Tote, Anschlag

Unbekannte haben eine Veranstaltungshalle nordwestlich von Moskau angegriffen.

23.03.2024 - 02:06:41

Mehr als 60 Tote bei Anschlag in Moskau - Suche nach den Tätern. Ermittler sprechen von mehr als 60 Toten und ermitteln wegen Terrors. Nach den Tätern wird gesucht.

Bei dem mutmaßlichen Terroranschlag auf eine Veranstaltungshalle am Stadtrand von Moskau sind mehr als 60 Menschen getötet worden. Das meldete die Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das Staatliche Ermittlungskomitee Russlands.

Spezialeinheiten der russischen Nationalgarde waren an der Crocus City Hall in der Stadt Krasnogorsk im Moskauer Gebiet im Einsatz und suchten nach den Tätern. Zudem wurden Personen in Sicherheit gebracht. Um wie viele Angreifer es sich handelte, war zunächst nicht bekannt. Auf Videos war zu sehen, wie Menschen um ihr Leben rannten. Die Hintergründe des Angriffs waren zunächst unklar. Das Ermittlungskomitee nahm ein Verfahren wegen eines mutmaßlichen Terrorakts auf, wie die Behörde im Nachrichtendienst Telegram mitteilte.

Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte den Anschlag für sich, wie das IS-Sprachrohr Amak im Internet unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen meldete. Experten gingen davon aus, dass dieses Bekennerschreiben echt ist.

Das ist passiert

In der Tatnacht gab es Behördenangaben Schüsse und Explosionen in der Veranstaltungshalle. Mehrere Unbekannte in Kleidung in Tarnfarben hätten die Crocus City Hall kurz vor einem Konzert der Rockgruppe Piknik gestürmt und das Feuer eröffnet, teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft mit. Westliche Botschaften hatten zuletzt vor Terroranschlägen in Moskau gewarnt. Der Kreml hatte dies als Provokation des Westens bezeichnet.

Das russische Zivilschutzministerium teilte mit, dass das Gebäude, in dem auch eine Konzerthalle mit Tausenden Sitzplätzen ist, auf einer Fläche von 13.000 Quadratmetern in Flammen stand. Auch Löschhubschrauber waren im Einsatz. An dem Gebäude waren lodernde Flammen zu sehen und eine riesige Rauchwolke. Das Dach soll eingestürzt sein. Dutzende Rettungswagen waren im Einsatz und viele Busse, um Menschen in Sicherheit zu bringen. Die Lage war über Stunden unübersichtlich. Das russische Gesundheitsministerium sprach von 145 Verletzten, zu denen auch Kinder zählten. 115 von ihnen seien in Krankenhäuser gebracht worden. Etwa 60 Erwachsene seien schwer verletzt. 

In der Crocus City Hall gibt es mehrere Veranstaltungssäle, die auch für Messen genutzt werden. Es ist eine der beliebtesten Freizeitstätten für die Moskauer und die Menschen im Umland der russischen Hauptstadt. Immer wieder sind dort auch Stars aufgetreten. Am Freitagabend hätte es ein Konzert der russischen Rockband Piknik geben sollen.

Putin «seit der ersten Minute» informiert 

Russlands Präsident Wladimir Putin ließ sich nach Kremlangaben «seit der ersten Minute» über die Geschehnisse informieren. Er erhalte über die entsprechenden Dienste ständig alle wichtigen Informationen über das Geschehen und die eingeleiteten Maßnahmen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.

Die Chefin des Föderationsrats, dem Oberhaus des russischen Parlaments, Valentina Matwijenko, drohte den Drahtziehern des Anschlags mit Vergeltung. «Diejenigen, die hinter diesem fürchterlichen Verbrechen stehen, werden die verdiente und unausweichliche Strafe dafür erhalten», schrieb sie auf ihrem Telegram-Kanal. Der Staat werde zugleich alles tun, um den Hinterbliebenen zu helfen, kündigte sie an.

Das ukrainische Außenministerium wies den Verdacht einer ukrainischen Verwicklung zurück. Die USA mahnten in einer ersten Reaktion ebenfalls an, keinen Zusammenhang mit der Ukraine herzustellen. «Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington. Man könne noch nicht viel zu den Details mitteilen, rate aber zu diesem frühen Zeitpunkt eindringlich von der Annahme ab, dass es eine Verbindung zur Ukraine gebe. Das US-Außenministerium riet amerikanischen Staatsbürgern vor Ort, große Menschenansammlungen zu meiden.

Kiew und Washington bestreiten Verbindungen

Die Europäische Union verurteilte den Angriff. Die EU sei schockiert und entsetzt, schrieb EU-Kommissionssprecher Peter Stano auf der Plattform X (früher Twitter). Die EU verurteile jegliche Angriffe auf Zivilisten. «Unsere Gedanken sind bei allen betroffenen russischen Bürgern.» UN-Generalsekretär António Guterres und der UN-Sicherheitsrat verurteilten den Anschlag ebenfalls. 

Das Auswärtige Amt schrieb auf X von einem «furchtbaren Angriff auf unschuldige Menschen». Die Hintergründe müssten rasch aufgeklärt werden. «Unser tiefes Mitgefühl gilt den Familien der Opfer», hieß es weiter. Auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sprach ebenfalls auf X von einem «feigen Angriff auf Menschen, die einfach nur Musik hören wollten».

Als Konsequenz des Anschlags bleiben am Wochenende alle Theater und Museen in Moskau geschlossen, darunter weltberühmte wie die Tretjakow-Galerie und das Puschkin-Museum. Zuvor hatte der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin gesagt, dass alle Großveranstaltungen in Europas größter Stadt abgesagt seien. Auch im Moskauer Umland sagten die Behörden Massenveranstaltungen ab.

2002 hatten tschetschenische Bewaffnete 850 Menschen in einem Musical-Theater in ihre Gewalt gebracht. Am vierten Tag des Dramas betäubte der Inlandsgeheimdienst die Geiselnehmer und die Geiseln mit einem Gas. Die Terroristen wurden erschossen. 135 Geiseln kamen ums Leben, die meisten von ihnen durch unzureichende medizinische Versorgung.

@ dpa.de