Israel will seine Truppen entgegen der Vereinbarung zur Waffenruhe weiter an strategischen Punkten im Libanon stationiert lassen.
18.02.2025 - 04:13:46Frist abgelaufen: Israels Armee bleibt vorerst im Südlibanon
Trotz Ablauf einer Frist zum Truppenrückzug am heutigen Dienstag will Israel sein Militär vorerst weiter im Südlibanon stationiert lassen. Die Aufgabe der Posten war im Ende November besiegelten Waffenruhe-Abkommen mit der libanesischen Hisbollah-Miliz vereinbart worden, das zunächst auf 60 Tage angelegt und dann noch einmal um gut drei Wochen verlängert worden war. Den Abzug aus dem Nachbarland zu verzögern, sei zunächst eine «vorübergehende Maßnahme», sagte ein israelischer Armeesprecher.
Dem Sprecher zufolge wurde das Vorgehen mit der von den USA und Frankreich angeführten internationalen Kommission abgesprochen, die über die Einhaltung des Waffenruhe-Abkommens wachen soll und der auch Israel, der Libanon und die UN-Friedenstruppe Unifil angehören. Eine offizielle Bestätigung von dritter Seite gab es dafür nicht.
Libanons mit der Hisbollah verbündeter Parlamentspräsident Nabih Berri hatte zuvor schon betont, eine Verlängerung sei für die libanesische Regierung indiskutabel. Auch der neu ernannte Präsident Joseph Aoun hatte eine Einhaltung der Frist angemahnt und will Berichten zufolge am Dienstag eine offizielle Erklärung abgeben. Hisbollah-Chef Naim Kassim hatte den Israelis in einer Fernsehansprache gedroht: Sollten ihre Truppen über den 18. Februar hinaus im Libanon bleiben, handele es sich um eine Besatzung - und jeder wisse, «wie mit einer Besatzung umgegangen wird».
Verstöße gegen Waffenruhe von beiden Seiten
Ende November war nach mehr als einjährigem Beschuss zwischen Israel und der Hisbollah ein Ende der Kampfhandlungen vereinbart worden. Nach dem von der islamistischen Hamas angeführten Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte die Hisbollah begonnen, den Norden Israels mit Raketen zu beschießen. Der Konflikt eskalierte im September 2024 und entwickelte sich zu einem blutigen Krieg zwischen der Schiiten-Miliz und dem jüdischen Staat, der im Libanon 4.047 Menschen das Leben kostete und in Israel 76 Menschen.
Die Vereinbarung zur Waffenruhe sah ursprünglich den Abzug der israelischen Truppen binnen 60 Tagen vor. Doch Israel veranlasste eine Verlängerung bis zum 18. Februar. Seit Inkrafttreten der Waffenruhe kam es von beiden Seiten zu Verstößen.
Israels Armee will strategisch wichtige Posten halten
Israels Militär werde «eine kleine Anzahl von Truppen» an fünf strategisch bedeutsamen Punkten entlang der Grenze belassen, kündigte ein Armeesprecher kurz vor Ablauf der Frist am Montag an. Davon abgesehen solle der Abzug der restlichen Soldaten bis Dienstag wie vereinbart vollzogen werden. In den geräumten Gebieten werde die Verantwortung an die libanesische Armee übergeben. Wie lange die israelische Armee an den verbleibenden Posten auf libanesischem Boden festhalten will, ist unklar.
Die libanesische Armee soll gemäß der Vereinbarung militärische Bewegungen der Hisbollah im Grenzgebiet verhindern. Die Miliz soll sich bis hinter den - etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze verlaufenden - Litani-Fluss zurückziehen. Das ist nach israelischer Darstellung bisher nicht vollständig geschehen. Ein Hindernis dabei: Viele der Hisbollah-Anhänger stammen aus Grenzorten und leben dort normalerweise auch. Israel wirft der libanesischen Armee vor, nicht schnell genug nachgerückt zu sein und damit ihre Verpflichtungen nicht erfüllt zu haben.
Aktiven Beschuss auf Israel gab es seit Inkrafttreten der Waffenruhe nicht mehr. Libanons Armee warf Israel jedoch wiederholt Angriffe auf libanesisches Gebiet vor. Erst am Montagnachmittag wurde bei einem israelischen Angriff nahe der Küstenstadt Sidon nach Militärangaben ein Mitglied der Hamas getötet. Die Angaben der Konfliktparteien lassen sich unabhängig kaum überprüfen.