Krieg, Ukraine

Es ist eine bittere Wegmarke: Seit 1.000 Tagen läuft Russlands Krieg gegen die Ukraine.

19.11.2024 - 16:18:00

1.000 Tage Krieg - Ukraine setzt US-Waffen ein. Für Millionen Menschen sind Tod und Zerstörung Alltag. Immerhin darf die Ukraine nun stärkere Waffen einsetzen.

  • Die Ukraine trauert um die vielen Tausend Opfer des Krieges. - Foto: Andreas Stroh/ZUMA Press Wire/dpa

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  • Mehrere Menschen wurden bei dem Drohnentreffer auf ein Haus in Hluchiw getötet. - Foto: Ukrainian Emergency Service/Ukrainian Emergency Service/AP

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  • Präsident Selenskyj versucht die Widerstandsfähigkeit seines Landes zu stärken. - Foto: Uncredited/Press Service Of The President Of Ukraine/AP

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  • Die Ukraine hätte gern den deutschen Marschflugkörper Taurus. (Archivbild) - Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

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Die Ukraine trauert um die vielen Tausend Opfer des Krieges. - Foto: Andreas Stroh/ZUMA Press Wire/dpaMehrere Menschen wurden bei dem Drohnentreffer auf ein Haus in Hluchiw getötet. - Foto: Ukrainian Emergency Service/Ukrainian Emergency Service/APPräsident Selenskyj versucht die Widerstandsfähigkeit seines Landes zu stärken. - Foto: Uncredited/Press Service Of The President Of Ukraine/APDie Ukraine hätte gern den deutschen Marschflugkörper Taurus. (Archivbild) - Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Kiew/Moskau - Nach 1.000 Tagen des russischen Angriffskriegs hat die Ukraine erstmals mit weittragenden US-Waffen auf das Gebiet Russlands geschossen. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, auf das Grenzgebiet Brjansk seien sechs ATACMS-Raketen aus US-Produktion abgefeuert worden. Der Generalstab in Kiew bestätigte einen nächtlichen Angriff auf ein russisches Munitionsdepot bei der Stadt Karatschew.

Für die Menschen in der Ukraine bedeutete die traurige Wegmarke von 1.000 Tagen weiteres Kriegsleid. In der Kleinstadt Hluchiw im Nordosten des Landes traf eine russische Kampfdrohne ein mehrstöckiges Wohnhaus und tötete mindestens zwölf Menschen. Unter den Trümmern wurden nach Behördenangaben weitere Opfer vermutet. Präsident Wolodymyr Selenskyj stellte im Parlament in Kiew einen Plan vor, wie sein Land dem russischen Druck besser standhalten kann.

Der russische Staatschef Wladimir Putin setzte 1.000 Tage nach seinem Angriffsbefehl eine neue Nukleardoktrin in Kraft. In dem tiefen Konflikt mit dem Westen listete er mehrere neue Bedrohungsszenarien auf, in denen Russland zu Atomwaffen greifen könnte. Sie sollen westliche Länder von einer Unterstützung der Ukraine abhalten.

ATACMS-Schlag gegen russisches Munitionsdepot

Die USA haben der Ukraine nach Medienberichten erst kürzlich gestattet, die ATACMS-Raketen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite auch gegen Ziele in Russland einzusetzen. Dies gilt als Antwort auf den vermuteten Einsatz nordkoreanischer Soldaten aufseiten Moskaus. Russland wiederum betrachtet die US-Waffen als eine Eskalation und eine Verwickelung der USA und anderer westlicher Staaten in den Krieg. 

Von sechs Raketen habe die russische Flugabwehr fünf abgefangen, teilte das Moskauer Verteidigungsministerium mit. Trümmer der beschädigten sechsten Rakete seien auf ein Militärgelände im Gebiet Brjansk gefallen. «Es gibt keine Opfer oder Zerstörungen», hieß es. 

Dagegen teilte der Generalstab in Kiew mit, in dem Depot seien zwölf Folgeexplosionen beobachtet worden. Gemeint ist die Detonation von dort gelagerter Munition nach einem Einschlag. 

Scholz und Pistorius bleiben beim Nein zum Taurus

Mit der Freigabe der ATACMS durch die USA flammte die Diskussion wieder auf, ob Deutschland nicht den Marschflugkörper Taurus mit bis zu 500 Kilometer Reichweite liefern sollte. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt dies aber ab, und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) stellte sich in dieser Frage hinter den Kanzler. «An der Position der Bundesregierung insgesamt hat sich nichts geändert», sagte er in Brüssel. Es sei legitim, dass die USA ihre Linie zur Nutzung weitreichender Waffen geändert hätten. «Wir reden bei Taurus über ein System, was sich immer noch deutlich unterscheidet von allen anderen, die in der Ukraine zum Einsatz kommen.»

Neue russische Atomdoktrin gegen Ukraine und Nato

Neu an der russischen Atomdoktrin ist, dass Moskau die Aggression eines nichtnuklearen Staates, der aber von Atommächten unterstützt wird, als deren gemeinsamen Angriff auf Russland wertet. Dies richtet sich dagegen, dass die Ukraine von den Atommächten USA, Großbritannien und Frankreich militärisch unterstützt wird. Die atomare Abschreckung gilt demnach auch für den Fall, dass sich potenziell feindliche Militärbündnisse bilden, erweitern oder mit ihrer Infrastruktur an Russland heranrücken. Dies richtet sich gegen das Bestreben der Ukraine, in die Nato aufgenommen zu werden. 

Die neue Doktrin löst die Fassung von 2020 ab und wurde auf der Webseite des Kremls veröffentlicht. Putin hat in den zweieinhalb Jahren Krieg mehrmals Drohungen zum Einsatz von Atomwaffen ausgestoßen. Auch die seit Monaten angekündigte Verschärfung der Atomdoktrin lässt sich als Drohgebärde verstehen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zeigte sich unbeeindruckt von der geänderten Atomwaffendoktrin. Putin spiele mit der Angst, dies sei seit Beginn des Ukrainekriegs immer wieder deutlich geworden, sagte die Grünen-Politikerin in Warschau. «Wir lassen uns nicht einschüchtern, egal, was immer wieder Neues herumposaunt wird.»

Selenskyj: Ukraine setzt auf eigene Rüstung

In Kiew stellte Präsident Selenskyj einen Plan vor, um die Widerstandsfähigkeit des Landes zu erhöhen. «Selbst ohne Atomwaffen können wir konventionelle Instrumente der Eindämmung (Russlands) finden», sagte der Staatschef vor Abgeordneten und der versammelten Landesführung. Dafür werde in die eigene Rüstungsindustrie investiert.

Selenskyj erteilte Gebietsabtretungen an Russland erneut eine Absage. «Wir verzichten nicht auf die Rechte der Ukraine auf ihr Territorium», sagte er. Gleichzeitig ließ er aber Raum dafür, dass ukrainische Gebiete zeitweilig nicht unter der Kontrolle Kiews stehen könnten. 

In dem 1.000 Tage alten Krieg, gezählt seit dem 24. Februar 2022, sind auf beiden Seiten Zehntausende Soldaten umgekommen. Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die ukrainische Armee ist unter Druck. Die westlichen Unterstützer sind sich in ihrer Strategie uneins, auch wenn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf X schrieb: «Europa steht an der Seite der Ukraine. Jeden Tag des Krieges.» Unklar ist, wie der künftige US-Präsident Donald Trump mit dem Konflikt umgehen wird.

@ dpa.de