Wie es zu den Schäden am wichtigen Kachowka-Staudamm gekommen ist, ist noch unklar.
06.06.2023 - 08:52:12Staudamm und Wasserkraftwerk in Ukraine beschädigt. Fakt ist jedoch: Die Folgen könnten für viel Zerstörung sorgen. Auch Selenskyj reagiert.
Nach einer schweren Explosion am wichtigen Staudamm im südukrainischen Nowa Kachowka ist das angrenzende Wasserkraftwerk nach Angaben beider Kriegsparteien zerstört. Es sei «offensichtlich», dass eine Reparatur nicht möglich sei, sagte der russische Besatzungsbürgermeister Wladimir Leontjew heute im russischen Staatsfernsehen. Auch der ukrainische Kraftwerksbetreiber sprach von einer kompletten Zerstörung der Anlage.
Im von Russland besetzten Teil der Südukraine ist nach Angaben beider Kriegsparteien ein großer und wichtiger Staudamm nahe der Front schwer beschädigt worden. Kiew und Moskau machten sich heute Morgen gegenseitig für den Vorfall in der Region Cherson mit potenziell gravierenden Folgen verantwortlich.
Das ukrainische Einsatzkommando Süd teilte mit, die russischen Besatzer hätten den Damm in der Stadt Nowa Kachowka gesprengt. Der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, warnte, innerhalb von fünf Stunden könne der Wasserstand eine kritische Höhe erreichen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief in Kiew den nationalen Sicherheitsrat ein. Militärgouverneur Prokudin erklärte, auf der linken Seite des Flusses Dnipro - wo auch die von den Ukrainern befreite Gebietshauptstadt Cherson liegt - sei mit Evakuierungen begonnen worden. «Das Ausmaß der Zerstörung, die Geschwindigkeit und Menge des Wassers sowie die wahrscheinlichen Überschwemmungsgebiete werden gerade bestimmt», erklärte er.
Drohende Überschwemmungen
Die russischen Besatzer hingegen machen ukrainischen Beschuss für die Schäden am Kachowka-Staudamm verantwortlich. «Das Wasser ist gestiegen», sagte der von Moskau eingesetzte Bürgermeister in Nowa Kachowka, Wladimir Leontjew, staatlichen russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Von Überschwemmungen betroffen könnten seinen Aussagen zufolge rund 300 Häuser sein, ein «kleiner Teil der Bevölkerung» müsse möglicherweise in Sicherheit gebracht werden.
Leontjew räumte aber ein, dass es zu Problemen bei der Wasserversorgung auf der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim kommen könnte, die südlich von Cherson liegt. Diese wird mit Wasser aus dem Kachowka-Stausee beliefert. Die Angaben beider Seiten zu dem Vorfall am Staudamm konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
In ukrainischen Medien und in sozialen Netzwerken wurden Videos geteilt, die dem Anschein nach bereits gestiegenen Wasserstände um die Stadt Cherson zeigten. Außerdem wurden Aufnahmen geteilt, auf denen offenbar die ausströmenden massiven Wassermengen an der Staudammmauer in Kachowka zu sehen waren. Die Echtheit der Videos konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Angesichts der angespannten Lage berief Präsident Selenskyj den Sicherheitsrat ein. «Russische Terroristen», schrieb Selenskyj außerdem auf Telegram. «Die Zerstörung des Damms des Kachowka-Wasserkraftwerks beweist der ganzen Welt, dass sie aus jeder Ecke der Ukraine vertrieben werden müssen.»
Russland hatte das Nachbarland Ukraine vor mehr als 15 Monaten überfallen und im Zuge seines Angriffskriegs auch das Gebiet Cherson besetzt. Im vergangenen Herbst gelang der ukrainischen Armee dann die Befreiung eines Teils der Region - darunter auch die der gleichnamigen Gebietshauptstadt Cherson. Städte südlich des Dnipro blieben allerdings unter russischer Kontrolle, darunter auch die Staudamm-Stadt Nowa Kachowka.
Immer wieder hatten die Ukrainer in den vergangenen Monaten vor einem möglichen Sabotageakt der Russen in Nowa Kachowka gewarnt. Für besondere Beunruhigung sorgte, als die Besatzer im vergangenen November die Evakuierung der Stadt ankündigten.