Direkt nach ihrem Besuch in der Ukraine besucht Außenministerin Baerbock Texas.
12.09.2023 - 21:46:43Baerbock in Texas: Konservative und autonomes Fahren. In dem Südstaat und später in der Hauptstadt Washington will sie ein Gespür für die Stimmung im Land bekommen.
Außenministerin Annalena Baerbock will angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der Herausforderungen durch China die Zusammenarbeit mit den USA stärken. «Welchen großen Stellenwert die transatlantische Partnerschaft hat, haben uns insbesondere die letzten gut eineinhalb Jahre vor Augen geführt», erklärte die Grünen-Politikerin bei einer längeren Reise in die USA. Während Europa in den Abgrund des Krieges in der Ukraine geschaut habe, sei auf eines jederzeit Verlass gewesen: «Die USA und Europa stehen Seite an Seite mit den Menschen in der Ukraine.»
Baerbock traf am Nachmittag (Ortszeit) in der texanischen Hauptstadt Austin zu einem mehrtägigen USA-Besuch ein. Vor dem Hintergrund der US-Präsidentschaftswahl im November 2024 will sie sich über die politische Stimmung im Land informieren. Später ist ein Gespräch mit dem Gouverneur von Texas geplant, dem konservativen Republikaner Greg Abbott.
Die Außenministerin und ein Teil ihrer Delegation ließen sich von einem Terminal des Flughafens mit selbstfahrenden Fahrzeugen eines US-Unternehmens zu einem Termin mit örtlichen Journalisten bringen. Die Firma macht für Volkswagen Testfahrten mit solchen Autos.
VW-Projekt für autonomes Fahren
Die US-Tochter von Volkswagen hat ihr erstes Projekt zum autonomem Fahren im Juli in Austin gestartet. Aktuell sind zehn vollelektrische Fahrzeuge im Einsatz. Das Pilotprogramm ist noch im Anfangsstadium. Parallel dazu hat VW ein entsprechendes Projekt in München gestartet.
Die Technikplattform, mit der die Fahrzeuge gesteuert werden, wurde in Kooperation mit dem israelischen Unternehmen Mobileye entwickelt. Das Projekt soll in den kommenden drei Jahren ausgerollt und auf weitere Städte in den USA ausgeweitet werden. In der Testphase fahren in allen Fahrzeugen Fahrer mit, die im Notfall eingreifen können.
Baerbock: Mit transatlantischen Partnern Kräfte bündeln
Vor ihrem Abflug hatte Baerbock mit Blick auf die USA erklärt, sie wolle, dass man sich als Freunde und Partner «auch morgen und übermorgen aufeinander verlassen» könne, Kräfte bündele und Dinge gemeinsam bewege. Themen seien die Entwicklung und Regulierung kritischer Technologien, eine Verringerung riskanter wirtschaftlicher Abhängigkeiten bis hin zum Umgang mit der globalen Klimakrise.
Texas sei ein Gradmesser für das Amerika von morgen, sagte Baerbock. Als zweitbevölkerungsreichster Bundesstaat der USA sei er «ein wirtschaftliches Powerhouse». Mit Riesenschritten entwickele sich der Bundesstaat in Richtung Wind- und Sonnenenergie. Zugleich stehe er mit der intensiven Nutzung seiner Öl- und Gasvorkommen noch mit einem Fuß in der fossilen Vergangenheit. Auch gesellschaftlich seien die Fliehkräfte mit Händen zu greifen. «Mir geht es darum, besser zu verstehen, was die Menschen bewegt», erklärte die Außenministerin den Grund ihrer Reise.
Treffen mit Republikaner Abbott
Abbott amtiert seit 2015. Seine Politik unterscheidet sich radikal von der Linie Baerbocks. Texas mit seiner Grenze zu Mexiko hat eines der restriktivsten Einwanderungsgesetze eines US-Bundesstaats. Eine Gesetzesinitiative Abbotts erlaubt laut Auswärtigem Amt fast allen Frauen und Männern ab 21 Jahren das Tragen von Schusswaffen in der Öffentlichkeit ohne Lizenz. Der Gouverneur tritt zudem für restriktive Abtreibungsgesetze ein.
Der Bundesstaat im Süden der USA gilt als eine der Hochburgen der Republikaner. Texas ist nach Alaska der flächenmäßig zweitgrößte US-Bundesstaat und etwa doppelt so groß wie Deutschland. Mit gut 30 Millionen Einwohnern ist Texas der zweitbevölkerungsreichste Bundesstaat nach Kalifornien. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung hat einen hispanischen Migrationshintergrund. Wäre Texas ein eigener Staat, wäre dieser die neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Die politische Ausrichtung unterscheidet sich zwischen Stadt und Land. Bei der Präsidentschaftswahl 2020 wählten große städtische Gebiete eher demokratisch, ländliche Regionen republikanisch.