Die von Finanzminister Olaf Scholz geplante Einführung einer Transaktionssteuer wird vom wissenschaftlichen Beirat des Ministeriums abgelehnt.
29.01.2020 - 16:38:34Wissenschaftlicher Beirat des Finanzministeriums kritisiert Pläne zur Transaktionssteuer
In einem internen Gutachten, kritisiert der wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums das finanzpolitische Instrument einer Besteuerung von Aktiengeschäften. Das Gutachten, das dem „Handelsblatt“ vorliegt und in seiner Donnerstagausgabe in Ausschnitten veröffentlicht wird, betrachtet eine Besteuerung von Gewinnen aus Aktiengeschäften als ökonomisch schädlich. Bundesfinanzminister Scholz plant derzeit eine Abgabe von 0,2 Prozent auf Aktiengeschäfte. Der auf den ersten Blick geringe Steuersatz von 0,2 Prozent, würde zu ernsthaften Konsequenzen führen, warnen die Wissenschaftler. Um der Besteuerung zu entgehen, würden einschneidende Ausweichreaktionen der Akteure stattfinden. Die Ökonomen warnen vor einer Einschränkung des Aktienhandels, bzw. der Verlagerung auf sogenannte Steueroasen.
Als Gegenbeispiel führen die Mitglieder des Beirats das EU-Mitglied Frankreich an. Nach der Einführung einer Besteuerung von Aktiengeschäften sei dort das Volumen des Aktienhandles um 10 Prozent eingebrochen. Dies hatte eine erhebliche Steuermindereinnahme für den französischen Staat zur Folge. Die mit der Einführung der Transaktionssteuer verfolgten steuerpolitischen Ziele, würden nicht erfüllt werden, so die externen Experten des Finanzministeriums. Im Gegenteil könnte eine derartige Steuer zu einer Instabilität des Aktienmarktes führen. Die Experten entwerfen im Gutachten dann ein Szenario, in dem der Staat die ausbleibenden Steuereinnahmen mit einer Erhöhung der Transaktionssteuer auszugleichen versuchen. Die Folge, so der Beirat, wäre ein koordiniertes Abwandern des Aktienhandels an Börsen ohne Besteuerung. Das Ergebnis sei eine plötzliche und erhebliche Liquiditätskrise an den europäischen Börsen.
Im Gutachten, das dem „Handelsblatt“ vorliegt, hegen die Wissenschaftler zudem auch Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Transaktionssteuer. Es gibt keine Vereinbarungen im europäischen Rahmen, die der Bundesregierung eine Durchsetzung der Steuer auch im Ausland erlauben würden. Deshalb würden viele Investoren ihre Aktiengeschäfte an ausländische Börsen auslagern, um der Besteuerung zu entgehen. Daher kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass damit ein „Vollzugsdefizit“ vorläge, dass zu einer Verfassungswidrigkeit der Steuer führen würde.