Die IPO-Welle rollt in Osteuropa an
+++Moskau bleibt Top-IPO-Platz+++Pre-ADR/GDR-Trading lohnt immer noch+++Uralkali strebt an die Börse+++
Nach dem erfolgreichen Mega-IPO von Rosneft im Juli, bei dem über 10 Mrd. USD eingesammelt wurden, streben jetzt immer mehr russische Unternehmen an die Börse. Im letzten Jahr wurden von der Holding AFK Sistema 1,5 Mrd. USD an der Londoner Börse platziert. Die Emission war mehrfach überzeichnet. Nicht minder begehrt war das IPO der Supermarktkette Pyaterochka. Auch das IPO des Gasunternehmen Novatek war ein Riesenerfolg im letzten Jahr. Vor dem IPO stieg der Kurs bereits schon um 80%, wovon damals auch die deutsche Beteiligungsgesellschaft KREMLIN AG (WKN 513350) profitierte. Nach dem Börsengang verdoppelte der Kurs von Novatek sogar noch einmal von 15,5 auf nunmehr 38 €, so dass sich der Einstieg auch für Späteinsteiger noch lohnte. Nun plant der fünftgrößte Kaliproduzent der Welt Uralkali ein IPO an der Londoner Börse, wobei der Zeitpunkt noch ungewiss ist.. UBS und Credit Suisse sollen als Lead-Manager den Börsengang begleiten. Ebenso wie de deutsche Kali+Salz ist auch Uralkali seit Jahren eine „Cash cow“ mit enormer Gewinndynamik. Das Zeichnugsvolumen und der IPO-Preis liegen noch nicht fest, aber es könnte zwischen 0,3 und 1,1 Mrd. USD betragen. Wer den Mut hatte, diesen Wert über einen russischen Broker schon im Jahr 2001 ins Depot zunehmen, ist jetzt und sage und schreibe 17.500% (!) reicher, denn der Kurs stieg schon von unter 0,01 auf 1,79 USD im „Russian Trading System“ (RTS) an. Beteiligt haben sich an dem Unternehmen schon im Vorfeld des geplanten IPOs der DWS Osteuropafonds und Templeton Asset Management. 80 Prozent des Unternehmens gehören aber dem Oligarchen Dimity Rybolovlyev über seine Modura Holding, die jetzt einige Anteile abgeben will. Der Free Float und die Umsätze in Moskau waren bisher sehr dünn. Die Liquidität soll nun über das IPO verbessert werden. Eine ähnliche Kursentwicklung vor dem Börsengang hatte auch das damalige Vorzeige-Unternehmen und nunmehr Konkurskandidat Yukos, bei dem sich die Kurse vor dem Börsengang auch mehr als verzehnfachten. Das Pre-ADR-Trading lohnte sich damals und lohnt sich nach Einschätzung des KREMLIN AG Allein-Vorstandes Jörn Schmidt heute immer noch. Neuer Hoffnungsträger ist nun die russische Softwareschmiede IBS Holding, die ebenfalls ein IPO plant. Die KREMLIN AG, die fast ausschließlich RTS-Werte in ihrem Depot hat, wird am 8. September ihre Hauptversammlung in Hamburg abhalten. Die Dividende soll immerhin 0,3 € betragen (bei einem Börsenkurs von 3,9 €). Auch der Stahlwert Severstal, der freilich schon an der Londoner Börse notiert, will zusätzliche 1,5 Mrd. USD an der Londoner Börse als GDR platzieren. In den letzten Jahren kamen mit Severstal, Mechel, der Evraz Group und zuletzt Novolipetskij (NLMK) gleich vier weltbedeutende Stahlunternehmen an der Börse. Nun plant auch das Stahlunternehmen Magnitorsk Metallurgy Company (MMC) mit einer Marktkapitalisierung von 8,1 Mrd. USD ein IPO in London. Im Mediensektor wurde das Wachstumsunternehmen Moscow Cable Com. erfolgreich an der NASDAQ platziert während Rambler (Internet) und RBC (TV-Sender) an die Moskauer Börse gebracht wurden. Das Immobilienunternehmen Open Investments wurde auch nur Moskau eingeführt. Auch Zink- und Silberproduzenten Russlands sowie eine Reihe von Konsumwerten wollen die Gunst der Stunde nutzen und Geld durch ein IPO einsammeln. Damit wird der russische Kurszettel immer länger und faccettenreicher. Allerdings mischen sich darunter jetzt auch einige IPO-Kandidaten, die für einen Börsengang noch nicht reif sind. Auch schon lange an der NYSE gelistete Unternehmen wie der Ölwert Tatneft erfüllen nicht immer die Börsenauflagen wie fristgerechtes Reporting. Viele russische Unternehmen, die sehr ertragreich sind (wie zum Beispiel Aluminiumwerke), haben hingegen offensichtlich etwas dagegen, sich zu „öffnen“. Corporate Governance bleibt oft ein Fremdwort. Insbesondere die Bekantgabe der Großaktionäre stößt – verständlicherweise - zuweilen auf Widerwillen. Wegen des unzureichenden Reportings gibt es bei Tatneft auch Delistingsgerüchte an der NYSE. Das Ganze ist aber ein „Erziehungsprozess“, der zwar lange andauern wird, aber langfristig den russischen Aktienmarkt hilft, transparenter zu machen.
In den nächsten Jahren werden eine Reihe von Versorgern, die jetzt umstrukturiert werden, Kapitalspritzen erhalten und an die Börse gehen. Dies ist auch notwendig, denn die Holding Unified Energy System (UES=Vereinigte Energiewerke) will in den nächsten Jahren 78 Mrd. USD zur Modernisierung und Ausbau der Anlagen investieren. Das gesamte IPO-Volumen bis zum Jahr 2010 beträgt alleine im Versorgungssektor über 7 Mrd. USD. Zudem werden einige russische Großbanken wie die Vneshtorbank (staatliche Außenhandelsbank), Gazprombank, Rosbank und MDM Bank an die Börse gehen. Die Gazprombank macht wiederum durch großvolumige Beteiligungen im Energiesektor schon jetzt auf sich aufmerksam.
Auch an anderen Ostbörsen wie in Warschau, Sofia, Bukarest, und Ljubljana grassiert im Moment das IPO-Fieber; allerdings sind die IPO-Volumina und auch die anschließenden Börsenliquidität um ein Vielfaches geringer als an der Börse Moskau.
Hinweis: Am 15. September 2006 wird der Autor Andreas Männicke im Rahmen der Börsen-Seminarreihe von Trading-house.net einen Vortrag in Frankfurt/M über die „Handelsmöglichkeiten in Osteuropa“ halten. Rechtzeitige Anmeldung ist unter www.trading-house.net aufgrund der begrenzten Plätze zu empfehlen.
@ ad-hoc-news.de
| 11.08.06 17:34 Uhr