Pensionierter französischer Beamte sein? Eine ganz gute Wahl.
Vive la France!. Immer mehr von ihnen wählen ihren Wohnsitz in einem französischen Überseegebiet. Und die liegen bekanntlich in sonnigen Gefilden. Dort gibt es wegen eines kuriosen Pensionsprivilegs deutlich mehr Pension als zu Hause. Frankreichs Regierung wagt trotz explodierender Kosten keine Einschnitte. Offensichtlich hat sie Angst vor Wählerstimmen.
Beispiele: Auf der Insel La Réunion kassiert ein französischer Staatsdiener 35 Prozent mehr Altersruhegeld als in Paris, in der Bretagne oder an der Côte d’Azur. Auf Tahiti und in Neukaledonien beträgt der Zustupf sogar 75 Prozent. Damit das Geld auch wirklich am Monatsende nicht zu knapp wird, müssen sie im Gegensatz zu ihren Kollegen im Mutterland fast keine Einkommenssteuer zahlen.
Alter Zopf
Das kuriose Pensionsprivileg geht auf die 50-er Jahre zurück. Damals wollte „La Grande Nation“ seine Übersee-Departements am anderen Ende der Welt bevölkern, was bei den Beamten jedoch auf wenig Interesse stiess. Heute drehen aber die Uhren anders: Im Zeitalter der Billigflieger und des Internets entwickelt sich die Buschzulage für Beamte zum Renner. Seit Ende der 80-er Jahre hat sich die Zahl der Empfänger auf rund 30'000 verdreifacht und die Kurve zeigt weiter steil nach oben. Schliesslich ist die „staatliche Prämie für das Bräunen unter Kokospalmen“ an keinerlei Bedingungen geknüpft. Ganz pfiffige Staatsdiener, oder wie man sie auch nennen will, leben aber gar nicht dort, sondern kassieren das Geld über eine Scheinadresse.
Renten-Paradies Frankreich
Die Kosten für die Südsee-Prämie verdoppelten sich binnen fünf Jahren auf 280 Mio. Euro. Wenn dies so weitergeht, steigen sie jährlich um 70 Mio. Euro. „Die Jackpot-Renten der Übersee-Beamten sind nicht mehr tolerierbar“, war erst jüngst in der französischen Presse in grossflächigen Anzeigen zu lesen. Tatsache ist, dass in keinem anderen Industrieland die Rentengerechtigkeit zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor so weit auseinanderklafft wie im Land des Weines und des Käses. Super gut leben beispielsweise auch die Lokführer der Eisenbahngesellschaft SCNF oder die Sänger der Pariser Oper: Sie haben gemeinsam, dass sie schon mit 50 Jahren bei vollen Bezügen in Rente gehen können, also zehn Jahre früher als der Durchschnittsfranzose.
Staatlich finanzierte saftige Rentenprivilegien geniessen auch Schauspieler der Comédie Française, Schalterbeamte der Pariser Metro oder Kapitäne, die zur See fahren wie auch die Piloten der Fluggesellschaft Air France, Notare oder die Angestellten der Pariser Industrie- und Handelskammer. Die Versorgungsansprüche dieser Berufsgruppen blieben verschont von sämtlichen Rentenreformen vergangener Jahrzehnte. Und die Liste der begünstigten Berufsgruppen könnte noch deutlich verlängert werden.
Da muss man sich bestimmt nicht mehr wundern, warum Asien und Osteuropa wirtschaftlich immer stärker werden. Dies ist meine letzte Kolumne in diesem Jahr. Ich danke allen Leserinnen und Lesern für Ihr Interesse und wünsche Ihnen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins 2007!
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| 14.12.06 11:20 Uhr