EU-Vertreter, Zurückziehung

Nach der Verabschiedung des umstrittenen «russischen Gesetzes» wächst der Druck auf Georgiens Führung.

15.05.2024 - 12:10:47

EU-Vertreter fordern Zurückziehung von Gesetz in Georgien. Aus Brüssel kommt scharfe Kritik.

Nach der Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes zur Einschränkung des ausländischen Einflusses auf die Zivilgesellschaft in Georgien haben EU-Spitzenvertreter Tiflis dazu aufgerufen, das Gesetz zurückzuziehen. «Die Verabschiedung dieses Gesetzes wirkt sich negativ auf die Fortschritte Georgiens auf dem Weg in die EU aus», teilten der Außenbeauftragte Josep Borrell und der zuständige Kommissar Oliver Varhelyi in einer gemeinsamen Mitteilung mit.

Die Entscheidung über den weiteren Weg liege in Georgiens Händen. «Wir fordern die georgischen Behörden nachdrücklich auf, das Gesetz zurückzuziehen, ihr Bekenntnis zum EU-Beitritt aufrechtzuerhalten und die in den neun Schritten beschriebenen notwendigen Reformen voranzutreiben.»

Georgien hat seit Ende vergangenen Jahres den Status eines Beitrittskandidaten in der EU. Der Mitteilung zufolge hatten die EU-Staaten Georgien diesen Status unter der Voraussetzung zuerkannt, dass das Land die neun Schritte aus einer Empfehlung der Kommission umsetzt. Dazu gehören unter anderem, dass die Menschenrechte geschützt werden und die Zivilgesellschaft sowie die Medien frei agieren können.

Massenproteste in Georgien

Ungeachtet wochenlanger Massenproteste hatte die Regierungsmehrheit der Partei Georgischer Traum am Dienstag das umstrittene Gesetz gebilligt, das den ausländischen Einfluss auf Nichtregierungsorganisationen begrenzen soll. Verschärft wird die Rechenschaftspflicht für Hilfsorganisationen und unabhängige Medien, die mehr als 20 Prozent ihrer Gelder aus dem Ausland erhalten. Zur Begründung heißt es, mehr Transparenz sei nötig. 

Hunderttausende Gegner der «russisches Gesetz» getauften Regelung fürchten aber, dass damit wie in Russland kritische Organisationen mundtot gemacht werden sollen. Mit dem autoritären Kurs der Partei Georgischer Traum sehen sie den angestrebten EU-Beitritt der Ex-Sowjetrepublik in Gefahr. Nach der Verabschiedung des Gesetzes im Parlament hielten die Massenproteste aus der Bevölkerung an. Auch am Dienstagabend waren Medienberichten zufolge wieder Tausende Menschen in der Hauptstadt Tiflis auf die Straßen gegangen.

Die Bundesregierung hat die Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes als falsch bezeichnet und die Hoffnung auf eine Umkehr der Regierung in Tiflis geäußert. «Wir erinnern die georgische Regierung an ihre Zusagen aus 2023, ein solches Gesetz bedingungslos zurückzuziehen», sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin. «Wir teilen die Sorge, dass sich die georgische Regierung mit dem Gesetz von ihrem Kurs auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union entfernt.»

Belgien bedauere die Verabschiedung des Gesetzes sehr, das das Land von den europäischen Werten entfernt, schrieb die belgische Außenministerin Hadja Lahbib auf der Plattform X. «Wir fordern die georgischen Behörden dringend auf, diese Maßnahme zu überdenken und ihr Engagement für die EU aufrechtzuerhalten.» Belgien unterstütze das georgische Volk und seine Entscheidung für die Demokratie, den Schutz der Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit. «Die Georgier streben nach einer europäischen Zukunft. Ihre Stimme muss gehört werden.»

@ dpa.de