offenbarte neben der kritischen Hinterfragung der politischen (Leit)kultur in Russland auch das große Wirtschaftspotential Russlands – nicht nur im Energiesektor. Russland bleibt dieses Jahr mit einem Handelsumsatz von über 50 Mrd. € wichtigster deutscher Handelspartner der Welt – und das gegenseitig, denn Deutschland ist auch der größten Abnehmer von russischem Erdgas. VW wird eine Autofabrik in St. Petersburg errichten und hofft dabei von der starken Autonachfrage in Russland auch in Zukunft zu profitieren. Rosneft hat einen 15 Mrd. €-Kredit bei der Deutschen Bank AG angefragt, um damit im nächsten Jahr einige wertvolle Assets im Rahmen der geplanten Liquidation von Yukos übernehmen zu können. Knauff wird über 1 Mrd € in Russland investieren, um dort weiter zu expandieren. Auch Ikea und Metro sind schon lange froh, sich in Russland rechtzeitig positioniert zu haben. Trotz aller politischen Risiken gilt es hier immer wieder Gorbatschows oft zitierter Satz zu wiederholen: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“, was auch für die Börse zutrifft. Die Kurse von Gazprom, LUKoil, Vimpel Com , Norilsk Nickel und einigen weiteren Blue Chips haben sich seit 2001 in etwa verzehnfacht – und einige entdecken erst jetzt Russland als Investmentland. „Wer hier zu spät kommt, den bestraft die Börse!“
Hinweis: der Autor Andreas Männicke wird im Rahmen der Börsen-Seminarreihe von Trading-house.net am 20.10.06 in München einen Vortrag über die „Handelsmöglichkeiten in Osteuropa“ halten. Rechtzeitige Anmeldung ist unter www.trading-house.net aufgrund der begrenzten Plätze zu empfehlen. Das nächste ESI-Ostbörsen/Rohstoff-Seminar „Go East!“ wird am 18. Oktober in Frankfurt/M um 17.30 Uhr stattfinden und hier werden auch einige Crash-Thesen diskutiert werden. Infos und Anmeldung unter www.eaststock.de, Tel: 040/6570883
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| 15.10.06 13:54 Uhr