Ungeachtet der Bedenken von Verbündeten will Israels Armee den Vorstoß in Rafah offenbar ausweiten.
20.05.2024 - 03:54:37USA erörtern mit Israel Vorgehen in Rafah. Doch der Fokus der Weltöffentlichkeit ist derzeit auf den Iran gerichtet. Die News im Überblick.
Während im Iran nach einem mutmaßlichen Helikopterunfall um den toten Präsidenten Ebrahim Raisi getrauert wird, setzt Israel im Gazastreifen den Kampf gegen die islamistische Hamas verstärkt fort. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, bekräftigte bei Gesprächen in Israel einerseits, dass die USA eine großangelegte Offensive in Rafah im Süden Gazas weiterhin ablehnen.
Zugleich aber erörterte er mit den Israelis Methoden, um die Niederlage der Hamas sicherzustellen und dabei den Schaden für die Zivilbevölkerung so gering wie möglich zu halten, wie das Weiße Haus im Anschluss mitteilte. Sullivan habe Unterstützung der USA für Israels Bemühungen zum Ausdruck gebracht, die Hamas-Anführer in Gaza zu finden. Er traf unter anderem Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Präsident Izchak Herzog.
Israels Verteidigungsminister Joav Galant und sein Generalstabschef Herzi Halevi haben nach einem Medienbericht eine deutliche Ausweitung des Militäreinsatzes in Rafah genehmigt. Sie hätten die «nächste und bedeutsame Phase» der Operation in der Stadt im Süden des Gazastreifens gebilligt, berichtete der regierungsnahe israelische TV-Sender Channel 14. Ranghohe Militärs wollten Sullivan die Details des Plans präsentieren, hieß es. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe den Medienbericht.
USA wollen Versorgung der Bevölkerung in Gaza sicherstellen
In Rafah will Israels Führung nach eigenen Angaben die letzten dort vermuteten Bataillone der Hamas zerschlagen. Verbündete wie die USA haben Israel wegen der vielen Binnenflüchtlinge wiederholt vor einem großangelegten Angriff auf die Stadt an der Grenze zu Ägypten gewarnt. Israels Führung hält jedoch an ihren Angriffsplänen fest.
Rund 800.000 Flüchtlinge haben nach UN-Schätzungen die Stadt seit Beginn des Militäreinsatzes vor rund zwei Wochen bereits verlassen. Sullivan habe in Israel über die Gespräche mit Ägypten informiert, die Grenze zu Rafah zu sichern und den weiteren Fluss humanitärer Hilfe über den Grenzübergang Kerem Schalom zu gewährleisten, teilte das Weiße Haus derweil weiter mit.
Kerem Schalom ist zu einem Hauptnadelöhr für Hilfsgüter nach Gaza geworden, da die Passierstelle Rafah nach Übernahme der Kontrolle des Grenzübergangs auf der palästinensischen Seite durch israelische Streitkräfte Anfang des Monats geschlossen wurde. Ägypten hat laut Medien angedeutet, den Transport von Hilfsgütern durch Rafah nicht zu koordinieren, bis die israelischen Truppen abgezogen sind. Es laufen Gespräche, den Grenzübergang wieder zu öffnen.
Israels Regierungschef Netanjahu schrieb nach dem Treffen mit Sullivan auf X, die Fortsetzung des Kriegs in Gaza, insbesondere das Vorgehen in Rafah, und die Verstärkung der humanitären Bemühungen in dem Küstengebiet seien ausführlich diskutiert worden. Laut dem Weißen Haus ging es dabei auch um Schritte zur Einrichtung fester Korridore innerhalb Gazas, um zu gewährleisten, dass die Hilfsgüter alle notleidenden Zivilisten auch erreichen.
Bidens Sicherheitsberater fordert von Israel Strategie
Sullivan hat dem Weißen Haus zufolge die israelische Regierung zudem erneut aufgefordert, ihre Militäreinsätze im Gazastreifen mit einer politischen Strategie zu verknüpfen. Nur so könne eine dauerhafte Niederlage der Hamas, die Freilassung aller israelischen Geiseln und eine bessere Zukunft für den Gazastreifen gewährleistet werden.
Sullivan informierte Israels Regierungschef zudem über seine zuvor in Saudi-Arabien geführten Gespräche und sprach über «das Potenzial», das sich nun für Israel und das palästinensische Volk ergeben könnte, wie das Weiße Haus weiter mitteilte. Vor Beginn des Gaza-Kriegs hatte viel auf eine Normalisierung der Beziehungen Saudi-Arabiens mit Israel hingedeutet. Riad setzte die Gespräche darüber nach dem Beginn des Kriegs aus. Die US-Regierung führt darüber mit Israel und Saudi-Arabien aber weiterhin Gespräche. Saudi-Arabien will Beziehungen mit Israel erst aufnehmen, wenn es einen unabhängigen und anerkannten Palästinenserstaat gibt. Netanjahu lehnt einen Palästinenserstaat aber ab.
Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant hat ebenfalls mit dem US-Sicherheitsberater Jack Sullivan gesprochen. Nach Angaben seines Büros informierte Galant Sullivan «über die Entwicklungen im Krieg gegen die Terrororganisation Hamas in Gaza sowie die verschiedenen Bemühungen um die Rückholung von 128 Geiseln der Hamas».
Außerdem hätten Galant und weitere israelische Repräsentanten humanitäre Hilfspläne für die Bevölkerung im Gazastreifen vorgestellt. Galant habe betont, Israel habe eine «moralische Verpflichtung», die Regierungs- und Militärfähigkeiten der Hamas zu zerstören und die Rückkehr der Geiseln sicherzustellen.
Festnahmen bei Protesten gegen Netanjahu-Regierung
Mit Beginn landesweiter Proteste gegen die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ist es indes zu Festnahmen gekommen. Die Polizei teilte mit, zwölf Aktivisten seien festgenommen worden, weil sie versucht hätten, die zentrale Schnellstraße zwischen Tel Aviv und Jerusalem zu blockieren.
Im Norden Israels brach am Morgen eine Fahrzeugkolonne in Richtung Jerusalem auf. Mit Beginn der neuen Sitzungsperiode des Parlaments war dort am Nachmittag ein großer Protest vor der Knesset geplant. Die Polizei war in erhöhte Bereitschaft versetzt worden.
Die Protestbewegung fordert Netanjahus Rücktritt und Neuwahlen. Die Protestbewegung macht den auch intern massiv unter Druck stehenden Netanjahu für das Schicksal der mehr als hundert Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas verantwortlich. Sie fordern einen raschen Deal zur Freilassung der am 7. Oktober entführten Menschen.
Irans Präsident und Außenminister tot
Unterdessen gab es im Iran auch Stunden nach dem mutmaßlichen Absturz eines Helikopters mit Präsident Ebrahim Raisi und Außenminister Hussein Amirabdollahian an Bord kein Lebenszeichen von ihnen. Keiner der neun Insassen habe überlebt, berichteten die staatliche Nachrichtenagentur Irna und das Staatsfernsehen. Zur Ursache des Unglücks gibt es bisher keine offiziellen Informationen.
Israel hat sich nach dem tödlichen Helikopter-Absturz im Iran bislang nicht offiziell geäußert - israelische Medien berichteten jedoch unter Berufung auf namentlich nicht genannte Regierungsvertreter, dass Israel nichts mit dem Vorfall im Land seines Erzfeindes zu tun habe.
Sechs Tote nach mutmaßlich israelischem Angriff in Syrien
Bei einem mutmaßlich israelischen Angriff in Syrien sind Aktivisten zufolge sechs Menschen getötet worden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, dass der Angriff am Montag eine Zentrale der proiranischen Hisbollah nahe der Grenze zum Libanon getroffen habe. Bei den Opfern soll es sich um Mitglieder der libanesischen Schiitenmiliz gehandelt haben. Es soll weitere Opfer gegeben haben. Das israelische Militär wollte die Angelegenheit auf Nachfrage nicht kommentieren.
Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien. Israel will damit verhindern, dass sein Erzfeind Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss in dem Land ausweiten. Der Iran ist einer der wichtigsten Verbündeten Syriens. Seit Beginn des Gaza-Kriegs Anfang Oktober haben die israelischen Angriffe zugenommen.