James Bond lässt grüßen
+++Diplomtische Spannungen zwischen England und Russland+++Quo vadis Putin?+++Britische Öl-/Gold-Juniors gefährdet?+++
Nachdem jetzt in Deutschland die Sommerferien eingeläutet sind, brauchen offensichtlich auch die Börsianer (und Medien) ein weinig „Sommertheater“, um sich abzulenken. Die sich zuspitzenden diplomatischen Spannungen zwischen England und Russland gehen jedoch ein weinig darüber hinaus und könnten eher aus dem Drehbuch des nächsten James Bond-Krimis entnommen sein. Die Dramaturgie liest sich jedenfalls wie in einem gut gemachten Bond-Film, ist aber Realität.
England bemüht sich, die mysteriösen Tod des Ex-FSB-Offiziers Alexander Litwinenko aufzuklären, der am 26. November 2006 in einer Londoner Universitätsklinik durch Vergiftung mittels radioaktivem Polonium 210 verstarb, und fordert die Herausgabe des Unternehmers Andrej Lugowoi, der zum Kreis der Verdächtigen zählt und sich in Russland aufhält. Dies wird aber von russischen Offiziellen abgelehnt. Daraufhin ordnet der neue englische Primier Gordon Brown als Sanktion die Ausweisung von vier russischen Diplomaten an und verschärft die Einreisenbedingungen für russische Bürger. Die russische Antwort hierauf war auch prompt die Ausweisung von vier britischen Diplomaten und die Einstellung der Einreisegenehmigung für britische Offizielle. Um die Dramaturgie des Drehbuchs zu steigern, verirren sich zwei russische TU95-Bomber im britischen Luftraum über Schottland und lösen damit Alarm bei der die Royal Airforce aus. Zwei Tornados der „Schnellen Eingreiftruppe“ der Roayal Airforce steigen auf, um die russischen Bomber in der Nähe der Grafschaft Yorkshire abzudrängen. Russland will in Zukunft angeblich mit England bei der Anti-Terrorbekämpfung nicht mehr zusammenarbeiten. Ein Stück aus dem Lehrbuch des „Kalten Krieges“?
Der englische Primier Brown bekommt Rückendeckung durch den französischen Primier Nicolas Sarkozy, durch die Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem US-Außenamt. Putin und der russische Außenminister Sergej Lawrow bekunden ihrerseits die Bereitschaft, die Beziehungen zu normalisieren. Die Ursache dieser Spannungen zwischen Russland und Großbritannien könnte auch sein, dass mittlerweile viele russische Oligarchen Zuflucht in London gesucht haben und vor dort aus als „Asylanten“ einen Kampf gegen Putin bzw. den Kreml führen. So hat der ehemalige Mediengigant (Ex-Inhaber von TV-6) und Kreml-Kritiker Boris Beresovski offen zur Revolution in Russland aufgerufen. Daraufhin bat die russische Regierung, dass Beresovski nach Russland ausgeliefert wird, um sich vor Gericht zu verantworten, was wiederum die Engländer verweigerten. Auch Beresovski sollte angeblich im letzten Jahr durch Polonium 210 vergiftet werden. Einflussreiche Kreml-Kritiker Leben in London offensichtlich gefährlich. Der russischen Oligarch Roman Abromovich hat zwar seine Firma Millhouse Capital vorsorglich schon lange nach London verlegt, verhält sich aber loyal zu Putin und hat von daher im Moment nichts zu befürchten. Er darf also weiter Fußballmannschaften wie Chelsea London aufkaufen und Fußball-Stars wie Michael Ballack in London eine neuen Heimat geben. Putin selbst glaubt an eine Einmischung aus dem Westen beim Wahlkampf – im Dezember finden in Russland Parlamentswahlen und im März nächsten Jahres Präsidentschaftswahlen statt -, worunter auch nach seiner Einschätzung die Aktionen des Schachweltmeisters Kaspraow zählen. Gazprom hat nun den zuvor eher Kreml-kritischen TV-Sender NTV vollständig übernommen, was sicherlich auch eine weitere Variante des Kreml-Wahlkampfes ist. Sicherlich wird auch umgekehrt versucht werden, im Dunstkreis der Yukos-Großaktionäre auf den Kreml Druck auszuüben und den Wahlkampf zu beeinflussen. Schließlich war die Menatep-Gruppe schon der größte russischen Lobbyist in den USA – bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Rosneft ist jetzt als „Yukos reloaded“ der von den Reserven her größte Ölkonzern der Welt, was die Yukos-Aktionäre sicherlich nicht gutheißen. Auch Putnis Aufkündigung des KSE-Vertrages per Dekret, und damit die Abrüstung von konventionellen Waffen, wird im Westen mit Sorge zur Kenntnis genommen. Dies ist wiederum die Antwort auf Bushs Ansinnen, die Raketenabwehrsystem in Tschechien und in Polen und nicht wie von Putin vorgeschlagen in Aserbaidschan und Süd-Russland zu stationieren. Insofern könnte das russisch-britische Sommertheater noch eine Weile andauern, zumal der Wahlkampf erst jetzt allmählich beginnt. Wir befinden uns schließlich erst im 1. Akt des Sommertheaters..! Jetzt fehlt nur noch, dass es tatsächlich zu einem Terroranschlag kommt, der die USA „nötigt“ im Iran einzugreifen. Insofern dürfen wir auf den 2. Akt des Sommertheaters gespannt sein.
Wenn dies der Fall ist, dürften auch britische Unternehmen, die in Russland operativ tätig sind, unter den politischen Querelen leiden. Der Gründer und Manager von Hermitage Capital William Browder, der größte Portfolio-Investor in Russland, wurde schon lange als persona non grata von russischer Seite erklärt und erhielt kein Einreise-Visum, obwohl er lange Zeit den Putin-Kurs unterstützte. Schon jetzt fühlen sich einige britische, in Russland aktive Öl- und Gold-Juniors durch Mr Mitvol, also der Umweltbehörde, den Steuerbehörden oder der Justiz wie bei den Unternehmen Imperial Energy (im Klinsch mit den russischen Behörden wegen Reservenschätzungen), Sibir Energy (im Klinsch mit Gazpromneft, also Gazprom), High Land Gold Mining (im Klinch mit der Umweltbehörde) und last not least BP (im Klinsch mit der Umweltbehörde und Steuerbehörde) gegängelt und missverstanden. Nachdem TNK-BP das Gasfeld Kowytka an Gazprom unter dem Druck der russischen Umweltbehörde verkaufen „musste“, bekam zuletzt nun auch EON Gazproms Muskeln zu spüren und muss nun um die Genehmigung für die geplante Erschließung des Gasfeldes Juschno Russkoje bangen. Man kann nur hoffen, dass nicht weiter Emotionen walten, sondern der Menschenverstand dominiert und es zu vernünftigen bilateralen Lösungen kommt.
Durch den wieder fast auf Rekordniveau bei 76 USD/Barrel befindenden Brentölpreis hat die Moskauer Börse noch Rückenwind. Der RTS ist immer noch über der 2000-er-Marke und damit 7% im Plus. Nehmen die atmosphärischen Störungen zwischen Russland und dem Westen, vor allem Großbritannien, zu und der Ölpreis ab, sollte der Anleger vor allem britische Unternehmen, die in Russland aktiv sind, untergewichten bzw. verkaufen.
Hinweis: der Autor wird am 28. September einen Vortrag über die „Handelsmöglichkeiten in Osteuropa“ halten Anmeldung unter www.trading-house.net
@ ad-hoc-news.de
| 21.07.07 19:24 Uhr