Nahost, Hamas

Nach den Hamas-Angriffen auf Israel steht möglicherweise eine israelische Bodenoffensive im Gazastreifen bevor.

11.10.2023 - 06:28:47

Zahl der Toten in Israel steigt auf 1200. Dort hält die Hamas rund 150 Geiseln fest - auch Deutsche. Die News im Überblick.

  • Palästinenserinnen trauern in Khan Yunis um ihre Angehörigen, die bei einem israelischen Luftangriff getötet wurden. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

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  • Streitkräfte bergen die Leichen israelischer Bewohner aus einem zerstörten Haus in Kfar Aza. - Foto: Ilia Yefimovich/dpa

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  • Während eines israelischen Luftangriffs steigt Rauch am Rafah-Grenzübergang zwischen Gaza und Ägypten auf. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

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  • Israelische Soldaten sind nahe der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen im Einsatz. - Foto: Ilia Yefimovich/dpa

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  • Ein Mann wischt sich während einer Solidaritäts-Veranstaltung für Israel im texanischen Houston Tränen aus dem Gesicht. - Foto: Jon Shapley/Houston Chronicle/AP/dpa

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  • Familienmitglieder trauern im Libanon um ihren Angehörigen, der bei einem israelischen Raketenangriff getötetet wurde. - Foto: Marwan Naamani/dpa

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  • Über Gaza-Stadt werden Raketen auf Israel abgefeuert. - Foto: Rizek Abdeljawad/Xinhua/dpa

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Palästinenserinnen trauern in Khan Yunis um ihre Angehörigen, die bei einem israelischen Luftangriff getötet wurden. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpaStreitkräfte bergen die Leichen israelischer Bewohner aus einem zerstörten Haus in Kfar Aza. - Foto: Ilia Yefimovich/dpaWährend eines israelischen Luftangriffs steigt Rauch am Rafah-Grenzübergang zwischen Gaza und Ägypten auf. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpaIsraelische Soldaten sind nahe der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen im Einsatz. - Foto: Ilia Yefimovich/dpaEin Mann wischt sich während einer Solidaritäts-Veranstaltung für Israel im texanischen Houston Tränen aus dem Gesicht. - Foto: Jon Shapley/Houston Chronicle/AP/dpaFamilienmitglieder trauern im Libanon um ihren Angehörigen, der bei einem israelischen Raketenangriff getötetet wurde. - Foto: Marwan Naamani/dpaÜber Gaza-Stadt werden Raketen auf Israel abgefeuert. - Foto: Rizek Abdeljawad/Xinhua/dpa

Die Zahl der Toten in Israel durch die Großangriffe der islamistischen Hamas ist auf mindestens 1200 gestiegen. Das gab der Sprecher der israelischen Verteidigungskräfte (IDF), Jonathan Conricus, am Morgen bekannt. Die «überwältigende Mehrheit» der Todesopfer seien Zivilisten. Mindestens 3000 Menschen seien verletzt worden, sagte der Sprecher.

Die israelische Luftwaffe setzte unterdessen ihre Gegenschläge im Gazastreifen fort. Dutzende Kampfjets hätten mehr als 200 Ziele im Gebiet Al-Furqan angegriffen, teilten die Verteidigungskräfte (IDF) am frühen Morgen mit. Die israelische Armee bombardierte auch die Islamische Universität im Gazastreifen. Die Universität sei ein «wichtiges operatives und militärisches Zentrum der Hamas-Terrororganisation» gewesen, teilte die Armee mit. Sie sei als Trainingscamp für militärische Geheimdienstmitarbeiter sowie für die Entwicklung und Produktion von Waffen genutzt worden.

Die israelische Armee zog an der Grenze zum Gazastreifen, von wo aus die Hamas am Wochenende ihre Angriffe begonnen hatte, massiv Truppen zusammen. 300.000 Reservisten wurden mobilisiert.

Armee: Radarsystem der Hamas in Gaza zerstört

Die israelische Luftwaffe zerstörte unterdessen bei Angriffen im Gazastreifen nach eigenen Angaben auch ein Radarsystem der Hamas. «Kampfjets haben ein fortschrittliches Radarsystem zerstört, das die Terrororganisation Hamas entwickelt hat und das zur Erkennung von Flugkörpern über dem Gazastreifen diente», hieß es in einem X-Post der Armee.

Die Hamas habe über Jahre ein hochwertiges Kameranetz entwickelt, das in Wasserbehältern auf Dächern versteckt über den ganzen Gazastreifen verteilt worden sei.

Am Dienstag sei dieses Netz binnen weniger Minuten mit Angriffen auf verschiedene Ziele zerstört worden. Damit habe man der Hamas die Fähigkeit genommen, «ein breites Bild des Himmels zu erstellen, mit dem Ziel, Flugkörper anzugreifen», hieß es in der Mitteilung. Es seien alle Signalerkennungsgeräte des Systems angegriffen worden.

Zahl der Toten steigt auch im Gazastreifen

Durch die andauernden Gegenschläge der israelischen Luftwaffe starben im Gazastreifen nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums bisher mindestens 1050 Menschen. 5200 weitere Menschen wurden verletzt. Inzwischen sind laut dem UN-Nothilfebüro OCHA etwa 264.000 Menschen innerhalb des dicht besiedelten Gebiets geflohen. Wie die Hilfsorganisation in der Nacht auf Mittwoch in Genf mitteilte, sind die Vertriebenen in Schulgebäuden, bei Verwandten oder Nachbarn untergekommen.

Laut dem Ministerium für öffentliche Bauten und Wohnen in Gaza wurden mehr als 1500 Wohneinheiten zerstört oder schwer beschädigt. Außerdem wurden laut OCHA fünf Infrastruktureinrichtungen beschädigt, die die Wasser- und Sanitärversorgung für eine halbe Million Menschen im Gazastreifen sicherstellen. In dem palästinensischen Gebiet, das etwas größer als München ist, leben mehr als zwei Millionen Menschen.

Biden vergleicht islamistische Hamas mit IS

US-Präsident Joe Biden verglich die Hamas mit der Terrororganisation IS. Die «Brutalität» und der «Blutdurst» der Hamas erinnerten an die schlimmsten Taten der Organisation des Islamischen Staates (IS), sagte Biden gestern im Weißen Haus. «Das ist Terrorismus.» Die Hamas stehe nicht für das «Recht des palästinensischen Volkes auf Würde und Selbstbestimmung». Das erklärte Ziel sei die «Vernichtung des Staates Israel durch die Ermordung des jüdischen Volkes».

Israel setzt Beschuss von Zielen im Gazastreifen fort

Zum dritten Mal innerhalb von 24 Stunden seien umfangreiche Angriffe im Gazastreifen durchgeführt worden, teilten die IDF am frühen Morgen mit. Dabei seien mehr als 450 Ziele getroffen worden. Al-Furqan, ein Viertel im nördlichen Gazastreifen, werde von der Hamas als Terrorzentrum genutzt. Von dort aus würden zahlreiche Terroranschläge gegen Israel verübt, erklärten die IDF weiter. Es wird erwartet, dass der Konflikt weiter eskaliert. Möglicherweise steht nun eine Bodenoffensive der Israelis im Gazastreifen bevor. Die Regierung hat die Abriegelung des Gazastreifens angeordnet.

Israel bekommt militärische Unterstützung der USA

In der Nacht traf ein erstes Transportflugzeug mit amerikanischer Waffenausrüstung auf dem Luftwaffenstützpunkt Nevatim im Süden Israels ein, wie Israels Verteidigungskräfte (IDF) auf der X-Plattform (vormals Twitter) bekanntgaben. Nach Angaben der israelischen Internet-Zeitung «The Times of Israel» handelt es sich um «hochentwickelte» amerikanische Munition, die «bedeutende Angriffe und Vorbereitungen für weitere Szenarien» ermögliche, hieß es.

Auch Deutsche unter den Opfern

Die Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird, hatte am Samstag das schlimmste Blutbad unter Zivilisten seit der israelischen Staatsgründung angerichtet. Laut der IDF wurden etwa 150 Menschen in den Gazastreifen entführt, darunter auch mindestens fünf Deutsche. Eine Deutsche wurde getötet, wie das ZDF gestern berichtete. Die ebenfalls von dem Sender stammende Information über die fünf entführten Bundesbürger wurden der Deutschen Presse-Agentur aus parlamentarischen Quellen bestätigt.

Baerbock verteidigt Haltung zu Hilfsgeldern für Palästinenser

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) versicherte gestern Abend in den ARD-«Tagesthemen», dass ihr Amt rund um die Uhr an der Befreiung der Entführten arbeite. Die Lufthansa wird am Donnerstag und Freitag Sonderflüge zur Evakuierung von Deutschen aus Israel durchführen. Zugleich verteidigte Baerbock ihre Haltung, die deutschen Hilfsgelder für die Palästinenser zu überprüfen, aber nicht komplett zu stoppen.

Wichtig sei, «dass wir die Lebensmittelversorgung, die Wasserversorgung, also die humanitäre Hilfe an die zwei Millionen Palästinenser, die darauf angewiesen sind, nicht einstellen». Denn auch das würden die Terroristen nutzen. «Natürlich machen wir keine Terrorfinanzierung», betonte die Außenministerin gegenüber dem ZDF-«heute journal» gestern Abend.

Israel droht zweite Front

Israel wurde nicht nur vom Gazastreifen aus angegriffen, sondern auch aus dem Süden des Libanons und aus Syrien. Mehrere Raketen aus Syrien seien auf offenem Gelände abgestürzt, teilte Israels Armee am Dienstagabend mit. Das Militär reagierte eigenen Angaben zufolge mit Artillerie und Mörsergranaten.

Die Schiitenmiliz Hisbollah feuerte aus dem Süden des Libanons nach eigenen Angaben eine Lenkrakete auf einen israelischen Panzer ab. Die Attacke am Dienstag erfolgte als «Reaktion auf die israelischen Angriffe», hieß es in einer Mitteilung der eng mit dem Iran verbundenen Organisation. Bereits am Vortag hatte die Hisbollah Raketen in Richtung Israel abgefeuert. Israels Armee reagierte mit Artilleriebeschuss. Es besteht Sorge, dass dort eine zweite Front entstehen könnte. Die Hamas unterhält enge Verbindungen mit der im Libanon mächtigen Schiitenmiliz Hisbollah.

Was heute und morgen wichtig wird

Mit Spannung wird abgewartet, wie das israelische Militär weiter vorgehen wird und ob es zur Bodenoffensive im Gazastreifen kommt. Am Donnerstag wollen die Verteidigungsminister der 31 Nato-Staaten bei einer Videoschalte mit dem israelischen Verteidigungsminister Joav Galant zu dem verheerenden Terrorangriff der Hamas zusammenkommen.

Am selben Tag trifft US-Außenminister Antony Blinken voraussichtlich in Israel ein. Er wolle mit den israelischen Partnern erörtern, wie man Israel «im Kampf gegen die Terroristen, die diese schrecklichen Anschläge» verübt hätten, am besten unterstützen könne, hieß es.

@ dpa.de