Nahost, Gazastreifen

Die Welt ist geschockt über die Gräueltaten der Hamas an israelischen Männern, Frauen und Kindern.

12.10.2023 - 18:27:16

Organisationen: Humanitäre Lage im Gazastreifen dramatisch. Auch die Bilder vom Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen sind schwer erträglich. Und das Schlimmste dürfte dort noch bevorstehen.

  • Palästinenser füllen Behälter mit Trinkwasser aus einem Wasserverteilungsfahrzeug auf. - Foto: Mohammed Talatene/dpa

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  • Israel reagiert nach dem Angriff der Hamas mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen. - Foto: Xinhua/dps

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Palästinenser füllen Behälter mit Trinkwasser aus einem Wasserverteilungsfahrzeug auf. - Foto: Mohammed Talatene/dpaIsrael reagiert nach dem Angriff der Hamas mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen. - Foto: Xinhua/dps

Die islamistische Hamas hat mit ihrem Terror-Angriff auf Israel eine Spirale der Gewalt in Gang gesetzt, die die Menschen im Gazastreifen in eine humanitäre Katastrophe stürzt. In dem dicht besiedelten Gebiet leben schätzungsweise 2,3 Millionen Menschen. Westliche Politiker wie US-Präsident Joe Biden und die Vereinten Nationen mahnten, Israel müsse in Ausübung seines Rechts auf Selbstverteidigung das humanitäre Völkerrecht wahren.

Die israelische Armee betonte, es würden ausschließlich die Hamas und ihre mit dem Terror verbundenen Ziele angegriffen. Hilfsorganisationen sprachen davon, dass der israelische Beschuss ihre Arbeit immer schwieriger mache und die Zivilbevölkerung in Wohngebieten gefährde.

Die Hamas habe unter dem Küstengebiet ein Netzwerk von Tunneln angelegt, erklärte Armeesprecher Jonathan Conricus. Das seien keine Bunker für die Zivilbevölkerung, die Tunnel dienten ausschließlich der Hamas und ihren terroristischen Zielen. «Das ist das, was wir angreifen», sagte der Armeesprecher. Es gäbe keine «Flächenbombardements».

Sollte es zu der erwarteten Bodenoffensive der israelischen Armee kommen, wird die Zivilbevölkerung noch stärker in Bedrängnis geraten. Bisher starben nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza mehr als 1400 Menschen, mehr als 6000 wurden verletzt.

Seit Jahren wird Israel immer wieder mit Raketen aus dem Küstenstreifen beschossen. Jede militärische Reaktion traf auch immer Zivilisten. Nun sieht sich das Land indes in einem Kampf gegen einen erbarmungslosen Gegner. Insgesamt 1200 Israelis, überwiegend Zivilisten, wurden vor allem am Samstag von Hamas-Terroristen umgebracht, etwa 3000 verletzt. Etwa 150 Menschen sind Geiseln der Hamas.

Netanjahu: Hamas ist wie die Terrormiliz IS und wird ebenso enden

«Hamas ist ISIS, und so wie ISIS zerstört wurde, wird auch Hamas zerstört werden», sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu im Hinblick auf die inzwischen weitgehend besiegte Terrormiliz IS in Syrien.

Armeesprecher Conricus hatte die Welt schon am Vortag auf großes Leid vorbereitet. Die Kämpfe würden in den kommenden Tagen noch intensiver werden. Die Bilder aus dem Gazastreifen würden dann noch «schwieriger zu verstehen und zu ertragen» sein, sagte er. Dies könnte weltweiten antiisraelischen Demonstrationen neuen Zulauf verschaffen.

Ägypten: Israel soll Angriffe auf Grenzübergang zu Gaza vermeiden

Ägypten rief Israel auf, keine Luftangriffe mehr auf seinen einzigen Grenzübergang zum Gazastreifen zu fliegen. Nur so könnten Reparaturarbeiten an der zurzeit geschlossenen Lebensader zum Gazastreifen ausgeführt werden, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums in Kairo.

Grund für die israelischen Angriffe bei Rafah dürften Tunnel unter der Grenze nach Ägypten sein. Es wird davon ausgegangen, dass durch sie auch Waffen geschmuggelt werden. US-Außenminister Antony Blinken, der am Donnerstag in Israel eintraf, betonte, auch die USA führten Gespräche über die Öffnung von Rafah.

Israel: Versorgung von Gaza erst nach Freilassung der Geiseln

Israels Energieminister Israel Katz machte die Wiederaufnahme der unterbrochenen Grundversorgung des Gazastreifens von der Freilassung der israelischen Geiseln abhängig. «Kein Stromschalter wird umgelegt, kein Wasserhahn geöffnet und kein Treibstofflaster fährt rein, bis die israelischen Geiseln nach Hause zurückgekehrt sind», schrieb Katz auf der Plattform X (vormals Twitter). Die Armee verwies darauf, dass die Hamas die Übergänge in das Küstengebiet selbst zerstört habe.

Arabische Liga fordert Stopp der israelischen Gegenschläge

Angesichts der Eskalation der Gewalt zwischen Israel und der Hamas haben Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga einen sofortigen Stopp der israelischen Gegenangriffe gefordert. Die Außenminister der 22 Mitgliedsländer warnten bei einem Dringlichkeitstreffen in Kairo vor «katastrophalen» humanitären und sicherheitsrelevanten Folgen durch eine Verschärfung des Konflikts.

Mutter im Gazastreifen: «Komme jeden Moment dem Tod näher»

Die Menschen in dem Küstengebiet haben keinen Strom, kein Wasser, keine Lebensmittel mehr: Augenzeugen im Gazastreifen berichten nach den Luftanschlägen der israelischen Armee von verzweifelten Szenen. Autofahren sei mittlerweile nicht mehr vorstellbar, sagt Tahani Dschaber. Sie sei deshalb zu Fuß unterwegs. Sie müsse Medikamente für ihren Säugling besorgen, der schon den zweiten Tag in Folge an hohem Fieber leide, sagt sie. «Ich habe das Gefühl, dass ich jeden Moment dem Tod näherkomme, aber das Leben der Kinder ist wichtiger.»

Mohammed Baroud aus dem Stadtteil Al-Nasr berichtet nach den Luftangriffen von ganzen Straßenzügen, die in Schutt und Asche gelegt sind. Jeder, der rausgehe, könne «jeden Moment bombardiert werden und sterben», sagt Baroud. «Wir können uns nicht bewegen oder wichtige Dinge für unsere Kinder kaufen.» Nach einem Angriff komme gleich der nächste. «Was hier passiert, ist verrückt.»

Das UN-Nothilfebüro (OCHA) berichtete, bisher seien fast 340.000 Menschen aus ihren Wohnungen geflüchtet. Wirklich sichere Orte gebe es aber nirgendwo in dem kleinen nur 40 Kilometer langen und zwischen sechs und zwölf Kilometer breiten Territorium.

Lufthansa fliegt Deutsche aus

Die Lufthansa begann am Donnerstag, Deutsche aus Israel heimzufliegen. Ein erster Sonderflug startete in Tel Aviv mit Ziel Frankfurt, wie es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß. An Bord seien 372 deutsche Staatsangehörige. Weitere Flüge im Auftrag des deutschen Außenministeriums sollten folgen. Auch Länder wie Frankreich, Großbritannien und Litauen wollten ihre Bürger ausfliegen.

Scholz dringt bei Emir von Katar auf Freilassung der Hamas-Geiseln

Bundeskanzler Olaf Scholz forderteb im Gespräch mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, eine schnellstmögliche Freilassung der Geiseln der islamistischen Hamas. Der Kanzler habe unterstrichen, «dass die Hamas die volle Verantwortung für das Wohlergehen der Geiseln habe», teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach dem Gespräch der beiden mit.

Der reiche Golfstaat Katar zählt zu den wichtigsten Unterstützern der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas. Das Außenministerium in Doha hat Israel allein für das von der Hamas angerichtete Massaker mit Hunderten Toten verantwortlich gemacht und auf die «ständigen Verletzungen der Rechte des palästinensischen Volkes» verwiesen.

Nach Angaben der Hamas versucht Katar auch zu vermitteln, um einen Austausch israelischer Geiseln und palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen zu erreichen. Die Hamas hat etwa 150 Menschen in den Gazastreifen verschleppt, darunter mindestens fünf Deutsche.

Pistorius: Israel bittet Deutschland um Munition für Kriegsschiffe

Israel hat Deutschland um Munition für Kriegsschiffe gebeten. Das sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Zudem sollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch Blutkonserven und Schutzwesten angefragt worden seien. Schon zuvor hatte das Verteidigungsministerium bestätigt, dass Deutschland Israel bis zu zwei von der Bundeswehr geleaste Kampfdrohnen vom Typ Heron TP zur Verfügung stellen wird. Sie sind zurzeit in Israel, wo deutsche Soldaten an ihnen ausgebildet werden.

@ dpa.de