Ausland, Europaflagge

Früherer Ministerpräsident Italiens spricht sich gegen Eurobonds aus.

03.04.2020 - 10:17:30

Finanzierung der Corona-Folgekosten: der ehemalige italienische Ministerpräsident Letta schlägt eine Alternative zu den umstrittenen Eurobonds vor.

Am Dienstag der kommenden Woche findet ein Treffen der Euro-Gruppe statt, der die Finanzminister der Eurozone, der EU-Wirtschaftskommissar und die EZB-Präsidentin angehören, um über die zwischen den nördlichen und südlichen Euro-Staaten geführte Auseinandersetzung über die Einführung von Eurobonds zu beraten.

Enrico Letta, früherer italienischer Ministerpräsident führt in einem von der Wirtschaftszeitung „Handelsblatt“ veröffentlichten Gastbeitrag aus, dass die Emission sogenannter Eurobonds ausgeschlossen bleiben müsse. Jeder EU-Staat solle die Verantwortung für seine Verschuldung behalten. Insbesondere die Niederlande, Österreich und Deutschland sprechen sich entschieden gegen die Einführung von Eurobonds aus.

Zusammen mit den Wirtschaftswissenschaftlern Giampaolo Galli und Carlo Cottarelli entwickelte der in den Jahren 2013 und 2014 amtierende frühere Ministerpräsident Letta einen Alternativvorschlag: anstelle von Eurobonds solle ein neues Finanzinstrument namens "Special Issue European Security" (SIES) zum Einsatz kommen. Die SIES-Bond-Konstruktion, die nach den Vorstellungen Lettas ein Finanzvolumen zwischen 300 und 400 Milliarden Euro bei einer Anleihen-Laufzeit von 30 bis 50 Jahren umfassen könnte, solle auf eine einmalige Anwendung begrenzt bleiben.

Das Anleihen-Instrument SIES sollte, so Enrico Letta, mit denselben Garantien wie bereits Anleihe-Emissionen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unterlegt werden, um den ESM-Anleihen vergleichbare Konditionen zu sichern. Die Europäische Zentralbank könne die SIES-Bonds im Rahmen ihres Wertpapierankaufprogramms Quantitative Easing erwerben und so für eine Refinanzierung sorgen.

Lettas Finanzkonzept sieht vor, dass die EU-Staaten, die sich am SIES-Mechanismus beteiligen, einen gemeinsamen Beschluss zur Verteilung der Finanzmittel fassen. Die zu schaffende Institution SIES könne als kleinere Organisationseinheit innerhalb bereits existenter Einrichtungen wie dem ESM oder der Europäische Investitionsbank (EIB) angesiedelt werden.

In seinem Gastbeitrag für das Handelsblatt schreibt Letta, dass ein gemeinschaftliches Vorgehen in der Corona-Krise, wie es das von ihm angedachte SIES-Instrument vorsehe, eine zweckmäßigerweise gemeinsame Antwort auf den alle Staaten gleichermaßen treffenden externen Schock darstelle. Denn der durch den Coronavirus ausgelöste Wirtschaftseinbruch gehe ja nicht auf das Verhalten einzelner Länder zurück.

Der Vorschlag zur Etablierung eines SIES-Instruments, so warnt der ehemalige Ministerpräsident Italiens, würde zudem die Gefahr vermindern, dass der eine oder andere EU-Staat außerhalb der Europäischen Union nach Hilfe sucht. Dies aber könne die Zukunftsaussichten der EU langfristig beeinträchtigen.

 

Redaktion ad-hoc-news.de, A. Camus

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