Ausland, Blick über Hongkong

Wisssenschaftlicher Dienst: Chinesisches Sicherheitsgesetz ignoriert Menschenrechte

16.10.2020 - 09:30:52

Das "Sicherheitsgesetz", das von China in Hongkong eingeführt wurde, wird international kontrovers diskutiert. Nun liegt ein Gutachten vor.

Die Tageszeitung "Die Welt" berichtet in ihrer am Freitag erscheinenden Ausgabe über das Gutachten, das die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages jetzt zu offenen juristischen Fragen zu dem Gesetz angefertigt haben. Die Experten kommen hierin zu einem eindeutigen Urteil, besonders in Bezug auf die Missachtung der Menschenrechte in Hongkong. In dem Gutachten lautet ihr Ergebnis, das im seit 1976 geltenden "Internationalen Pakt über bürgerliche und zivile Rechte" der Vereinten Nationen (gemeinhin einfach "Zivilpakt" genannt) garantierte Recht eines Angeklagten, zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten, werde von dem Gesetz "weitgehend konterkariert".

Insbesondere die Straftatbestände des "Sicherheitsgesetzes" werden von den Autoren des Gutachtens scharf kritisiert, und hier vor allem der der "Zersetzung". Diese zeigten "typische Merkmale des politischen Strafrechts", so die Gutachter. So ziemlich jede politische Demonstration im Stadtgebiet Hongkongs lasse sich hiermit wohl "unter den Straftatbestand der `Zersetzung` subsumieren", so das Gutachten im Wortlaut. Einer möglichen Kriminalisierung menschenrechtlich geschützter Aktivitäten seien hier keine Schranken mehr gesetzt.

Das Gutachten untersucht auch den Artikel 38 des "Sicherheitsgesetzes". Hierin ist geregelt, das Gesetz gelte auch für solche Straftaten, die von Ausländern begangen werden, die ihren Wohnsitz außerhalb der chinesischen Sonderverwaltungszone haben. Zwar ist bis jetzt noch kein Fall öffentlich bekannt geworden, in dem dieser Artikel tatsächlich auch angewendet worden ist. Er mache aber deutlich, stellen die Autoren fest, dass die Volksrepublik keine äußere Einmischung in die politischen Ereignisse innerhalb Hongkongs dulde. Artikel 38 baue gegenüber Sympathisanten der Hongkonger Demokratiebewegung eine "Drohkulisse" auf. Wer plane, eine Reise nach Hongkong zu unternehmen, der solle dies ernsthaft berücksichtigen.

Auch beschäftigt sich das Gutachten mit Vorwürfen der chinesischen Botschaft in Berlin gegen die Bundesregierung. Nach der Verschiebung der eigentlich für September geplanten Parlamentswahlen in Hongkong um ein Jahr hatte die Bundesrepublik das mit Hongkong geschlossene Auslieferungsabkommen ausgesetzt. Die chinesische Botschaft hatte diese Maßnahme der Regierung als einen Verstoß gegen internationales Recht kritisiert. Die Autoren der Wissenschaftlichen Dienste kommen aber nun zu dem Schluss, ein solcher Verstoß sei hier nicht zu erkennen.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages sind ein Teil der Bundestagsverwaltung. Jede Fraktion und jeder einzelne Abgeordnete hat das Recht, dem Dienst einen Forschungsauftrag zu erteilen. Ziel ist es, den Wissensvorsprung der Ministerien gegenüber den Parlamentariern zu verringern.

 

Redaktion ad-hoc-news.de, A-1010413

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