Gaza, Kliniken

Immer mehr Ausländer reisen aus dem Gazastreifen aus.

02.11.2023 - 16:07:15

Gaza: Tausende wollen ausreisen - Kliniken kaum arbeitsfähig. Eine UN-Organisation spricht von einer «beispiellosen Tragödie» unter Zivilisten. Der Überblick.

  • Israel hat den Gazastreifen abgeriegelt und unternimmt massive Luft- und Bodenangriffe. - Foto: Mohammad Abu Elsebah/dpa

    Mohammad Abu Elsebah/dpa

  • Palästinenser suchen in den Trümmern eines zerstörten Gebäudes in Bureij nach Überlebenden. - Foto: Mohammed Dahman/AP/dpa

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Israel hat den Gazastreifen abgeriegelt und unternimmt massive Luft- und Bodenangriffe. - Foto: Mohammad Abu Elsebah/dpaPalästinenser suchen in den Trümmern eines zerstörten Gebäudes in Bureij nach Überlebenden. - Foto: Mohammed Dahman/AP/dpa

Die Not der Zivilbevölkerung im Gazastreifen wächst laut UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA weiter. «Das Ausmaß der Tragödie ist beispiellos», sagte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini.

Im umkämpften Gazastreifen warten nach Angaben Ägyptens rund 7000 ausländische Staatsangehörige aus 60 Ländern auf die Ausreise. Das teilte das Außenministerium in Kairo mit. Die israelische Armee griff nach eigenen Angaben seit Kriegsbeginn am 7. Oktober mehr als 12.000 Ziele im Gazastreifen an.

Rund 400 Ausländer und Palästinenser mit doppelter Staatsangehörigkeit verließen den Gazastreifen und kamen im ägyptischen Teil des Grenzübergangs Rafah an, wie der Ägyptische Rote Halbmond der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.

Heftige Kämpfe im Norden des Gazastreifens

Im Norden des Gazastreifens kam es in der Nacht zu heftigen Gefechten zwischen israelischen Soldaten und Mitgliedern der Hamas. Der bewaffnete Arm der im Gazastreifen herrschenden Islamistenorganisation, die Kassam-Brigaden, berichtete von Kämpfen im Nordwesten.

Die israelische Armee teilte mit, Soldaten seien auf «Terrorzellen» gestoßen, die mit Panzerabwehrraketen, Sprengsätzen und Handgranaten angegriffen hätten. «Dutzende Terroristen» seien getötet und Infrastruktur der Hamas zerstört worden. Das Militär machte keine Angaben zu Opfern in den eigenen Reihen.

Israel reagierte mit Angriffen im Gazastreifen auf das schlimmste Massaker in seiner Geschichte, das Terroristen der Hamas und anderer Extremistengruppen im Grenzgebiet verübt hatten. Das israelische Fernsehen berichtete, nach neuesten Erkenntnissen seien an dem Überraschungsangriff rund 3000 Terroristen beteiligt gewesen.

Offenbar 1000 weitere Ziele im Visier

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben inzwischen 12.000 Ziele angegriffen, am Mittwoch war noch die Zahl von 11.000 genannt worden. Darunter seien Waffenlager, Gebäude von führenden Mitgliedern der Hamas, Terroristen und Raketenarsenale gewesen, teilte Armee-Sprecher Daniel Hagari auf der Plattform X (ehemals Twitter) mit.

Die Armee betont seit Kriegsbeginn stets, nur Hamas-Ziele im Gazastreifen anzugreifen. Allerdings lösen die hohe Zahl an zivilen Opfern in dem dicht besiedelten Küstengebiet sowie die katastrophale Lage für die Bewohner international zunehmend Kritik aus.

Die Zahl der getöteten Palästinenser im Gazastreifen ist seit Beginn des Kriegs laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium auf 9061 gestiegen, unter ihnen 3760 Kinder und Jugendliche und 2326 Frauen. Die Zahlen der Behörde lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Ministerium: Nur Hälfte der Kliniken noch arbeitsfähig

Die Krankenhäuser im Gazastreifen können nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums kaum noch arbeiten. 16 von insgesamt 35 Krankenhäusern könnten wegen Treibstoffmangels keine Patienten mehr behandeln, teilte ein Sprecher. Sie brauchen für ihre Generatoren Treibstoff, um Strom zu erzeugen. Andere Kliniken könnten nur sehr eingeschränkte Versorgung leisten, hieß es weiter.

Israel will die Einfuhr von Treibstoff in den Gazastreifen nicht erlauben, weil es einen Missbrauch durch die Hamas befürchtet. Er diene den Islamisten etwa zur Belüftung des unterirdischen Tunnelsystems, von denen aus israelische Soldaten angegriffen werden könnten.

UNRWA: Humanitäre Feuerpause längst überfällig

Angesichts zahlreicher ziviler Opfer und der angespannten Versorgungslage während der israelischen Angriffe forderte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA erneut eine Feuerpause. «Eine humanitäre Feuerpause ist längst überfällig», sagte Generalkommissar Lazzarini nach seinem ersten Besuch im Gazastreifen seit Kriegsbeginn. Die Not und die unhygienischen Lebensbedingungen seinen jenseits der Vorstellungskraft.

Inzwischen rund 270 Lastwagen mit Hilfsgütern angekommen

Im Gazastreifen trafen weitere 55 Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern ein. Sie hätten Wasser, Essen und Arzneimittel von Ägypten aus über die Grenze gebracht, teilte der Palästinensische Rote Halbmond mit. Damit seien seit Beginn des Kriegs insgesamt 272 Lastwagen dort eingetroffen. Die Lieferung von Treibstoff sei bisher nicht genehmigt worden, hieß es weiter. UN-Angaben zufolge bräuchte es täglich 100 Lkw-Ladungen, um die mehr als zwei Millionen Menschen im umkämpften Gazastreifen mit dem Nötigsten zu versorgen.

Ein Toter bei Anschlag im Westjordanland

Bei einem Anschlag im von Israel besetzten Westjordanland ist nach israelischen Angaben ein Mann getötet worden. «Terroristen haben auf ein Auto geschossen», teilte die Armee mit. Bei Einsätzen des israelischen Militärs im Westjordanland sind nach palästinensischen Angaben drei Menschen getötet worden. Ein Palästinenser sei in Kalkilia im Norden des von Israel besetzten Palästinensergebietes getötet worden, zwei weitere bei Ramallah, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit.

Gefechte an der libanesisch-israelischen Grenze

An der Grenze zwischen dem Libanon und Israel kam es erneut zu Gefechten. Die israelische Armee beschoss und traf nach eigenen Angaben eine «Terrorzelle» im libanesischen Grenzgebiet. Diese habe versucht, Panzerabwehrraketen nach Nordisrael zu schießen, teilte das Militär mit. Die Schiitenorganisation Hisbollah erklärte, ein israelisches «Spionagesystem» getroffen zu haben. Einer libanesischen Sicherheitsquelle zufolge beschoss das israelische Militär als Reaktion Dörfer im Grenzgebiet.

Israel dementiert Krise in Beziehungen zu Bahrain

Israel wies Berichte über eine Abberufung seines Botschafters in Bahrain sowie des bahrainischen Botschafters in Israel zurück. Ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem teilte mit, es gebe «keine Mitteilung oder Entscheidung der Regierung in Bahrain und der israelischen Regierung, die Botschafter der Länder abzuberufen». Die Beziehungen beider Länder seien stabil. Das Außenministerium in Bahrain äußerte sich zunächst nicht.

Das bahrainische Parlament hatte zuvor mitgeteilt, der Golfstaat habe seinen Botschafter abberufen. Der israelische Botschafter habe das Königreich verlassen. Alle Wirtschaftsbeziehungen mit Israel würden demnach eingestellt. Bahrain bekräftigte seine «feste Unterstützung für die palästinensische Sache», hieß es.

@ dpa.de